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Chinas Telekomriesen unter Konsolidierungsverdacht

Von Norbert Hellmann, Schanghai Börsen-Zeitung, 11.11.2015 Chinas durch und durch staatlich überformter Telekomsektor zeichnet sich zwar nicht durch sonderliche Beweglichkeit aus, hat in letzter Zeit aber einige Bewegung ins heimische...

Chinas Telekomriesen unter Konsolidierungsverdacht

Von Norbert Hellmann, SchanghaiChinas durch und durch staatlich überformter Telekomsektor zeichnet sich zwar nicht durch sonderliche Beweglichkeit aus, hat in letzter Zeit aber einige Bewegung ins heimische Börsengeschehen gebracht. Im Zuge der sich bislang nur vage abzeichnenden Reformpläne für Chinas Staatsunternehmenssektor kommen Gerüchte auf, die den Telekomsektor beziehungsweise das Trio China Unicom, China Telecom und China Mobile in den Fokus des Anlegerinteressens geraten lassen.Insbesondere bei China Unicom standen zuletzt zwar die Ergebnisse unter Druck, doch ist der Kurs an der Börse Schanghai hochgejagt, weil die Anleger darauf spekulieren, dass die Reformpläne der Regierung eine Verbindung von China Unicom als Nummer 2 im heimischen Mobilfunkgeschäft mit der Nummer 3 China Telecom – die den dominierenden Festnetzanbieter abgibt – hervorbringen könnten.Der jüngste Auslöser waren eher harmlose Sentenzen eines Sprechers des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT), das die Telekombranche reguliert. Mit dem Verweis darauf, dass im kommenden Fünfjahresplan auch der Telekomsektor von vertieften Marktreformen berührt sein werde, wurden Gerüchte losgetreten, dass die Regierung eine Konsolidierungsrunde mit einem Zusammenschluss von Telekom-Carriern plane. Dabei wird auf die Kombination von China Unicom und China Telecom getippt, um sozusagen ein Gegengewicht zum dominierenden Anbieter China Mobile zu schaffen. Bei MIIT wird zwar dementiert, dass solche Pläne in der Schublade liegen, aber im Markt bleibt die Fantasie erhalten. Zugbauer als Beispiel?Bei Chinas Anlegern setzt man darauf, dass in zahlreichen staatlich geprägten Unternehmenssektoren künftig große Fusionsrunden anstehen, um dem Aufbau von nationalen Champions, die dann auch ein globales Gewicht aufweisen würden, Vorschub zu leisten. Bislang gibt es nur ein konkretes, allerdings auch sehr gewichtiges Beispiel für einen solchen Fusionsschritt. Im Frühjahr wurde die staatlich erzwungene Zusammenlegung der recht ähnlich aufgestellten chinesischen Hochgeschwindigkeitszugbauer CNR und CSR durchgezogen. Die neue Gesellschaft firmiert nun als China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) und gibt den weltgrößten Schienenfahrzeughersteller ab.Diese Fusion dürfte allerdings vor dem Hintergrund von Globalisierungsbestrebungen in hochtechnologischen Bereichen und dem Wunsch nach einem geschlossenen Auftreten im Ausland forciert worden sein. Dem Handelsministerium und der Verwaltungsbehörde für Staatsbeteiligungen war es nämlich ein Dorn im Auge, dass sich zwei staatliche chinesische Adressen bei der Bewerbung um ausländische Projekte gegenseitig Konkurrenz machten und so die Preise unter Druck setzen.Umgekehrt achtet die Regierung auch darauf, dass Staatsunternehmen bei Übernahmeofferten im Ausland nicht als rivalisierende Bieter auftreten und die Preise in die Höhe treiben. Gegenwärtig etwa sondiert Peking, welcher von insgesamt drei staatlichen Interessenten an einer möglichen Übernahme der US-Hotelkette Starwood für geschätzte 12 Mrd. Dollar den Zuschlag erhält, eine Offerte zu lancieren. Von wegen ChampionsErwägungen in Sachen “Globale Champions” haben allerdings wenig mit den drei staatlichen Telekomfirmen zu tun. Diese sind in einem geschützten Markt als eher schwerfällige Oligopolisten unterwegs, die zwar keinerlei ausländische Konkurrenz zu fürchten brauchen, aber auch nicht für die Eroberung der Weltmärkte und ausländische Großakquisitionen in Frage kommen.So bleibt die Frage im Raum stehen, was sich hinter Absichtserklärungen des MIIT zu vertieften Reformen im chinesischen Telekomsektor verbergen könnte. Branchenexperten gehen davon aus, dass die von Peking ventilierten Konsolidierungspläne eher darauf hinauslaufen, die drei staatlichen Telekomfirmen bei ihren Kapitalinvestitionen zu entlasten und auf eine künftige Konsolidierung in der Netzwerkinfrastruktur hinzuarbeiten. Aber es gibt auch Ansätze im Rahmen einer chinesischen Preisliberalisierungsoffensive, die auch Gegenstand des kommenden Fünfjahresplans sein werden. Dabei will der Regulator unter anderem stärkeren Wettbewerb unter den Telekomfirmen und eine kundenfreundlichere Gestaltung etwa von Roaming- und Datennutzungsgebühren durchsetzen. Gleichzeitig hat es auch erste Ansätze gegeben, virtuelle Netzwerkanbieter zuzulassen, die Kapazität bei den großen Netzwerbetreibern mieten, um sie mit eigenem Branding und Preiskonditionen für Mobilfunkangebote zu versehen.Als vielversprechend gelten jedoch auch Ansätze, für mehr Effizienz beim Infrastrukturbetrieb zu sorgen und dabei möglicherweise auch externe Investoren und privates Kapital mit Minderheitsbeteiligungen an Bord zu holen. Hier hat die gelungene Teilveräußerung des Tankstellen- und Retail-Netzes des staatlichen chinesischen Ölriesen Sinopec einen wichtigen Präzedenzfall geschaffen.