Daimler hält Verluste in Schach
Daimler kommt bei ihren Sparanstrengungen als Folge der Coronakrise besser voran als erwartet. Der Stuttgarter Konzern machte zwar im zweiten Quartal Miese in Milliardenhöhe, der Verlust fiel aber geringer aus als zuvor befürchtet. Rückenwind bekam das Unternehmen mit dem Stern vom sich erholenden größten Pkw-Absatzmarkt China. sck München – Daimler hat sich in der Coronakrise besser behauptet als gedacht. Der Stuttgarter Auto- und Nutzfahrzeughersteller verbuchte im zweiten Quartal einen operativen Konzernverlust von 1,7 Mrd. Euro nach einem Gewinneinbruch zum Jahresauftakt. Der Fehlbetrag ist der zweithöchste in der Unternehmensgeschichte nach einem Defizit von fast 2 Mrd. Euro im Schlussquartal 2008 – seinerzeit mitten in der Finanzmarktkrise.Das Defizit von April bis Juni auf Ebene des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (Ebit) fiel zwar höher aus als ein Jahr zuvor (- 1,6 Mrd. Euro), war aber deutlich geringer, als Analysten zuletzt befürchtet haben. Der Markt ging von einem Fehlbetrag von 2,1 Mrd. Euro aus. Anleger reagieren erleichtertDie Anleger reagierten auf die vom Unternehmen am Abend zuvor ad hoc veröffentlichten Quartalseckdaten erleichtert. Die Aktie von Daimler gewann zeitweise 5,9 % an Wert und beendete den Xetra-Handel bei 39,34 Euro (+ 4,4 %). Das Papier führte damit den Dax an und zog andere Autowerte mit. Die BMW-Stammaktie notierte bis zu 3,3 % fester, der Titel von Volkswagen legte um 3,9 % zu. Der Zulieferer Continental machte 2,9 % gut. Zur Erinnerung: In der Panikstimmung am Markt wegen der Pandemie brach der Anteilschein von Daimler im März auf bis zu 21,84 Euro ein. Hoher Mehraufwand drücktDaimler halfen eingeleitete Sparmaßnahmen, die staatlich unterstützte Kurzarbeit, der zeitweilige Produktionsstopp in den Werken und zugleich die Erholungstendenzen auf dem größten Absatzmarkt China. Das trug dazu bei, dass Daimler den freien Cash-flow des Industriegeschäfts im zurückliegenden Dreimonatsabschnitt mit 685 Mill. Euro ins Positive drehen konnte nach – 2,3 Mrd. Euro zu Jahresbeginn und – 1,3 Mrd. Euro ein Jahr zuvor. Analysten hatten einen freien Mittelabfluss von 2,1 Mrd. Euro erwartet.”Der umfassende Einsatz von Maßnahmen zur Erhaltung der Liquidität zusammen mit der günstigen nachfrageorientierten Entwicklung des Working Capital hat im zweiten Quartal zu einem positiven freien Cash-flow des Industriegeschäfts geführt”, schreibt das Unternehmen. Die Nettoliquidität im Industriegeschäft wuchs Juni gegenüber Ende März um rund 200 Mill. Euro auf 9,5 Mrd. Euro. Zum Jahresultimo lag dieser Wert bei 11 Mrd. Euro.Die Zahlen fürs zweite Quartal lägen “sämtlich über der Markterwartung”, berichtete der Vorstand laut Mitteilung. “Hinter uns liegt ein komplexes Quartal. Wir haben proaktiv Entscheidungen hinsichtlich der Kosten und Ausgaben getroffen und uns intensiv auf das Management unseres Working Capital fokussiert”, ließ sich Konzernchef Ola Källenius zitieren.Der Schwede führt zugleich die Kerneinheit Mercedes-Benz AG. Dieser Bereich machte operativ 1,1 Mrd. Euro Miese. Die Analysten rechneten im Schnitt mit einem Defizit von 1,4 Mrd. Euro. Ein Jahr zuvor erwirtschafteten die Stuttgarter noch einen Segmentgewinn von 1,1 Mrd. Euro. Zum Jahresauftakt sackte dieser wegen der Pandemie auf 0,5 Mrd. Euro ab. Nach einem Absatzrückgang im Autogeschäft um 15 % zum Auftaktquartal 2020 verzeichnete die Sparte Mercedes-Benz Cars im zweiten Quartal einen Einbruch um 20 %. Neben diesem Nachfrageschock sorgten Aufwendungen von 687 Mill. Euro für die Neuordnung des internationalen Fertigungsnetzes und reduzierte Kapazitäten an den Standorten in Hambach, Tuscaloosa und Aguascalientes für eine zusätzliche Belastung.Der Bereich Trucks & Buses rutschte derweil mit – 756 Mill. Euro tief in die roten Zahlen nach einem Einbruch des Gewinns im ersten Quartal auf 247 (i.V. 553) Mill. Euro. Auch im Nutzfahrzeuggeschäft hatten die Analysten einen noch höheren Fehlbetrag im zweiten Vierteljahresabschnitt erwartet, im Schnitt – 823 Mill. Euro. Personalabbau im FokusDaimler legt ihren vollständigen Zwischenbericht am kommenden Donnerstag vor. Die Präsentation könnte Källenius dazu nutzen, Details der geplanten schärferen Sparmaßnahmen im Personalbereich zu nennen. Zuletzt kündigte Personalvorstand Wilfried Porth an, dass die Stellenstreichungen mehr als 15 000 Arbeitsplätze betreffen würden (vgl. BZ vom 14. Juli). Nun wird spekuliert, dass es 20 000 sein könnten. Das entspricht 7 % der weltweit rund 300 000 Konzernbeschäftigten.Zwischen der Geschäftsführung und den Arbeitnehmervertretern bahnt sich ein scharfer Konflikt an. “Es bleibt viel zu tun. Wir müssen unsere systematischen Bemühungen fortsetzen, die Gewinnschwelle des Unternehmens durch Kostenreduktion und Kapazitätsanpassungen weiter zu senken”, erklärte Källenius.