Dax-Konzerne horten 136 Mrd. Euro
Die Coronakrise hinterlässt zwar tiefe Spuren in den Umsätzen und Ergebnissen der Dax-Konzerne – vor allem in der Autoindustrie. Die Unternehmen sitzen aber weiter auf dicken Finanzpolstern. Zum Ende des zweiten Quartals lagen die liquiden Mittel bei 136 Mrd. Euro. Der Gewinn brach im Schnitt um 97 % ein.cru Frankfurt – Die Coronakrise hat deutliche Spuren in den Bilanzen deutscher Börsenschwergewichte hinterlassen. Der operative Gewinn (Ebit) der Dax-Konzerne schrumpfte im zweiten Quartal zum dritten Mal hintereinander im Vergleich zur Vorjahreszeit um dieses Mal 97 % auf zusammengerechnet nur 750 Mill. Euro – der mit Abstand niedrigste Wert seit dem dritten Quartal 2002. Selbst in und nach der weltweiten Finanzkrise ab 2007 erzielten die Konzerne in Summe immer zweistellige Milliardengewinne. Das zeigt eine Auswertung des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY. Große UnterschiedeDie Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen sind allerdings groß: Während der Gewinn von Eon sich beinahe vervierfachte auf 940 Mill. Euro, machte Bayer wegen der Rückstellungen für die Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten knapp 10,8 Mrd. Euro Verlust.Der Umsatz der Dax-Konzerne – ohne die Deutsche Bank und Wirecard – schrumpfte zwar nur vergleichsweise moderat um 13 % auf insgesamt 283 Mrd. Euro. Dies war allerdings vor allem auf die Übernahme von Innogy durch den Energiekonzern Eon und die Fusion von T-Mobile US mit Sprint zurückzuführen, ohne die das Minus bei 17 % gelegen hätte. Der Erlös von Continental brach dagegen um 41 % ein, der Umsatz von Volkswagen, Daimler und BMW schrumpfte im Schnitt um ein Drittel. Nur neun GewinnerNeun Dax-Unternehmen schafften immerhin ein Gewinnplus, darunter hinter Eon auch der Wohnungskonzern Vonovia, der Stromerzeuger RWE und der Softwarekonzern SAP. Verlust machten neben Adidas, Bayer und BMW auch Continental, Covestro, Infineon und Volkswagen.”Die Pandemie hat gerade Industrieunternehmen massiv getroffen”, sagte Mathieu Meyer, Mitglied der EY-Geschäftsführung. Werksschließungen und der Lockdown in vielen Ländern hätten zu enormen Einbußen geführt.Meyer erwartet indes eine Erholung im Herbst: “Die Stimmung in der Wirtschaft hat sich zuletzt spürbar verbessert, die Auftragseingänge machen Mut, der befürchtete Einbruch auf dem Arbeitsmarkt ist bislang ausgeblieben. Vor allem aber spricht vieles dafür, dass es selbst bei einer starken zweiten Welle an Infektionen nicht erneut zu flächendeckenden Lockdown-Maßnahmen und somit zu einem Stillstand der Wirtschaft kommen wird.”Deutschlands Topkonzerne können derweil nach wie vor auf erhebliche Finanzmittel zurückgreifen: Zum Ende des ersten Quartals lagen die liquiden Mittel bei 136 Mrd. Euro, das waren 42 % mehr als zu Beginn des Quartals. Während sich das Polster bei Deutsche Wohnen vervierfachte auf 1,3 Mrd. Euro, halbierten sich die flüssigen Mittel bei Heidelberg Cement auf 2,5 Mrd. Euro.Viele Unternehmen haben einschneidende Sparmaßnahmen zur Reduzierung der Mittelabflüsse ergriffen, um Liquidität im Unternehmen zu halten. Zudem konnten einige Konzerne zusätzliche Kredite aufnehmen oder durch die Ausgabe von Anleihen frisches Geld in die Kassen holen.Trotzdem hat der Abbau von Arbeitsplätzen schon begonnen. In Summe haben die Dax-Konzerne 8 000 Stellen gestrichen. Der Rückgang betrug 0,2 % auf 3,564 Millionen Jobs. Auch hier gibt es große Unterschiede: Während Infineon mit 47 000 Stellen rund 12 % mehr Arbeitsplätze aufweist als vor Jahresfrist, sank die Zahl der Beschäftigten bei BMW um rund 7 % auf 126 000. Die Hälfte der Unternehmen meldete sinkende Beschäftigungszahlen.Rückläufig waren auch die Zukunftsinvestitionen: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung gingen um 6 % auf knapp 12 Mrd. Euro zurück. Hoffnungsträger ChinaIm zweiten Quartal des laufenden Jahres verlor der nordamerikanische Markt seine Rolle als Wachstumstreiber: Dort schrumpften die Umsätze bei den Unternehmen, die entsprechende Angaben machen, um 5 %. In Europa wurde ein Rückgang um sogar 24 % verzeichnet, in Asien schrumpfte der Umsatz nur um 4 %.Im ersten Quartal zeigte sich vor allem die Situation in China als Umsatzbremse für viele deutsche Unternehmen. Doch inzwischen hat sich China wieder zum Hoffnungsträger entwickelt. Nicht zuletzt die deutschen Autokonzerne, für die China der wichtigste Absatzmarkt ist, profitieren davon, dass im Reich der Mitte Beschränkungen gelockert wurden und die Kauflust offenbar zurückkehrt.