Dax-Konzerne gut gepolstert

EY: Finanzmittel von fast 100 Mrd. Euro - Vor allem Autohersteller verfügen über reichlich Liquidität

Dax-Konzerne gut gepolstert

In Zeiten wie diesen gelten die Unternehmen als besonders krisenfest, die über üppige Finanzmittel verfügen können. Die Beratungsgesellschaft EY hat nun ermittelt, dass die Dax-Konzerne insgesamt fast 100 Mrd. Euro flüssige Mittel haben, wobei die Automobilindustrie auf besonders dicken Finanzpolstern sitzt.lis Frankfurt – Während die wirtschaftlichen Aktivitäten abgebremst werden und in manchen Branchen – etwa der Luftfahrt – nahezu zum Erliegen gekommen sind, dürften sich die Unternehmen als besonders krisenfest erweisen, die über ausreichend Finanzmittel verfügen können. Deutschlands größte Konzerne sind dabei gut aufgestellt. Zum Jahresende 2019 lagen die liquiden Mittel (Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente) bei 99,4 Mrd. Euro, wie die aktuelle Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY auf der Basis der Geschäfts- bzw. Quartalsberichte der im Deutschen Aktienindex (Dax) gelisteten Unternehmen zeigt. Nicht eingeflossen sind die Ergebnisse der Banken und Versicherungen. 2018 hatten die flüssigen Mittel 7 % höher, bei fast 107 Mrd. Euro gelegen. Dividenden auf dem Prüfstand”Die Dax-Unternehmen verfügen mehrheitlich über hohe, wenngleich natürlich nicht unbegrenzte Barreserven”, stellt Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland, fest. Vor allem die Unternehmen aus der Automobilindustrie haben erhebliche Summen in Reserve. Volkswagen, BMW, Daimler und Continental weisen in ihrem Finanzvermögen Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente in Höhe von zusammen 46,7 Mrd. Euro aus. “Die Großunternehmen werden nun alles daransetzen, Mittelabflüsse so weit wie irgend möglich zu minimieren”, erwartet Barth.Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung von EY, sieht dafür mehrere Stellschrauben, darunter das Kurzarbeitergeld, die neuen staatlichen Bürgschaften, aber auch die Dividendenzahlungen für das abgeschlossene Geschäftsjahr. “Die Mehrheit der Dax-Unternehmen hat zwar bereits einen Dividendenvorschlag veröffentlicht – die Hauptversammlungen, auf denen über diese Vorschläge abgestimmt wird, wurden in vielen Fällen aber bereits verschoben.” Es sei gut möglich, dass weitere Unternehmen dem Beispiel des Triebwerksbauers MTU folgen werden. Der Konzern hat angekündigt, den bisherigen Dividendenvorschlag nochmals zu überprüfen. Die Lufthansa hat bereits mitgeteilt, für das Geschäftsjahr 2019 keine Dividende zahlen zu wollen. “Die Dividenden kommen jetzt auf den Prüfstand”, prognostiziert Meyer.Derartige Maßnahmen können die finanzielle Situation stabilisieren, so Meyer. Auszahlen kann sich womöglich auch der hohe Internationalisierungsgrad der Dax-Firmen. Es handele sich aktuell zwar um eine weltweite Krise – “dennoch sehen wir, dass unterschiedliche Regionen in unterschiedlichem Tempo erfasst werden.” Das könne helfen, den Cash-flow zu stabilisieren und trotz Werksschließungen zumindest Teile des Betriebes am Laufen zu halten, so EY Deutschland-Chef Barth. Den Cash-flow haben die untersuchten Konzerne im vergangenen Jahr ebenfalls ausgeweitet, um über 11 % auf insgesamt rund 142,8 Mrd. Euro. Gleichzeitig sind die Umsätze angeschwollen (inklusive gebuchter Bruttobeiträge Munich Re + 6 %), aber das Ergebnis vor Zinsen und Steuern ist geschrumpft (- 15 %). 16 der 30 Dax-Konzerne mussten ein sinkendes Ebit vermelden. Die Dax-Konzerne erwirtschafteten im vergangenen Jahr laut EY 52 % ihres Umsatzes außerhalb Europas, wobei Nordamerika für 27 % der Erlöse stand und 19 % aus Asien kamen. Das Nordamerika-Geschäft hat sich 2019 mit einem Umsatzplus von 11 % am besten entwickelt. In Asien waren die Umsätze nur um 2 % gestiegen, in Europa um 3 %.Die meisten Dax-Konzerne haben ihre Prognosen für das Geschäftsjahr 2020 unter Vorbehalt gestellt oder wagen noch keinen detaillierten Ausblick, da sich die Situation sehr dynamisch entwickelt. Mit BMW, Munich Re und Fresenius haben bislang nur drei Unternehmen konkretere Angaben zu den erwarteten Auswirkungen gemacht. Fresenius SE sieht “keine signifikant negativen finanziellen Auswirkungen”, BMW rechnet nur noch mit einer Ebit-Marge im Segment Automobile zwischen 2 und 4 %. Die Lufthansa teilt lediglich mit, dass ein “deutlicher Umsatz- und Ergebnisrückgang” erwartet werde. Weniger MitarbeiterSchon vor der Coronakrise hatten viele Unternehmen auf die schwächere Konjunkturentwicklung reagiert und Kostensenkungsprogramme aufgelegt. Dies hat teils zu hohen Restrukturierungskosten, aber auch zu einem geringeren Beschäftigungswachstum geführt als im Vorjahr: Die Zahl der weltweit Beschäftigten stieg innerhalb der Dax-Riege nur noch um gut 60 000, nachdem sie 2018 noch um 110 000 gewachsen war. “Im laufenden Jahr wird die Beschäftigung bei den Dax-Konzernen sinken”, erwartet Meyer. “Die Unternehmen werden aber versuchen, die negativen Beschäftigungseffekte zu minimieren. Denn die Erfahrungen aus vergangenen Krisenzeiten zeigen: Nur mit einer möglichst vollzähligen Belegschaft können die Unternehmen von der wirtschaftlichen Erholung profitieren, die auf die aktuelle Krise folgen wird.”