Coronakrise trifft Röchling mit voller Wucht
ds Frankfurt – Röchling wird von der Coronakrise mit voller Wucht in der Autozulieferersparte getroffen und profitiert gleichzeitig im Geschäft mit Medizintechnik-Kunden. Die mit Saarstahl (Völklinger Hütte) groß gewordene Familiengesellschaft, die in zwei Weltkriegen auch mit Artilleriegeschossen und Stahlhelmen viel Geld verdiente und sich inzwischen voll zum Kunststoffverarbeiter gewandelt hat, richtet sich auf eine längere Durststrecke ein. Vorerst mit halber KraftEs sei noch unklar, ob eine Normalisierung des Produktionsniveaus auf den Vorkrisen-Stand von 2019 möglicherweise noch zwei bis drei Jahre dauern werde, sagte Vorstandsvorsitzender Hanns-Peter Knaebel bei der Bilanzvorlage in einer Videokonferenz. “Die ganze Industrie wird über Kapazitätsanpassungen nachdenken müssen, auch wir, und das würde auch Werksschließungen zur Folge haben”, so Knaebel, der ergänzte: “Wir haben das nicht geplant, aber haben es im Blick.” Derzeit seien keine kompletten Röchling-Werke stillgelegt, und er gehe davon aus, dass im Mai die Produktion in den Automobilzuliefererwerken von Röchling wieder auf einen Korridor von 40 bis 50 % des Normalniveaus hochgefahren werde. Zum Jahresende 2020 wolle Röchling die Kapazitäten in den Werken voraussichtlich wieder zu 80 bis 90 % auslasten. In der noch jungen und kleinen Sparte Medizintechnik, die in den vergangenen Jahren aufgebaut wurde, läuft es dagegen rund. “Hier laufen wir unter vollen Segeln, auch mit neuen Aktivitäten.”Der Start in den neuen Turnus war schon stark von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt, die den Geschäftsgang im März heftig drückte. Von Januar bis März sackten die Erlöse wegen schwacher Nachfrage der Autohersteller um 9 % auf 560 Mill. Euro ab. KfW-Kredit im BlickDas Ergebnis vor Steuern des ersten Quartals klappte von 29 auf 16 Mill. Euro zusammen. “Die Ertragskraft, und da hören sie mich jetzt schwer atmen, ist deutlich zurückgegangen”, sagte die seit Anfang Dezember 2019 amtierende Finanzchefin Evelyn Thome. Röchling werde prüfen, ob ein Antrag auf einen KfW-Kreditrahmen gestellt wird.Einen Ausblick aufs laufende Jahr wagt die Gruppe mit Sitz in Mannheim noch nicht. “Wir wollen dieses Jahr möglichst noch mit einer schwarzen Ziffer ganz unten, wo das Ergebnis steht, abschließen”, sagte Knaebel. “Und wenn wir sechs Monate unter dem Gürtel haben, können wir einen Ausblick auf das Restjahr 2020 wagen.” Bislang habe Röchling keine Dividende ausgeschüttet und auch die Ende April fälligen Bonuszahlungen für das Management verschoben. 19 ErkrankungenBoris Fröhlich, der die Medizinsparte leitet, berichtete von bislang insgesamt 19 bestätigten Corona-Fällen bei Röchling, die über 11 000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Fälle seien in Italien, Deutschland, den USA und Singapur aufgetreten, und keiner habe dazu geführt, dass man einen Standort schließen musste. 16 der Betroffenen seien wieder genesen und am Arbeitsplatz, die drei übrigen befänden sich in Heimquarantäne, und es gehe ihnen “verhältnismäßig gut”. Den Fall des Autozulieferers Webasto, der als Ausgangspunkt der Coronakrise in Deutschland Schlagzeilen machte, habe man aufmerksam verfolgt. “Was bei Webasto passiert ist, hätte jedem passieren können”, sagte Fröhlich.Im vergangenen Jahr kletterten die Erlöse um 10 % auf 2,4 Mrd. Euro, während das Ergebnis vor Steuern wegen der schon gedämpften Entwicklung in der Autoindustrie um 23 % auf 82 Mill. Euro abglitt.