Dänischer Trucker auf der Überholspur

Der skandinavische Logistikkonzern DSV braucht die schweizerische Panalpina dringender, als der Chef zugeben will

Dänischer Trucker auf der Überholspur

Von Daniel Zulauf, Zürich”Unser zukünftiger Erfolg hängt nicht allein von Panalpina ab”, sagt Jens Björn Andersen, Chef des dänischen Logistikkonzerns DSV, dem der Kauf des Schweizer Konkurrenten immerhin 4 Mrd. sfr (umgerechnet gut 3,5 Mrd. Euro) wert wäre. Doch ganz so locker, wie sich Andersen zehn Tage nach der Unterbreitung einer unverbindlichen Übernahmeofferte an den Panalpina-Verwaltungsrat auf seiner Promotionstour in der Schweiz gerade zu geben versucht, kann der Manager eigentlich gar nicht sein. Übernahmen stehen schließlich weit oben im Pflichtenheft des CEO. Denn diese bilden sozusagen die DNA der Gesellschaft, die 1976 aus einem Zusammenschluss von zehn dänischen Transportunternehmen hervorgegangen ist.Seit dem Börsengang im Jahr 1987 hat DSV fünf Akquisitionen getätigt. Darunter den Kauf der dänischen DFDS Dan Transport, der Frachtdivision der dänischen Reederei DFDS, die rund viermal größer war als die damalige DSV selber. Die Transaktion war der Katalysator für den Aufstieg von DSV in den Club führenden globalen Logistikdienstleister.Nun soll also Panalpina der größte Zukauf in der DSV-Geschichte werden. Es wäre ein weiterer historischer Schritt, mit dem die Dänen erhebliche, zusätzliche Größenvorteile erwerben und die Aktionäre den resultierenden Mehrwert einstreichen könnten. Diese Aussicht ist definitiv mehr als eine nette Option, wie Andersen auf Nachfrage doch noch durchblicken lässt. “Es gibt gewisse Erwartungen, und unsere Aktionäre schätzen es, wenn wir wenigstens den Versuch einer Übernahme unternehmen”, räumt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung ein.Die Börse spricht eine noch etwas deutlichere Sprache: Als DSV im vergangenen Oktober das Scheitern des zunächst verdeckt geführten Übernahmeversuchs des Zuger Börsenneulings Ceva Logistics öffentlich bekannt geben musste, fielen die Aktien der Dänen tief. Zwischen dem Ereignis und Ende des Jahres verloren der Titel rund 20 % seines Wertes. Konkurrenz-Valoren wie jene von Kühne + Nagel büßten lediglich 7 % ein. Gewiss, es mag noch andere Gründe für die Performance-Schwäche gegeben haben. Aber enttäuschte Aktionäre ist Andersen nicht gewohnt. Schließlich haben sich die DSV-Papiere in den vergangen zehn Jahren im Wert versechsfacht.Den guten Ruf an der Börse haben die Dänen freilich nicht gestohlen. Ihr Informatiksystem erhält in Branchenkreisen viel Anerkennung, und moderne Logistik ist im Wesentlichen Informationsverarbeitung. Panalpina hat mit der Entwicklung eines eigenen Informatiksystems Millionen verbrannt und ist im Urteil von Insidern auch heute noch nicht dort, wo sie sein müsste. Hilfe könnten die Basler deshalb gut gebrauchen. Doch so einseitig, wie ein Geschäft mit DSV auf den ersten Blick aussieht, wäre es in Tat und Wahrheit eben doch nicht. DSV muss die Akquisitionsmaschine unbedingt am Laufen halten und Gelegenheiten, ein international aufgestelltes und weltweit bekanntes Unternehmen wie Panalpina zu erwerben, sind im stark fragmentierten und immer noch sehr lokalen Logistikgeschäft äußerst selten.Zudem wird sich DSV im Zug der fortgesetzten Expansion stärker für äußere Einflüsse öffnen müssen. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sind – im Gegensatz zu Panalpina – fast ausschließlich mit dänischen Landsleuten besetzt. Dafür hat Andersen allerdings eine interessante Begründung. Er sagt: “Dänemark ist eine Seefahrernation, bei uns genießt die Logistikbranche ein gutes Ansehen.” Den Firmen gelänge es, junge Talente nachzuziehen. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern sei dies in der Schweiz ganz ähnlich.Hinter der charmanten Avance mag zwar auch etwas Kalkül stecken, doch die Wertung ist mehr als Schmeichelei. Es ist bestimmt kein Zufall, dass das Verkehrshaus Luzern, das dieses Jahr den 60. Geburtstag feiert, seit Jahrzehnten die Rangliste der meistbesuchten Museen in der Schweiz anführt.