RECHT UND KAPITALMARKT

Compliance-Systeme schützen vor hohen Strafen

Geplantes Verbandssanktionengesetz stärkt Prävention

Compliance-Systeme schützen vor hohen Strafen

Von Alexander Cappel und Christina Hund*)Nach jahrelangen Debatten über das Für und Wider der Einführung eines Unternehmensstrafrechts hat das Bundesjustizministerium nun den “Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität” vorgelegt. Ein Kernbestandteil ist die gesetzliche Verankerung der strafmildernden Wirkung interner Compliance-Systeme. Die gilt aber aufgrund einschlägiger Urteile schon jetzt – die Gesetzesinitiative ist also ein wichtiger Grund mehr, entsprechende Systeme einzuführen oder zu optimieren.Bereits auf Grundlage des derzeit geltenden Rechts können gegen Unternehmen im Falle von Compliance-Verstößen nach den Regelungen des Ordnungswidrigkeitengesetzes Geldbußen von bis zu 10 Mill. Euro verhängt werden. Diese Höchstsumme kann allerdings weit überschritten werden, wenn die Abschöpfung des Tatertrages aus Sicht des Gerichts notwendig erscheint.Der Entwurf des Verbandssanktionengesetzes sieht die Möglichkeit zur Verhängung noch höherer Sanktionen vor, die künftig bei einer gewissen Unternehmensgröße bis zu 10 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen können. Vorgesehen sind allerdings auch Möglichkeiten, die Verhängung solcher Sanktionen im Ernstfall zu mindern oder sogar ganz zu verhindern. Kommt es zu einem Verfahren, erhalten Gerichte danach künftig die Möglichkeit, sich die Verhängung einer Sanktion vorzubehalten, wenn zu erwarten ist, dass der Verband Straftaten in Zukunft vermeiden kann. Das Gericht soll dem Unternehmen dann Weisung erteilen können, bestimmte Compliance-Maßnahmen zur Vermeidung von Verfehlungen zu treffen. Das Gericht kann somit auch im Falle einer nachträglichen Implementierung von Compliance-Maßnahmen von Sanktionen absehen. Dadurch wird diese Implementierung durch das neue Gesetz klar gefördert. Allerdings ist das nicht neu, denn auch nach bisheriger Rechtslage und Rechtsprechung wirkt sich ein vorhandenes oder nachträglich implementiertes Compliance-System positiv aus, wenn es zu Verstößen kommt. Bisher kaum Vorgaben So legte der Bundesgerichtshof fest, dass für die Bemessung einer Geldbuße einerseits bedeutsam ist, inwieweit das betroffene Unternehmen ein effizientes Compliance-System installiert hat. Andererseits ist aber auch von Bedeutung, ob und inwieweit bei einem der Tatentdeckung nachfolgenden Sanktionsverfahren entsprechende Systeme optimiert und interne Abläufe in einer Weise ausgestaltet wurden, dass Normverletzungen künftig erschwert werden. Vor dem Hintergrund sowohl des neuen Verbandssanktionengesetzes als auch der aktuellen Rechtslage und Rechtsprechung lohnt es sich daher für Unternehmen in jedem Fall, ein effektives Compliance-System einzuführen bzw. bestehende Systeme an die Rechtslage anzupassen.Die Schwierigkeit dabei ist, dass es für einen Großteil der auf dem Markt agierenden Unternehmen bisher kaum gesetzliche oder richterliche Vorgaben zu den notwendigen Elementen eines Compliance-Systems gibt. Anerkannt ist jedoch, dass sich ein funktionierendes Compliance-System der Ebenen “Prevention”, “Detection” und “Reaction” gleichermaßen bedient. Welche konkreten Maßnahmen hierbei jedoch sinnvoll und angemessen sind, hängt vom Einzelfall ab. Dabei sind insbesondere Größe, Organisationsform und konkretes Betätigungsfeld des Unternehmens, die generelle Anfälligkeit der Branche für etwaige Verstöße sowie das regulatorische Umfeld zu berücksichtigen. Auch wenn die einzelnen Maßnahmen daher nicht pauschal beschrieben werden können, so sind bestimmte Elemente in der Regel stets Bestandteil eines effektiven Compliance-Systems. Hierzu gehören insbesondere die sorgfältige Auswahl der Mitarbeiter und Aufsichtspersonen, die Schaffung einer angemessenen Organisation und Aufgabenverteilung, eine angemessene Aufklärung und Schulung der Mitarbeiter, ausreichende (häufig IT-unterstützte) Überwachungen und Kontrollen der Mitarbeiter sowie ein angemessenes Einschreiten im Falle von Compliance-Verfehlungen. Auch Systeme zum Schutz von Hinweisgebern gehören mittlerweile zum Compliance-Standard. Bürokratisch und lästig?Obwohl ein effektives Compliance-System daher bereits heute empfehlenswert und notwendig ist, werden Compliance-Maßnahmen in manchen Branchen immer noch als bürokratisch und lästig empfunden. Dabei wird häufig verkannt, dass Compliance kein Hindernis für ein erfolgreiches Geschäftsmodell darstellt. Ganz im Gegenteil: Ein gut durchdacht aufgesetztes System bietet einen echten Mehrwert, der im schlimmsten Fall Sanktionen verhindert und ganz nebenbei den Unternehmenswert signifikant steigern kann. Es bleibt daher zu hoffen, dass das neue Verbandssanktionengesetz einen Beitrag dazu leistet, die Rolle von Compliance als “Business Enabler” zukünftig noch klarer zu definieren. *) Alexander Cappel ist Partner, Christina Hund Associate von Norton Rose Fulbright in Frankfurt.