KRISE DER LUFTFAHRT

Condor erhält neue Finanzspritze

Tauziehen um Instrumente zur Lufthansa-Rettung - Norwegian plant Schuldentausch in Aktien

Condor erhält neue Finanzspritze

Die Rettung “systemrelevanter” Konzerne im Luftverkehr wie Lufthansa oder Air France-KLM, deren Geschäft durch die Coronakrise förmlich zusammengebrochen ist, ist politischer Konsens. Über Mittel und Wege wird noch gestritten. Bei Lufthansa geht es um einen Mix aus stiller Beteiligung und Fremdkapital.hei Frankfurt – In der von der Coronakrise schwer gebeutelten Luftfahrt laufen die Rettungsmanöver auf Hochtouren. Nach der gescheiterten Übernahme durch die polnische LOT-Mutter PGL genehmigt die EU-Kommission für den Ferienflieger Condor eine neue staatliche Finanzspritze, die den weiteren Flugbetrieb zunächst sichern soll. Die Airline bekomme aus dem Corona-Schutzschild-Programm ein Darlehen über 294 Mill. Euro. Insgesamt erhalte die Fluglinie “einen KfW-Kredit mit einem Gesamtvolumen von 550 Mill. Euro”, wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte.Die über Jahre profitable Condor war durch die Insolvenz der Mutter Thomas Cook im vergangenen Jahr in schwere Turbulenzen geraten und hatte bereits einen staatlichen Überbrückungskredit von 380 Mill. Euro erhalten. Er sollte ursprünglich bis Mitte April getilgt werden. Zwischenzeitlich hatte Condor in der PGL einen Investor gefunden, der den Ferienflieger mit der eigenen Airline LOT zusammenführen wollte. Jedoch machte die Coronakrise einen Strich durch die Rechnung. LOT benötigt nun selbst Staatshilfe und ist von dem Deal zurückgetreten. Nun wird das Darlehen aus dem Herbst, von dem 256 Mill. Euro ausstehen, refinanziert. Neben dem Bund springt auch das Land Hessen der Fluggesellschaft bei. Für das Land ist die Fluggesellschaft mit noch rund 4 200 Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber. Wie es auf längere Sicht mit der Airline weitergeht, ist offen. Das Schutzschirmverfahren solle bald beendet werden, erklärte eine Sprecherin. Ein neuer Verkaufsprozess für Condor werde nach der Krise starten.Die Rettungsbemühungen für Condor sind in der Branche umstritten. Während insbesondere die Reisewirtschaft auf eine Erhaltung der Airline als Wettbewerber dringt, um eine allzu große Dominanz der Lufthansa-Tochter Eurowings zu verhindern, hatten Konkurrenten wie Ryanair oder Tuifly gegen die staatlichen Hilfen gewettert und für eine Konsolidierung der mit Überkapazitäten und Preisdruck kämpfenden Branche plädiert. Ryanair-Chef Michael O’Leary droht wegen der aus seiner Sicht diskriminierenden Beihilfen sogar mit Klage (vgl. BZ vom 25. April).Unterdessen werden auch die Instrumente, mit denen das Überleben der Deutschen Lufthansa gesichert werden soll, zum Zankapfel. Angesichts eines großvolumigen Rettungspakets fordert insbesondere die SPD eine direkte Beteiligung des Staates am Aktienkapital, so dass der Bund als Großaktionär Mitsprache in der Unternehmensführung hätte. Die Gewerkschaften hatten zuletzt wiederholt verlangt, dass der Staat im Falle einer Beteiligung einen Verlust von Arbeitsplätzen bei der Airline verhindern solle. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte vor dem Wochenende in einer Botschaft an die Mitarbeiter deutlich gemacht, dass die Krise wahrscheinlich die dauerhafte Stilllegung von 100 Flugzeugen und einen Abbau von 10 000 Stellen zur Folge haben würde.Vertreter der CDU und CSU haben sich demgegenüber für eine stille Beteiligung ausgesprochen, als Teil eines Gesamtpakets, das auch reines Fremdkapital umfasst. Dies kommt den Vorstellungen des Lufthansa-Managements am nächsten, das naturgemäß die staatliche Einflussnahme so gering wie möglich halten will, auch um im Zuge der Krise andere grundsätzlich nötige Restrukturierungsmaßnahmen durchzusetzen. Altmaier erinnerte daran, dass staatliche Hilfen an Auflagen gebunden würden. So dürften die Unternehmen, denen der Staat beispringe, keine Dividenden ausschütten und müssten mit Bonuszahlungen sehr zurückhaltend sein.Zunächst war die Rede gewesen von einem für gestern angesetzten Spitzengespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Dies wurde jedoch von der Lufthansa dementiert. Die Lufthansa-Aktie, die seit Beginn der Krise fast die Hälfte an Wert verloren hat und seit Wochen Achterbahn fährt, gewann gestern 8,5 %. Damit ist die Airline, die auf Staatshilfen von 10 Mrd. Euro hofft, an der Börse noch 3,75 Mrd. Euro wert. Schmerzhafte AuflagenAndernorts werden Staatshilfen an schmerzhafte Auflagen geknüpft. So plant der angeschlagene Billigflieger Norwegian Air Shuttle einen Schuldentausch in Aktien. Dabei würden die Altaktionäre einen Großteil ihrer Beteiligung einbüßen, wie Bloomberg berichtet. Norwegian ächzt aufgrund eines vergangenen Expansionskurses unter einem Schuldenberg von 33,3 Mrd. nkr (2,88 Mrd. Euro). Nach dem vorgesehenen Debt-to-Equity-Swap bliebe den bisherigen Eigentümern ein Anteil von 5,2 %, allerdings noch vor einer geplanten Kapitalerhöhung über 400 Mill. nkr, die sie weiter verwässern würde. Eine Gläubigerversammlung, die den Tausch billigen soll, ist für den 30. April angesetzt. Eine außerordentliche Hauptversammlung soll am 4. Mai stattfinden und mit der Kapitalerhöhung den Weg freimachen für Staatshilfen in Höhe von 3 Mrd. nkr. Die Aktie sackte in Oslo um mehr als 5 % auf 5,50 nkr ab. Das Unternehmen ist damit umgerechnet an der Börse noch 78 Mill. Euro wert.