"Das schwache Sommerquartal schlug durch"
Der auf den Mittelstand ausgerichtete Risikokapitalgeber BayBG spürt die Folgen der Corona-Pandemie in seinen operativen Aktivitäten. Nach einer Flaute im zurückliegenden Quartal rechnet der Sprecher der Geschäftsführung, Peter Pauli, mit einer Nachfragebelebung 2021. Das soll das Neugeschäft mit kleinen mittelständischen Unternehmen wieder ankurbeln. Herr Pauli, wie unterstützen Sie Mittelständler in der Coronakrise?Im Lockdown waren wir als Beteiligungsgesellschaft zunächst damit beschäftigt, den Firmen aus unserem Portfolio zu helfen. Parallel dazu haben wir im zweiten Quartal des Kalenderjahres 10 Mill. Euro an Neuinvestments realisiert. Im dritten Quartal war dann überraschenderweise die Nachfrage im Mittelstand sehr niedrig oder fast nicht mehr vorhanden. Wie erklären Sie sich das?Infolge der massiven und notwendigen staatlichen Hilfsprogramme haben die Unternehmen ihre primären Liquiditätsprobleme zunächst mit Krediten gelöst. Diese Darlehen sind für die Unternehmen günstig und relativ schnell verfügbar. Der Mittelstand hat – in der schwierigen Situation – den Vorteil, dass aufgrund der vorherigen langen guten Konjunktur die Kreditwürdigkeit relativ hoch ist. Wäre das ein Ansatzpunkt für Sie, um mehr Neugeschäft zu machen?Ja, in der Tat. Die Unternehmen mussten und müssen viel Kapital aufbringen, um die negativen Folgen der Pandemie zu meistern. Ein Großteil der Kredite wird hierfür eingesetzt. Nun fehlt es vielen an Mitteln für die Zeit, wenn die Krise beherrschbarer wird und Vorwärtsstrategien wieder im Fokus stehen. Die Stichpunkte lauten: Digitalisierung, Energiewende und Transformation der Geschäftsmodelle. Das ist ein Hauptansatzpunkt für die BayBG im Jahr 2021. Wir glauben, dass die Nachfrage nach Eigenkapital im Mittelstand wieder steigen wird und wir vielen Unternehmen in dieser Situation ein starker Partner sein können. Wie viel Neugeschäft haben Sie gemacht in Ihrem jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr 2020?Unser Geschäftsjahr 2019/20 ist am 30. September abgelaufen. Aufgrund der Corona-Pandemie haben wir zuvor keine Geschäftsprognose abgegeben. Die BayBG hat 36 Milll. Euro in neue Beteiligungen investiert, das liegt unter dem Vorjahreswert von 45 Mill. Euro und circa 10 Mill Euro unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Das schwache Sommerquartal schlug durch. Womit waren Sie noch stark beschäftigt?Parallel haben wir in den Sommermonaten in Bayern die Säule 2 des 2-Mrd.-Euro-Hilfsprogramms des Bundes und der Länder für Start-ups umgesetzt. Unser Venture-Capital-Bereich war hier zu 100 % gefordert. Mit Säule 2 erhalten auch solche Start-ups, die bisher noch keinen institutionellen Investor an Bord haben, Zugang zu Beteiligungskapital. Wie haben diese Covid-19-Hilfsmaßnahmen für den Mittelstand die BayBG beschäftigt?Im Start-up-Segment hat die BayBG in Zusammenarbeit mit Bayern Kapital in kurzer Zeit 180 Anfragen bearbeitet. Eine schnelle, aber trotzdem marktgerechte Prüfung dieser Hilfsanträge ist für ein relativ kleines Team herausfordernd – zumal auch der Abschluss der Beteiligungsverträge zeitintensiv ist. Im Moment stehen wir bei rund 40 Start-ups vor dem Abschluss eines Säule-2-Investments. Um welche Branchen handelt es sich dabei?Es handelt sich um Technologieunternehmen mit erstem Market Proof, das heißt mit einer relevanten Zahl von ersten Kunden aus den Segmenten Software und Digitalisierung, teilweise auch Geschäftsmodelle, die auf künstlicher Intelligenz aufbauen. Ein anderer Teil kommt aus der Medizintechnik und Life Sciences. Wie entwickelt sich das Beteiligungsvolumen, das Sie im Bestand haben?Wir stehen bei rund 300 Mill. Euro. Das ist etwas weniger als vor einem Jahr, als wir noch mit 308 Mill. Euro investiert waren. Wie viele Unternehmen in Ihrem Portfolio haben staatliche Liquiditätshilfen beansprucht?Rund ein Drittel der dem Mittelstand zuzurechnenden Unternehmen haben Coronahilfen, zumeist Kredite, beantragt. Ist das Thema Nachfolgeregelungen im Mittelstand, welches Sie ausbauen wollen, aufgrund der Coronakrise zu kurz gekommen?Nachfolgelösungen sind nach wie vor ein Thema, werden in der Coronakrise aber häufig zurückgestellt. Für einen Unternehmer ist es ein schlechter Zeitpunkt zu verkaufen, für den Käufer ein schwieriger Zeitpunkt zu kaufen, da wegen erhöhter Unsicherheit Planungen und daraus abgeleitete Unternehmensbewertungen erschwert werden. Werden Sie für 2021 eine Prognose abgeben?Wir sind gerade dabei, die Planung zu erarbeiten. Wir gehen davon aus, dass wir 2021 ein höheres Neugeschäft sehen werden. Die Anzahl mittelständischer Unternehmen, die aufgrund der Krise Eigenkapital benötigen, wird steigen. Sind in Ihrem Portfolio die Ausfälle wegen der Pandemie gestiegen?Im Geschäftsjahr 2020 hatten wir 16 Mill. Euro an Ausfällen. Das lag über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre von 12 Mill. Euro. Allerdings ist kein Unternehmen in unserem Portefeuille ausschließlich wegen Corona insolvent geworden. Vielmehr waren die Probleme bereits vor der Coronakrise evident, zudem betraf es einige Betriebe aus dem Automotive-Sektor. Wie wirkt sich das auf das Ergebnis aus?In unserer Erfolgsrechnung antizipieren wir Ausfälle mit Wertberichtigungen, treffen also rechtzeitig Vorsorge. Wir konnten die Belastungen aus den Insolvenzen andererseits auch auf der Ertragsseite kompensieren. Die BayBG wird das Geschäftsjahr 2019/2020 mit Gewinn abschließen. Was macht Sie so zuversichtlich?Wir verfügen über zwei Ertragssäulen. Die laufenden Einnahmen aus dem Mezzaninegeschäft und Erlöse aus Beteiligungsverkäufen, also Exits. 2020 haben wir neben den wichtigen laufenden Erträgen aus Mezzanine durchaus erfreuliche Exits realisiert. Haben Sie Börsenaspiranten in Ihrem Portfolio?Drei bis vier Unternehmen haben sicherlich das Potenzial, an die Börse zu gehen, und planen dies auch. Obwohl das Börsenklima grundsätzlich positiv ist, ist es für Initial Public Offerings momentan schwierig. Man muss sich schon genau überlegen, wann man aufs Parkett geht. Das Interview führte Stefan Kroneck.