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Covestro zeigt dem MDax die Rücklichter

Nach holprigem Börsengang überzeugt Kunststoffkonzern am Sekundärmarkt - Bayer muss Wunsch nach Sicherheit teuer bezahlen

Covestro zeigt dem MDax die Rücklichter

Allen Widrigkeiten zum Trotz ist Covestro, der Kunststoffsparte von Bayer, mit einem Volumen von 1,5 Mrd. Euro 2015 der größte Börsengang seit acht Jahren gelungenVon Annette Becker, DüsseldorfWie man sich täuschen kann. “Das Timing ist genau richtig”, ließ sich Patrick Thomas, Vorstandschef von Covestro, am 21. September 2015 noch vernehmen. Hohe Volatilität an den Kapitalmärkten hin, Andrang am Primärmarkt her – der Börsenaspirant hat seine Hausaufgaben gemacht, sollte das wohl heißen. Einen Tag vor der Erstnotiz folgte die Ernüchterung: Abstriche bei Preis, Volumen und Emissionserlös waren erforderlich, um den Bayer-Teilkonzern bei den schwer verunsicherten Investoren doch noch zu platzieren.Immerhin war Covestro in dem um vier Tage verschobenen Anlauf Erfolg beschieden. Am 6. Oktober 2015 um 9:21 Uhr erschien die Aktie erstmals mit 26 Euro auf der Kurstafel, 2 Euro über dem Ausgabepreis. Aktuell wird der Dividendentitel, der explizit auch als solcher vermarktet wurde, zu Kursen von knapp 39 Euro gehandelt. Mit dieser Performance zeigt die Aktie dem MDax, dem das Unternehmen seit Dezember angehört, klar die Rücklichter. Mit Fug und Recht darf sich Covestro nicht nur als größtes IPO seit 2007, sondern auch als erfolgreichster Börsengang 2015 feiern. Lanxess als BlaupauseDoch zurück ins Jahr 2014. Am 18. September machte Bayer die Entscheidung zur Abspaltung des Teilkonzerns Material Science öffentlich, verbunden mit der Aussage, das Kunststoffgeschäft im Wege eines IPO oder eines Spin-off an die Börse zu bringen. Zwölf bis 18 Monate wollten sich die Leverkusener dafür Zeit nehmen. “Wir sind nach eingehender Analyse zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Börsengang die richtige Lösung für alle Beteiligten ist”, erteilte der damalige Finanzchef und heutige Vorstandschef Werner Baumann der Alternative Verkauf eine Absage. Keine Woche später stellte Bayer mit der Berufung von Frank Lutz zum Finanzvorstand von Covestro eine wichtige personelle Weiche.Zum Herauslösen des Kunststoffgeschäfts aus dem Konglomerat griff Bayer auf Lanxess als Blaupause zurück, auch wenn das Chemiegeschäft 2005 via Spin-off auf einen Schlag abgetrennt wurde. Folgerichtig kamen auch bei Covestro zur Ausgestaltung der Passivseite Konzerndarlehen zum Einsatz, die zügig nach dem Going Public getilgt werden sollten. Maßstab für die Schuldentragfähigkeit waren die Anforderungen der Ratingagenturen an ein Rating guter Bonität, sollte Covestro die Konzerndarlehen doch adäquat refinanzieren können.Damit stand fest, dass sich die ratingrelevante Verschuldung – also die Nettofinanzschulden zuzüglich der Pensionsverbindlichkeiten – nach dem IPO auf maximal das Dreifache des operativen Ergebnisses vor Abschreibungen (Ebitda) belaufen durfte. Um den Gestaltungsspielraum zu erhalten, wurde das genaue Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital allerdings erst kurz vor dem Börsengang festgezurrt.Das Schlussquartal 2014 wurde vor allem dazu genutzt, die Standorte, Gesellschaften und Mitarbeiter auszuwählen, die bei Covestro ihre neue Heimat finden sollten. Parallel dazu wurde eine eigene Finanzabteilung aufgebaut.Erst mit der rechtlichen Verselbständigung zum 1. September 2015 begann die heiße IPO-Phase. Der Startschuss fiel am 4. September mit der Intention to Float. Dabei wartete Bayer sogleich mit einer Überraschung auf, sollten die Aktien für die Emission doch nicht aus dem Besitz der Konzernmutter stammen, sondern aus einer Kapitalerhöhung.Warum einfach, wenn es auch umständlich geht? Diese Frage drängte sich geradezu auf, zumal Covestro damit hausieren ging, absehbar keine größeren Investitionen vor der Brust zu haben, der Emissionserlös also ausschließlich zum Tilgen der Darlehensmitgift dienen sollte. Hinter der Entscheidung zur Kapitalerhöhung steckte jedoch Kalkül, wollte Bayer doch das Preis- und Volumenrisiko, das jedem IPO innewohnt, auf Covestro abwälzen.Allein die Rechnung, die findige Investmentbanker – als Federführer der Emission fungierten Deutsche Bank und Morgan Stanley, in der zweiten Reihe standen BoA Merrill Lynch, Citi, Credit Suisse, J.P. Morgan und UBS sowie als Co-Konsortialführer BNP Paribas, Unicredit/Kepler Cheuvreux – aufgemacht hatten, ging am Ende nicht auf. Angesichts der Ende September neu aufflammenden China-Ängste und einer Gewinnwarnung des Wettbewerbers Huntsman ließen sich nicht genügend Erstzeichner auftreiben. Dabei hatten die Banken ein Höchstmaß an Flexibilität in den Emissionsplan eingearbeitet, orientierten sich doch alle Parameter an dem für das Rating guter Bonität erforderlichen Bruttoemissionserlös nach dem Motto: je höher der Ausgabepreis, desto geringer die Kapitalerhöhung. Kapitalspritze von 1 Mrd. EuroDie Schmach eines abgeblasenen Börsengangs wollte sich Bayer dann aber doch nicht antun und drehte bei. Neben Preis und Volumen wurde auch der Emissionserlös um 1 Mrd. auf 1,5 Mrd. Euro heruntergeschraubt. Um Covestro den Weg für ein Investment-Grade-Rating nicht zu verbauen, leistete Bayer zugleich eine 1 Mrd. Euro schwere Bareinlage in die Kapitalrücklage.Am Ende spielte Covestro im Zuge des Börsengangs 1,5 Mrd. Euro ein, wobei der Ausgabepreis am oberen Rand der reduzierten Bookbuildingspanne lag. Zeitgleich mit dem Eingang des Emissionserlöses tilgte Covestro Konzerndarlehen in Höhe von 2,4 Mrd. Euro. Dadurch verringerten sich die Finanzschulden ausgehend von 5,4 Mrd. Euro zum 30. September auf 2,9 Mrd. Euro zum Bilanzstichtag 2015.Bayer, deren Anteil im Zuge des IPO auf 69 % verwässerte, reichte nach Ablauf der Haltefrist knapp 5 % an den hauseigenen Pension Trust weiter und verfügt nun noch über 64 %. Welche Gefahr damit für die Covestro-Aktie verbunden ist, zeigte sich erst kürzlich, als Bayer die Übernahmepläne für Monsanto bekannt gab: Covestro gingen an der Börse vorübergehend auf Tauchgang.