Dax-Konzerne in rauerem Fahrwasser

Dank Sondereffekten liegt das dritte Quartal auf Rekordhöhe - Zahlreiche Gewinnwarnungen - Jahresendgeschäft schwierig

Dax-Konzerne in rauerem Fahrwasser

wb Frankfurt – Die Fallhöhe steigt: Die Dax-Konzerne haben im dritten Quartal zwar noch so gut verdient wie bisher nur 2016 über den Sommer. Doch die Gewinnwarnungen nehmen zu, und die Aussichten trüben sich immer stärker ein mit Protektionismus und Handelskonflikten. Trotz konjunkturellen Gegenwinds haben die Konzerne von Juli bis Ende September sowohl im Umsatz als auch im operativen Ergebnis und im Cash-flow zugelegt. Der Gesamtumsatz stieg um 3,0 % auf 333 Mrd. Euro, das Ebit addiert um knapp 12 % auf 31,6 Mrd. Euro. Das zeigt eine Auswertung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Die Berichtssaison, die SAP am 18. Oktober gestartet hatte und die für 29 Werte mit dem Bericht von Henkel am 15. November ausgelaufen war, ist nun mit Nachzügler Vonovia komplett.Bereinigt um Währungseffekte aufgrund des starken Euro lag das kumulierte Umsatzwachstum bei 4,1 %. Die große Mehrheit der Unternehmen steigerte die Erlöse, fünf fuhren sogar prozentual zweistellige Plusraten ein. Lediglich vier Konzerne wiesen sinkende Einnahmen aus.Das Ebit der Topkonzerne stieg zwar in Summe um 11,6 %, allerdings verzeichneten immerhin 17 Emittenten Einbußen, Thyssenkrupp rutschte in die roten Zahlen. Zudem wirkten sich Einmaleffekte und Sondereinflüsse positiv aus. Bereinigt um diese Effekte war die Ergebnisentwicklung deutlich weniger stark positiv. So erzielte Bayer einen Veräußerungsgewinn von 3,9 Mrd. Euro vor Steuern im Zusammenhang mit Verkäufen des Saatgut- und Pestizidgeschäfts an BASF. Bei Volkswagen gingen die Diesel-bedingten Belastungen von 2,6 Mrd. auf 800 Mill. Euro zurück. Und Munich Re erhöhte den Gewinn gegenüber der von einigen Großschäden stark belasteten Vorjahreszeit um 2,8 Mrd. Euro. Cash-flow sprudeltIm operativen Cash-flow sind die Konzerne gewappnet: Der Mittelzufluss kletterte um fast die Hälfte auf 35,1 Mrd. Euro, wobei die Telekom mit 4,8 Mrd. vor VW (4,7 Mrd.) und Siemens mit 4,2 Mrd. Euro den Vogel abschießt. VW hortet mit 16,0 Mrd. Euro die höchste Liquidität, gefolgt von Daimler mit 12,4 Mrd. und Siemens mit 11,1 Mrd. Euro. Der Anstieg ist mit 67 % bei Fresenius (auf 2,5 Mrd. Euro) am stärksten, dicht gefolgt von Adidas mit 64 % (auf 2,2 Mrd.). Insgesamt liegt die Liquidität der Emittenten stabil bei knapp 90 Mrd. Euro.Doch sank die Profitabilität vieler Unternehmen: 16 der Dax 30 verzeichneten einen Margenrückgang, nur neun erhöhten ihre Marge. In diesem Jahr haben bereits neun Unternehmen Gewinnwarnungen veröffentlicht, darunter alle vier Unternehmen aus der Autobranche, und Continental gleich zweimal. Die Umstellung auf das neue weltweit einheitliche Abgasprüfverfahren WLTP in Europa führte zu sinkenden Verkaufszahlen in Europa und zu Preiskämpfen. Rückgang in EuropaDiese Sondersituation der PS-Industrie ist auch der Grund für das Umsatzminus von 2,4 %, das die Dax-Konzerne in Europa akkumuliert erwirtschafteten. In Asien entwickelten sich die Geschäfte der Unternehmen hingegen zuletzt sehr positiv. Der in der Region erwirtschaftete Gesamtumsatz stieg um knapp 10 %. Auch in Nordamerika stiegen die Erlöse mit 5,4 % überdurchschnittlich. “Die Weltkonjunktur schwächelt zwar, und der Handelskonflikt zwischen den USA und China führt zu erheblichen Belastungen. Aber auch im dritten Quartal hat die starke internationale Aufstellung der Dax-Konzerne weiteres Wachstum ermöglicht – zumal es auf dem Heimatkontinent zurzeit nicht rundläuft”, sagt Mathieu Meyer, Mitglied der EY-Geschäftsführung. Er rechnet damit, dass auch das vierte Quartal schwieriger verläuft. Denn die Aussichten haben sich eingetrübt, das Wachstum des Welthandels flaut ab und neue Handelsbarrieren werden aufgebaut, was die exportorientierte deutsche Wirtschaft trifft. Hinzu kommen starke Unsicherheiten in Bezug auf den Brexit.Angesichts dieser zum Teil ungünstigen Rahmenbedingungen stünden die meisten Unternehmen aber immer noch bemerkenswert gut da, betont Meyer. “Starke Marktschwankungen, zunehmende Regulierungen, Handelshemmnisse und geopolitische Spannungen gehören inzwischen zur Normalität – darauf haben sich die Unternehmen eingestellt.” Hinzu kommen technologische Umbrüche wie Digitalisierung und der Trend zur Elektromobilität, die traditionelle Geschäftsmodelle bedrohen. Trotz der Umbauten expandieren viele und stärken die Belegschaften: Unterm Strich entstanden im Lauf des vergangenen Jahres mehr als 100 000 Stellen.