Daimler schöpft Hoffnung aus China
scd Frankfurt – Der Stuttgarter Autobauer Daimler rechnet aufgrund der Coronavirus-Pandemie zwar mit durchgängig signifikanten Absatzrückgängen in allen Geschäftsbereichen und Regionen. Die Entwicklung im zuerst von der Pandemie getroffenen chinesischen Markt macht laut CEO Ola Källenius aber auch ein wenig Hoffnung. Daimler zufolge brach der Mercedes-Absatz im Reich der Mitte, der bereits im Januar spürbar zurückgegangen war, im Februar auf 21 % des Vorjahresniveaus ein. Schon im Folgemonat erholte sich dieser aber wieder annähernd auf das Niveau vom März 2019. Finanzvorstand Harald Wilhelm geht für den chinesischen Automarkt derzeit dennoch nicht davon aus, dass die Absatzerholung im Rest des Jahres kräftig genug ausfallen wird, um den Einbruch im ersten Quartal vollständig zu kompensieren.Für das laufende Vierteljahr rechnet Daimler auf Konzernebene mit roten Zahlen. “Wir erwarten, dass in diesem Quartal die vollen Auswirkungen des Lockdowns sichtbar werden – mit geringerem Absatz, signifikant geringeren Produktionsvolumina und einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern, das negativ ausfällt”, erklärte der CFO. Auch der freie Cash-flow im Industriegeschäft werde wie im Auftaktvierteljahr erneut negativ erwartet. Wilhelm erwartet, dass der April der schlimmste Monat des Quartals werden dürfte und der Mai schon etwas besser ausfalle. Mit Bezug auf Bestellverschiebungen sieht Daimler zunächst einen größeren Effekt im Nutzfahrzeuggeschäft. Allerdings sei der Absturz durch den Lockdown im März und April sehr stark gewesen, und auch auf der Pkw-Seite lasse sich noch nicht abschätzen, wie es nach Beginn der Öffnung der Wirtschaft weitergehe, erläuterte Källenius. Bis zu 68 Mrd. Euro LiquiditätWilhelm verwies in der Analystenkonferenz auf das dicke Liquiditätspolster des Konzerns. Erst Anfang April hatte sich Daimler eine zusätzliche Kreditlinie über 12 Mrd. Euro gesichert, die eine bestehende, nicht gezogene Kreditlinie von 11 Mrd. Euro ergänzt. Die verfügbare Nettoliquidität im Industriegeschäft betrug per Ende März 9,3 Mrd., die Bruttoliquidität 20,8 Mrd. Euro. Inklusive der beiden Kreditfazilitäten, der Finanzsparte Daimler Mobility und potenziellen Zuflüssen aus Asset Backed Securities (ABS) hat Daimler für die kommenden zwölf Monate eine verfügbare Liquidität von 68 Mrd. Euro errechnet. Dem stehen Fälligkeiten von 54 Mrd. Euro aus Anleihen, Bankkrediten, Leasingverträgen oder Geldmarktpapieren in der gleichen Zeitspanne gegenüber. Wilhelm erklärte, er sei stets tagesaktuell im Bilde, wie sich die Cash-Situation bei Daimler entwickle, und fühle sich mit dieser weiter komfortabel.Källenius betonte derweil, dass man sich beim Hochfahren der Werke in Europa auf die Erfahrungen aus China stütze, wo man mittlerweile wieder bei 100 % sei. In einigen Werken wie der Batterieproduktion oder in Komponentenwerken, die für die chinesische Produktion wichtig sind, habe Daimler ohnehin durchgängig gefertigt – wenn auch mit den nötigen Anpassungen, um die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten. “Sollte der Markt wieder anziehen, sind wir absolut in der Lage, die Produktion schnell wieder hochzufahren und unsere Chancen im Markt zu nutzen”, versicherte der CEO. Entgegen manchem Bericht hätten sich die Zulieferketten “bemerkenswert robust” gezeigt. Källenius zufolge war Mercedes im ersten Quartal auf Kurs, die strengeren CO2-Vorgaben der EU-Kommission im laufenden Jahr zu erfüllen. Das Ziel werde man trotz des signifikanten Abschwungs nicht aus den Augen verlieren, betonte Källenius. Elektrifizierung und Digitalisierung seien Schlüsseltechnologien für die Zukunft und stünden “nicht zur Disposition”.Der Stuttgarter Autobauer hatte vergangene Woche bereits vorab über den dramatischen Gewinneinbruch im ersten Quartal berichtet (vgl. BZ vom 24. April). Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern ist in den Monaten Januar bis März um 78 % auf 617 Mill. Euro eingebrochen. Unter dem Strich verdiente Daimler mit 168 Mill. Euro sogar 92 % weniger (siehe Tabelle). Neben geringerem Absatz und Umsatz im Industriegeschäft sorgte vor allem die Finanzsparte Daimler Mobility für den Ergebnisabsturz. Der Rückgang beim Spartenergebnis von 1,2 Mrd. auf knapp 60 Mill. Euro geht im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurück. So war im Zusammenhang mit der Fusion der Mobilitätsdienste von Daimler und BMW im ersten Quartal 2019 ein positiver Sonderertrag in Höhe von 718 Mill. Euro angefallen. Zudem wurde die Kreditrisikovorsorge im ersten Quartal 2020 aufgrund der deutlich eingetrübten makroökonomischen Aussichten um 448 Mill. Euro angehoben.Die Daimler-Aktie zählte in positivem Marktumfeld am Mittwoch zu den Gewinnern im Dax und ging mit knapp 7 % Kursplus aus dem Handel.