"Das Geschäft in Nordamerika hat 2019 sehr große Priorität"
– Herr Van Bylen, bei der Konkurrenz läuft es derzeit besser. Beiersdorf oder Procter & Gamble wachsen organisch weit stärker als Henkel. Woran liegt das?Wir haben unser organisches Umsatzziel mit einem Plus von 2,4 % erreicht. Ohne die erheblichen negativen Währungseffekte hätten wir 2018 einen Umsatz von 21 Mrd. Euro erzielt. Für unsere Sparte Adhesive Technologies war es ein starkes Jahr. Vor allem im Markenartikelgeschäft sehen wir aber deutlich bessere Wachstumschancen durch höhere Investitionen. Jeder Wettbewerber hat ja eine andere Struktur im Geschäft und ein anderes Portfolio. Wir sind besonders stark im Segment Haarkosmetik, das in den vergangenen Jahren nicht so stark gewachsen ist wie zum Beispiel die Hautpflege. Während wir mit dem professionellen Friseurgeschäft sehr erfolgreich wachsen und auch bei Colorationen und Styling gut unterwegs sind, läuft es im Segment Haarpflege nicht nach unseren Erwartungen. In diesem Massenmarkt ist der Promotionsdruck sehr hoch. Wir haben uns jetzt entschieden, hier mehr zu tun und alle wichtigen Marken im Bereich Haarpflege zu überarbeiten. Unser Beauty Care-Geschäft ist insgesamt aber sehr profitabel.- Wie lief das vierte Quartal in Nordamerika, wo Sie ja Lieferschwierigkeiten zu Jahresbeginn hatten?Die Entwicklung hat sich dort zum Jahresende nicht mehr grundsätzlich verändert. Unsere Lieferschwierigkeiten sind behoben, aber wir haben Promotion-Slots im Handel verloren. Im Waschmittelbereich sehen wir Marktanteilsgewinne in allen Regionen außer in Nordamerika. Deshalb werden wir dort Initiativen starten, um das Wachstum im Markenartikelgeschäft zu beschleunigen. Das Geschäft in Nordamerika hat für uns 2019 sehr große Priorität.- Wie stark wirken sich die globale Konjunktureintrübung und die Schwäche der Autoindustrie auf Henkels Klebstoffgeschäft aus?Wir sind nicht immun gegen solche Entwicklungen und haben im Elektronikgeschäft – bei Smartphones – und in der Autoindustrie im vierten Quartal Abschwächungen gesehen. Aber wir sind sehr breit aufgestellt. Umgekehrt hatten wir in der allgemeinen Industrie und bei Verpackungen sehr gute Zahlen. Wir sehen uns den IPX-Index an, eine Prognose auf die Entwicklung der Industrie-Produktionsvolumina. Dieser Index hat sich zuletzt abgeschwächt, liegt aber noch bei einem Plus zwischen 2,5 und 2,8 %. Durch unsere breite Aufstellung und starke Technologieposition in Adhesive Technologies sind wir überzeugt, dass wir unsere Wachstumsdynamik fortsetzen können.- Wo setzen Sie die Schwerpunkte nach Sparten und Regionen bei Ihren geplanten Investitionen?Zwei Drittel der zusätzlichen Mittel gehen ins Marketing. Wir werden hier 2019 prozentual zweistellige Wachstumsraten bei den Marketingausgaben sehen. Das betrifft natürlich vor allem die Markenartikelgeschäfte. Wir werden dort schwerpunktmäßig investieren, wo die Mittel am meisten Wirkung bringen. Für uns ist das der nordamerikanische Markt sowie unsere Kernmärkte in Europa. Das weitere Drittel der Investitionsmittel fließt in Digitalprojekte weltweit.- Stehen mit dem neuen Investitionsprogramm Zukäufe für Henkel nicht mehr so stark im Fokus wie bisher?Zukäufe bleiben ein integraler Bestandteil unserer Strategie, aber die Assets müssen verfügbar sein, zu uns passen, und der Preis muss stimmen. Wir werden, wenn sich die Gelegenheit auftut, unsere Geschäfte mit M & A weiter stärken. Wir haben eine sehr starke Bilanz. Unser Cash-flow für 2018 wird mindestens 1,8 Mrd. Euro betragen, und wir sind damit praktisch schuldenfrei. Wir können mit den Ratings, die wir haben, die erforderlichen Mittel generieren, um weiter in M & A zu investieren.- Wie stark würde ein harter Brexit Henkel treffen?Wir sind für unsere eigenen Aktivitäten, die nicht sehr groß sind in Großbritannien, gut vorbereitet, sowohl in der Logistik als auch in Bezug auf Hedging. Der britische Markt macht nur etwa 2 % bis 3 % vom Konzernumsatz aus. Die große Frage ist natürlich, wie es uns indirekt trifft und was ein harter Brexit für die Konjunktur bedeuten würde. Wir haben einige konjunkturabhängige Geschäfte. Daher hoffen wir auch, dass es zu einem geregelten Austritt kommt. Aber wir sind auch auf den Worst Case vorbereitet.—-Das Interview führte Antje Kullrich.