Coronakrise bringt Ocado 40 Prozent Wachstum
hip London – Der britische Online-Supermarkt Ocado hat im laufenden Quartal bislang zwei Fünftel mehr umgesetzt als ein Jahr zuvor, weil Verbraucher sich Lebensmittel zunehmend nach Hause liefern lassen. Wie die FTSE-100-Gesellschaft mitteilt, stieg der Erlös der Sparte Ocado Retail um 40,4 %. Im Auftaktquartal hatte das Wachstum noch bei 10,3 % gelegen. Die Coronavirus-Pandemie sorgte für diesen Nachfrageschub. “Wir sollten dankbar sein, dass sich unsere derzeitigen Herausforderungen um Wachstum, Expansion und steigende Nachfrage drehen”, sagte Chief Executive Tim Steiner. “Wir fühlen mit allen, die in dieser Zeit vor anderen Herausforderungen stehen.” Ocado bezahle ihre kleinen Zulieferer schneller als üblich. Man werde eng mit all denjenigen zusammenarbeiten, die zu kämpfen haben, kündigte Steiner an. Dennoch kassierte das Management das Ziel, den Umsatz im laufenden Jahr um 10 % bis 15 % zu steigern. Die Analysten von Peel Hunt werteten das positiv. Sie rechnen mit einem höheren Wachstum. “Langfristige Zunahme””Wir erwarten eine langfristige Zunahme der Online-Nachfrage”, sagte Sophie Lund-Yates, Analystin bei Hargreaves Lansdown. “Haushalte, die zuvor nicht daran dachten, ihren wöchentlichen Einkauf auf einer Website zu tätigen, werden sich nun an das Angebot gewöhnt haben und diese Gewohnheit fortsetzen wollen.” Ocado schaffte es einigermaßen, den Kundenwünschen trotz des enormen Ansturms auf seine Website zu Beginn des Lockdowns nachzukommen. Der Logistiksparte Ocado Solutions dürfte das zugutekommen, wenn sie ihre Dienste anderen Lebensmitteleinzelhändlern anbietet. Sie hat im März in Frankreich das Geschäft mit Casino an den Start gebracht und im April erste Online-Testbestellungen für Sobeys in Kanada entgegengenommen. Obwohl es in einem kapitalintensiven Geschäft tätig ist, hat das Unternehmen 1,2 Mrd. Pfund Cash auf der Bilanz.Mittlerweile hat die Zahl der in Großbritannien pro Bestellung georderten Artikel nach Schätzung des Managements wohl ihren Höhepunkt überschritten. Ein “normaleres” Einkaufsverhalten halte wieder Einzug. Unterdessen eröffnete der Nobelsupermarkt Waitrose ein weiteres Lieferzentrum im Norden Londons, um für die Zeit nach Auslaufen der Kooperation mit Ocado gerüstet zu sein. Ocado wird sein britisches Retailgeschäft in ein Joint Venture mit dem Waitrose-Rivalen Marks & Spencer einbringen und fortan dessen Produkte führen.Vor der Hauptversammlung wurde Protest gegen ein langfristiges Vergütungsprogramm für das Topmanagement laut, das Steiner – einem ehemaligen Anleihenhändler von Goldman Sachs – 54 Mill. Pfund einbrachte. Die Stimmrechtsberater Glass Lewis, Institutional Shareholder Services und Pirc empfahlen den Aktionären, gegen den Vergütungsbericht zu stimmen. Der Vermögensverwalter Royal London Asset Management kündigte an, das auch zu tun. Am Ende votierten immerhin 29,76 % des virtuell anwesenden Kapitals dagegen.