Chinesen wollen Aixtron kaufen

Bewertung von 670 Mill. Euro - Staatsfonds finanziert Übernahme des Halbleiter-Maschinenbauers

Chinesen wollen Aixtron kaufen

Erst Kuka, jetzt Aixtron: Chinesische Investoren greifen nach dem nächsten deutschen Maschinenbauer. Fujian Grand Chip Investment will den kriselnden Halbleiterausrüster kaufen und bietet 6 Euro je Aktie. Daraus ergibt sich ein Unternehmenswert von 670 Mill. Euro.wb Frankfurt – Ende März hatte sich der seit Jahren defizitäre Hightech-Maschinenbauer Aixtron, beraten von J.P. Morgan, selbst ins Schaufenster gestellt. Jetzt ist ein Käufer für den Zulieferer der Halbleiterindustrie in der Volksrepublik China gefunden, nachdem aus dem Reich der Mitte gerade erst ein öffentliches Angebot für den Roboterhersteller Kuka angekündigt wurde.Fujian Grand Chip Investment Fund (FGC) bemisst das Unternehmen aus Herzogenrath bei Aachen mit 670 Mill. Euro inklusive Schulden. Der Kurs – die Aktie hat seit 2011 kräftig verloren – zog gestern um 16 % auf 5,56 Euro an, nachdem der Titel schon am Freitag gut ein Zehntel zugelegt hatte (vgl. BZ vom 21. Mai). Das Angebot von 6 Euro bedeute eine Prämie auf die gewichtete Notiz der vergangenen drei Monate von 51 %. Finanziert wird maßgeblich über die staatliche Sino IC.Wirksam wird die Offerte, wenn mindestens 60 % der Aktionäre tendern. Der einstige Börsenstar hat keinen Ankeraktionär, aber einen hohen Anteil von Privatanlegern im Streubesitz (etwa 35 %). Die Chinesen beabsichtigten, die Strategie zu unterstützen, heißt es. Die Übernahme soll angeblich nicht auf Kostensenkungen oder Stellenabbau sowie Technologietransfer abzielen.Details zum Bieter beziehungsweise den Bietern sowie zur Finanzierungsstruktur werden nebulös gehalten. FGC sei ein Fonds, der von dem privaten Investor Zhendong Liu geleitet und mit 51 % kontrolliert werde. 49 % halte die staatliche, regionale Xiamen Bohao Investment, ein Fonds, der indirekt durch die Privatinvestoren Zhongyao Wang und Wanming Huang kontrolliert werde. FGC stelle 231 Mill. Euro für die Transaktion, den größeren Teil soll die staatliche Sino IC beisteuern. Als Resultat der Finanzierungsstruktur steht die – unübliche – Mindestannahmeschwelle von 60 %. Ein “Push-down” der Schulden, also das Aufbürden der Übernahmefinanzierung auf die Zielgesellschaft wie in Private Equity üblich, soll es nicht geben.Peking hat der Volksrepublik verordnet, im Rahmen des neuen Fünfjahresplans rund 20 Mrd. Dollar in die Halbleiterindustrie zu stecken. Das Land steht für etwa die Hälfte des globalen Chipkonsums. Alles in allem macht die Feuerkraft des Staates allein für die Halbleiterbranche 120 Mrd. Dollar auf fünf Jahre aus.”Mit dem FGC haben wir einen Partner gefunden, der uns einen lokalen Marktzugang bietet und damit unsere Geschäftsziele in Asien unterstützt”, lässt sich Aufsichtsratschef Kim Schindelhauer zitieren und räumt damit ein, dass es Aixtron nicht gelungen ist, die Existenz zu sichern. Vorstand und Aufsichtsrat begrüßen das Angebot, sagte Vorstandschef Martin Goetzeler in einer Telefonkonferenz am Montag. Das Angebot komme zur “richtigen Zeit”. SanierungsfallAixtron, eine Ausgründung der Uni Aachen, war einst wie der Spezialmaschinenbauer Singulus ein Highflyer am Neuen Markt, ist aber dramatisch abgerutscht. Aixtron ist seit vier Jahren defizitär und der Auftragseingang war in der zweiten Hälfte 2015 außerordentlich schwach. So fehlte Investoren die Fantasie, was aus dem LED- und Halbleiterausrüster wird. Anfang 2011 notierte die Aktie noch bei 31 Euro, sie verlor seitdem bis 90 %.Im ersten Quartal 2016 rutschte das Unternehmen tiefer in die roten Zahlen ab. Vor Steuern und Zinsen waren es – 14,7 Mill. nach – 8,8 Mill. Euro im Vergleichszeitraum. Die Umsätze brachen auf 214 Mill. Euro um die Hälfte ein. Seit 2012 wurden auf Ebit-Ebene Verluste von 313 Mill. Euro eingefahren. Der Umsatz sackte von 784 Mill. Euro 2011 auf 198 Mill. Euro 2015 ein.Aixtron macht seit Jahren der Preisdruck vornehmlich asiatischer Rivalen zu schaffen. Zuletzt hatte ein Großkunde aus der Volksrepublik eine Bestellung reduziert. Aixtron holt 60 % des Umsatzes aus Asien, die USA stehen für 22 % und Europa für 18 %. Zur Vergleichsgruppe zählen Veeco, Cree, Epistar, LG Innotek, ASML und Taiyo Nippon Sanso.Der Bieter versucht, die Angst vor Personalabbau und Technologietransfer zu nehmen. “Nachhaltiges Wachstum wird zu einem Ausbau der Belegschaft bei Aixtron führen”, lässt sich Zhengdong Liu zitieren. Der Sitz solle in Herzogenrath bei Aachen bleiben. Auch der Vorstand bleibe im Fall der Übernahme im Amt. Ob es ein Delisting gibt, lasse sich noch nicht sagen. “Aixtron wird ihr Technologie- und IP-Portfolio weiter stärken und erhalten, auch in Deutschland”, sagte CEO Goetzeler. “Grundsätzlich” erhaltenF & E sowie die existierenden Technologien verblieben in den Aixtron-Zentren, wird versichert. Prozesse und weitere Standorte sollen “grundsätzlich” erhalten bleiben. Spezielle Vereinbarungen zur Sicherstellung des Know-how – wie in M & A-Deals in den USA üblich – werden nicht offengelegt. Wird das Gebot nicht vollzogen, muss FGC unter bestimmten Bedingungen 25 Mill. Euro an Aixtron zahlen; sollte Aixtron eine abdere Offerte einholen, wären 10 Mill. Euro an die Chinesen zu zahlen.J.P. Morgan und rechtlich White & Case stehen Aixtron zur Seite. Buttonwood Finance und Deutsche Bank sind für Fujian Grand Chip tätig, die rechtlich auf Paul Hastings und Glade Michel Wirtz setzt.—– Wertberichtigt Seite 6