Chinas Bauträger-Krise spitzt sich zu
Chinas Bauträger-Problematik spitzt sich zu
Country Garden steht vor der Umschuldung – Immobilienaktien sinken immer tiefer – Ansteckungsrisiken befürchtet
nh Schanghai
An Chinas Finanzmärkten schwinden die Hoffnungen, dass die Pekinger Regierung den Wohnimmobilienmarkt stabilisieren und auf gravierende Finanzierungsprobleme führender Bauträger einwirken kann. Im Fokus steht der Immobilienentwickler Country Garden Holdings, dessen prekäre Liquiditätssituation Zahlungsausfälle auf seine Anleiheschulden nach sich ziehen dürfte. Dies lässt einen neuen Umschuldungs- und Sanierungsfall mit weitreichenden Konsequenzen für die Branche befürchten.
Bonds gehen aus dem Handel
Am Montag ließ Country Garden den Handel von 11 Yuan-denominierten Anleihen im chinesischen Onshore-Markt aussetzen und sorgte damit für gewaltige Aufregung. Die Maßnahme deutet daraufhin, dass die Gesellschaft nicht in der Lage sein wird, den in den kommenden Wochen fällig werdenden Zins- und Tilgungszahlungen nachzukommen, und nun damit beginnen wird, Umschuldungslösungen mit Bondgläubigern zu suchen.
In der vergangenen Woche hatte Country Garden ihrerseits erstmals Dollar-Anleihen nicht korrekt bedient und Kuponzahlungen für zwei Bonds über insgesamt 23 Mill. Dollar versäumt. Hier läuft allerdings noch eine Gnadenfrist von 30 Tagen, bevor ein förmlicher Zahlungsausfall (Default) konstatiert wird.
Im weiteren Tagesverlauf kamen Nachrichten auf, dass Country Garden in Verhandlungen mit Anlegern getreten ist, um auf Tilgungsstreckung einer am 2. September fälligen Anleihe über 537 Mill. Yuan (rd. 67 Mill. Euro) hinzuarbeiten. Die in den letzten Wochen bereits auf rasante Talfahrt gegangene Country-Garden-Aktie fiel in Reaktion auf die Nachrichten am Montag um weitere 18% auf ein Rekordtief bei 0,8 HK-Dollar. Am Freitag war die Aktie erstmals unter die Marke von 1 HK-Dollar gerutscht und damit zum Penny Stock verkommen. Nach einer Hoffnungsrally zur Juli-Mitte fallen chinesische Immobilienaktien jetzt wieder auf breiter Basis zurück. Ein Index für in Hongkong notierte Sektorwerte rutschte am Montag um weitere 4,5% ab.
Parallele zu Evergrande
Die jüngsten Entwicklungen lassen vermuten, dass Country Garden nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen gegenüber Bondgläubigern nachzukommen, und damit wie die bereits insolvente China Evergrande Group auf ein kompliziertes Schuldenrestrukturierungsverfahren mit ungewissem Ausgang und schweren Beeinträchtigungen für das laufende Geschäft zusteuert. Dies könnte wie nach dem Evergrande-Default erhebliche Störungen im Immobilienmarkt nach sich ziehen, zumal Country Garden im Vergleich noch wesentlich mehr unfertige Wohnimmobilienprojekte zu verantworten hat.
Country Garden hatte kürzlich die Anleger gewarnt, dass für die erste Geschäftsjahreshälfte 2023 mit einem Verlust in Höhe von bis zu 55 Mrd. Yuan, also etwa 7 Mrd. Euro, gerechnet werden muss. Im Zeitraum Januar bis Juni schrumpften die Erlöse der Gesellschaft um weitere 35% auf 141 Mrd. Yuan. Dies passt zum allgemeinen Trend. Im Juli sind die Erlöse aus Neuwohnungsverkäufen der hundert größten chinesischen Immobilienentwickler gegenüber dem Vorjahrsmonat um ein Drittel zurückgegangen. Analysten betonen, dass die Liquiditätskrise der Bauträger chinesische Wohnungskäufer in spe immer mehr Zurückhaltung üben lässt, was eine weitere Entschleunigung am Wohnimmobilienmarkt bedingt.