Coty wirbt mit Börsengang 1 Mrd. Dollar ein
wb Frankfurt – Die deutsche Milliardärsfamilie Reimann muss ihren Kosmetikriesen Coty zwar künftig mit fremden Investoren teilen, denkt aber gar nicht daran, ihre Kontrollmehrheit aufzugeben. Joh. A. Benckiser (JAB), die Holding des Clans, führt anlässlich des jetzigen Börsengangs eine neue Aktienklasse ein, mit der sie sich ein zehnfaches Stimmrecht je Aktie sichert. Damit kann die Gesellschaft in Luxemburg auch nach Verringerung ihrer Aktienanteile die Stimmrechtsmehrheit von 85 % behalten. Begleitet wird das IPO von BoA Merrill Lynch, J.P. Morgan und Morgan Stanley.Dem Kosmetikhersteller – global die Nummer 2 hinter L’Oréal – fließen bei der Transaktion keinerlei Mittel zu. Offeriert werden gut 57 Millionen Aktien, wobei die Preisspanne von 16,50 bis 18,50 Dollar reicht. Dies entspricht laut Bloomberg einem Bewertungsabschlag von 25 % zum Wettbewerb. Rivalen sind im Wesentlichen Estée Lauder und der Direktvertrieb Avon, den Coty 2012 vergeblich für gut 10 Mrd. Dollar zu übernehmen versucht hatte. Der Discount soll offenbar die Abkehr von der Regel “one share, one vote” kompensieren helfen. Die Coty-Eigentümer wollen in dem Börsengang heute an der New York Stock Exchange bis zu 1,06 Mrd. Dollar einnehmen. Neben JAB machen auch die Finanzinvestoren Berkshire Partners und Rhône Capital Kasse. JAB allein will Aktien für 800 Mill. Dollar abstoßen, sodass ihre Beteiligung auf 70 % sinkt.Bei einem Emissionskurs in der Mitte der Preisspanne käme Coty auf einen Unternehmenswert von rund 8,6 Mrd. Dollar einschließlich der Nettoschulden. Das entspricht dem Elffachen des Ergebnisses vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) in den zwölf Monaten per Ende März. Zuletzt hatte Coty Bruttoschulden von 2,5 Mrd. Dollar.Avon und Estée Lauder werden nach Bloomberg-Daten zum 14fachen Ebitda bewertet. Der Marktwert von Avon liegt bei 10 Mrd. Dollar, der von Estée Lauder bei 26 Mrd. Dollar. Coty käme in der Mitte der Spanne auf 6,7 Mrd. Dollar.Im abgelaufenen Fiskaljahr setzte Coty mehr als die Hälfte der Gesamterlöse von 4,6 Mrd. Dollar (plus 20 % seit 2008, auch dank zahlreicher Akquisitionen) mit Düften um, 31 % mit dekorativer Kosmetik und 16 % mit Haut-und Körperpflegeprodukten.Reimanns betreiben aggressives “deal making” und haben ihre Interessen stark aufs Kaffeegeschäft verlegt. Zuletzt haben bei Coty zwei Zukäufe (Philosophy und TJoy) für zusammen 1,7 Mrd. Dollar enttäuscht – es gab Wertberichtigungen. Beobachter erwarten kaum, dass Coty nochmals Avon attackiert.Coty geht auf ein 1904 vom Parfümeur François Coty gegründetes Unternehmen zurück, war von 1963 bis 1992 eine Tochter des Pharmakonzerns Pfizer und ging 1992 an das Ludwigshafener Spezialchemieunternehmen Joh. A. Benckiser, das 1996 die Luxussparte ausgliederte. Dazu gehören heute (Duft-)Marken wie Adidas, Astor, Celine Dion, Cerruti, Chloé, Chopard, Kylie Minogue, Davidoff, Beckham, Desperate Housewives, Esprit, Jil Sander, Jette Joop, Lancaster, Jennifer Lopez, Vivienne Westwood, Pierre Cardin, Vanilla Fields, Marc Jacobs und Guess.