Conti im Visier der Diesel-Fahnder
In den fortlaufenden Ermittlungen im Diesel-Abgasskandal haben die Staatsanwälte nun auch den Zulieferer Continental ins Visier genommen. Am Mittwoch wurden bei dem Dax-Konzern Razzien in Geschäftsräumen in mehreren Städten durchgeführt. Die Continental-Aktie verlor 3,2 %.scd/dpa-afx Frankfurt/Hannover – Der Autozulieferer Continental ist im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen Volkswagen selbst ins Fadenkreuz der Ermittler geraten. Der Dax-Konzern, der seit 2015 erklärt, keinem Kunden Software zum Zweck der Abgasmanipulation geliefert zu haben, soll ebendies doch getan haben. “Staatsanwaltschaft und Polizei haben heute (1. Juli 2020) in einem laufenden Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit einer von VW verwendeten Abschaltvorrichtung in einem ihrer Dieselmotoren mehrere unserer Unternehmensstandorte, darunter Hannover, Frankfurt und Regensburg, aufgesucht”, teilte Continental am frühen Mittwochnachmittag mit. Das Unternehmen kooperiere vollumfänglich mit den Behörden, wolle sich aber nicht zu dem laufenden Verfahren äußern.Neben den Büros von Continental gab es auch Razzien bei Volkswagen und weiteren Firmen in mehreren Bundesländern. Ehemalige und teils auch noch aktive Beschäftigte der einstigen Siemens-Autotechnik-Tochter VDO könnten nach Darstellung der Staatsanwaltschaft Hannover in Teile der Betrugsaffäre um millionenfach manipulierte Abgasdaten verwickelt sein.Die Vorwürfe beziehen sich keineswegs auf ein Kavaliersdelikt: Es geht um Beihilfe zum Betrug im VW-Dieselskandal gegen sieben Ingenieure und zwei Projektleiter. Dazu kommen Ermittlungen wegen mittelbarer Falschbeurkundung. Quelle des Ganzen ist das schon länger laufende Verfahren im benachbarten Braunschweig. Dort sind neben dem früheren Volkswagen-Konzernchef Martin Winterkorn zahlreiche weitere Mitarbeiter angeklagt, über einen Prozessbeginn wurde allerdings noch nicht entschieden. Kern der Untersuchungen im Fall Continental laut Staatsanwaltschaft Hannover: Man prüfe, ob Mitarbeiter von Siemens VDO, die von Conti 2007 für einen zweistelligen Milliardenbetrag übernommen worden war, möglicherweise den Auftrag für die Steuerung der 1,6-Liter-Ausgabe des späteren VW-Skandalmotors EA 189 annahmen. Und zwar in dem Wissen, dass Volkswagen damit betrügerische Absichten verfolgen wollte.Es werde überdies Hinweisen nachgegangen, dass die Dokumentation der Software beeinflusst wurde. So ergibt sich der Anfangsverdacht: Beschäftigte der heutigen Conti-Automotive-Sparte könnten “Wünschen von VW entsprochen” haben, eine verbotene Abschalteinrichtung herzustellen. Sichergestelltes Material müsse nun ausgewertet werden, so ein Staatsanwalt: “Wir stehen da noch am Anfang.” Volkswagen habe am Stammsitz Wolfsburg ebenfalls Unterlagen herausgeben müssen. “Wir sind in dem Fall unbeteiligter Dritter”, sagte ein Volkswagen-Sprecher, der einräumte, dass die angeforderten Unterlagen ausgehändigt worden seien. Außerdem seien Standorte einer Ingenieurfirma in Gifhorn und Berlin aufgesucht worden.Der weltgrößte Autozulieferer Bosch war ebenfalls schon ins Visier geraten. Die Stuttgarter hatten die Motorsteuergeräte gestellt, mit deren Software die VW-Dieselwagen manipuliert wurden. Im Mai 2019 verhängte die Staatsanwaltschaft deshalb eine Geldbuße von 90 Mill. Euro wegen fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht – und schloss das Verfahren damit ab. Gegen einige Mitarbeiter des Zulieferers laufen aber immer noch Ermittlungen.