"Das ist ein kleiner ,Flughafen Berlin' gewesen"
– Herr Michel, SKW-Aktionäre sind entsetzt über die Wertberichtigungen. Was ist schiefgelaufen?Teils wurden Unternehmen aus heutiger Sicht zu teuer eingekauft. Diese laufen aber operativ gut. Rund die Hälfte der Wertberichtigungen trifft dagegen die Sachanlagen. So kämpft unser schwedisches Werk für Kalziumkarbid mit Überkapazitäten im Markt. Die Preise sind immens unter Druck. Brutto haben wir mit Kaufpreis und Investitionen in das Werk seit der Übernahme insgesamt mehr als 15 Mill. Euro investiert. Diese Situation ist nicht tragfähig.- Beobachten Sie im neuen Kalziumsilizium-Werk in Bhutan die gleichen Mechanismen?Wir haben dort eine völlig andere Situation. Dort sind so viele SKW-Metallurgie-Gelder geflossen, dass sich das Investment niemals rechnen wird. Dies gilt, obwohl die Preise für Kalziumsilizium über dem historischen Durchschnitt liegen. Ich sage jetzt mal plakativ: Das ist ein kleiner “Flughafen Berlin” gewesen. Die Frage, wann man die Reißlinie hätte ziehen müssen, wurde offenbar nicht gestellt. Der neue Vorstand ist der Meinung, dass man weder Kalziumsilizium noch Kalziumkarbid selbst herstellen muss. Denn wir haben in diesen Märkten mit eigener Produktion weder einen Preis- noch einen Qualitätsvorteil.- Ihre Vorgängerin Ines Kolmsee hat noch im Frühjahr erklärt, es werde in Bhutan in höchster Qualität produziert.Das kann ich so nicht nachvollziehen. Beispielsweise ist in Bhutan der Schwefelgehalt wegen der dort verwendeten Kohle zu hoch. Wichtiger aber ist, dass die Bilanz hinter dem Ofen nicht stimmt. Die Impairment-Tests waren ernüchternd.- Aber Ihre Vorgänger haben doch erst beim Jahresabschluss 2013 Impairments erstellen lassen. Wie kann es nun so andere Ergebnisse geben?Bei einem Jahresabschluss sind derartige Analysen tatsächlich notwendig. Ich kann dazu keine näheren Erläuterungen abgeben. Man rechnete wohl mit einer weitaus besseren Geschäftsentwicklung.- Wie verhält sich denn der zweite Investor in Bhutan, der 49 % der Anteile hält?SKW Metallurgie hat die Finanzierung nahezu vollständig auf eigene Kappe genommen. Dadurch ist auch das hohe Wertberichtigungsvolumen bei der SKW Stahl-Metallurgie Holding AG erklärbar.- Ein derartiges Vorgehen bei einem Joint Venture ist aber ungewöhnlich.Das ist sicherlich richtig.- Wie geht es weiter mit SKW?Das Unternehmen ist kein Distressed Case. Das Kerngeschäft funktioniert, wir haben kein Liquiditätsproblem. Mit den Banken wird über die anstehende Teilfälligkeit von Krediten gesprochen werden, schließlich läuft der bankseitige Kündigungsverzicht für die Darlehen im September aus. Wir wollen in die gesunden Unternehmensteile weiter investieren.- Analysten rechnen mit einer Kapitalerhöhung.Über einen derartigen Schritt wird man nachdenken müssen.—-Das Interview führte Michael Flämig.