Börsengang

Cinven testet mit Synlab den IPO-Markt

Der Börsengang von Europas größter Laborkette Synlab wird kein Selbstläufer. Der Flop des Deliveroo-IPO in London drückt auf die Investorenstimmung. Doch Synlab profitiert stark vom Geschäft mit Coronatests, das ein Viertel zum Umsatz beiträgt.

Cinven testet mit Synlab den IPO-Markt

cru Frankfurt

Der Finanzinvestor Cinven testet den nach dem Londoner Deliveroo-Desaster schwieriger gewordenen IPO-Markt mit dem Börsengang eines seiner Portfoliounternehmen in Frankfurt: Europas größte Laborkette Synlab will bei ihrem Börsengang allein mit neuen Aktien 400 Mill. Euro für das Unternehmen einnehmen. Hinzu kommt ein noch nicht bezifferter Betrag aus dem Verkauf bestehender Aktien aus den Beständen des Mehrheitseigentümers Cinven und der Minderheitseigner – des kanadischen Lehrer-Pensionsfonds OTPP und des nordischen Fonds Novo Holding.

Die Erstnotiz sei für das zweite Quartal geplant, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Synlab-Chef Mathieu Floreani, der das Unternehmen aus München seit drei Jahren führt, kündigte an, Synlab werde sowohl organisch um jährlich 3% als auch durch Zukäufe im fragmentierten europäischen Markt wachsen. Die Diagnostik werde im Gesundheitswesen weiter an Bedeutung gewinnen.

Allerdings gibt es auch Fragezeichen aus Investorensicht. Denn Synlab ist stark durch Covid-Tests gewachsen – sie machen mit 620 Mill. Euro Umsatz knapp ein Viertel der Erlöse aus –, aber diese Tests könnten durch die Impfungen mittelfristig überflüssig werden. Dazu erklärte Floreani, es werde auch bei geimpften Personen notwendig sein, zu überprüfen, ob die Impfung wirkt.

Schuldenabbau geplant

Mit dem Nettoerlös aus dem Börsengang will Synlab Schulden zurückzahlen. Dadurch solle der Verschuldungsgrad gesenkt werden und mittelfristig unter das Dreifache des bereinigten Betriebsgewinns (Ebitda) sinken. Ende 2020 hatte er noch bei dem 3,3-Fachen des Betriebsgewinns gelegen, Ende 2019 doppelt so hoch. Wie viele Aktien insgesamt auf den Markt gebracht werden, ließ Synlab offen.

In Kreisen der mit dem Börsengang betrauten Investmentbanker von Goldman Sachs und J.P. Morgan wurde im Februar von einer Gesamtbewertung von bis zu 6 Mrd. Euro gesprochen – doppelt so viel wie der Umsatz des Jahres 2021. Doch inzwischen haben das gefloppte IPO des Lieferdiensts Deliveroo in London und die steigenden Anleiherenditen die relative Attraktivität neuer Aktien als Investment geschmälert. Ein Ankerinvestor für die neuen Aktien ist noch nicht bekannt.

Als Dividende sollen ab 2022 rund 20 bis 30% des bereinigten Gewinns ausgeschüttet werden. Für 2021 sagt das Unternehmen mit 20000 Beschäftigten ein Umsatzplus von 17% auf mehr als 3 Mrd. Euro voraus – um die Hälfte mehr als noch 2019. Von den 2,6 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2020 waren 679 Mill. Euro bereinigter operativer Gewinn (Ebitda). Damit ist die Ebitda-Marge 2020 von 21 auf 26% gestiegen. Auf mittlere Sicht sei ein jährliches Plus von 10% angestrebt. Ein Drittel davon soll aus dem organischen Wachstum kommen, der Rest aus Zukäufen. Dafür will die Laborkette jährlich im Schnitt 200 Mill. Euro ausgeben. Den adressierbaren Markt schätzt Synlab auf 26 Mrd. Euro Umsatz im Jahr.

Cinven ist in Deutschland auch für ihre Beteiligungen an den Thyssenkrupp-Aufzügen, am Arzneimittelhersteller Stada und am Versicherer Veridium bekannt. Die Beteiligungsgesellschaft hatte Synlab 2015 für 1,7 Mrd. Euro von BC Partners erworben und mit dem französischen Rivalen Labco fusioniert.

5000 Tests im Angebot

Das Unternehmen mit Sitz in München wurde damit zum größten europäischen Laborbetreiber, mit 5000 verschiedenen Tests im Angebot und jährlich mehr als 500 Millionen Tests. Durchgeführt werden sie in 36 Ländern an 100 Millionen Patienten – womit Synlab auch der internationalste Anbieter ist.

Die Rekorde am deutschen Aktienmarkt locken derzeit eine Reihe von Firmen an die Börse. So schaffte die Vodafone-Funkturmtochter Vantage Towers im März mit einer Bewertung von mehr als 12 Mrd. Euro den größten­ Börsengang seit dem Jahr 2018. Der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 kam auf einen Börsenwert in Höhe von 8 Mrd. Euro, der inzwischen schon bei 10 Mrd. Euro liegt. Vor dem Sommer stehen zudem weitere Börsengänge an, darunter der Online-Neuwagenhändler MeinAuto, das Softwareunternehmen Suse oder die Internethändler About You (Kosmetik) sowie Mr. Spex (Brillen).