Dax-Konzerne sind dem Kodex treu ergeben

Studie der Handelshochschule Leipzig bescheinigt hohe Akzeptanz - Corporate-Governance-Muffel unter den Nebenwerten - Schlusslichter VW und ElringKlinger

Dax-Konzerne sind dem Kodex treu ergeben

swa Frankfurt – Die Akzeptanz des Deutschen Corporate Governance Kodex ist bei großen Konzernen ungebrochen. Allerdings variiert die Treue zum Regelwerk für gute Unternehmensführung und -kontrolle nach wie vor mit der Zugehörigkeit zu einem Börsenindex und der Eigentümerstruktur.Nach der jüngsten Auswertung des Center for Corporate Governance an der Handelshochschule Leipzig erfüllen die Dax- und MDax-Firmen im Durchschnitt 96,8 % der Kodex-Empfehlungen. Die Ergebnisse basieren auf der Analyse der veröffentlichten Entsprechenserklärungen, in denen die Konzerne erläutern, welche Teile des Kodex sie anerkennen und welche nicht. MDax hinkt hinterherDabei liegen die Dax-Werte mit 97,7 % über dem Schnitt, während der MDax mit 96,1 % hinterherhinkt. Nur 2,7 % der Unternehmen lehnen 10 % oder mehr der Kodex-Empfehlungen ab. Verglichen mit dem Vorjahr weist die Dax-Gruppe leicht niedrigere Entsprechensquoten aus, während sich das Bild im MDax leicht besserte – allerdings hat sich auch die Zusammensetzung der Indizes geändert.Ein Drittel der Blue Chips setzt den Kodex nach eigenem Bekunden vollständig um. Das sind Allianz, BASF, Bayer, Beiersdorf, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Deutsche Lufthansa, Munich Re und Siemens. Im MDax verharrte die Quote auf niedrigen 11 %, repräsentiert von Brenntag, Fraport, Metro, MTU Aero Engines und Tui. Die niedrigste Entsprechensquote zeigt im Dax Volkswagen mit 91,4 %. Der Wolfsburger Automobilkonzern übernimmt die goldene Zitrone von Heidelberg Cement. Schlusslicht im Kreis der Mid Caps ist unverändert der Autozulieferer ElringKlinger mit 87,1 % – immerhin verbessert zum Vorjahreswert von 83 %.Die Kodex-Kommission hatte mit den Anpassungen 2012 in der Präambel niedergelegt, dass Abweichungen von den Regeln nicht zwangsläufig als Makel zu betrachten sind. “Eine gut begründete Abweichung von einer Kodex-Empfehlung kann im Interesse einer guten Unternehmensführung liegen”, heißt es seitdem.Die meisten Schwierigkeiten haben die Dax-Firmen mit dem Kodex-Kapitel, das sich um Aufgaben, Vergütung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats dreht. Knackpunkte liegen zudem in den Vorgaben zur Vorstandsvergütung, wobei hier nur Teile der Regeln auf Kritik stoßen: speziell die Modalitäten für eine Abfindungsobergrenze beim Ausscheiden eines Managers oder bei einer Übernahme des Unternehmens sorgen für Abweichungen. Auch die Altersgrenzen für Vorstandsmitglieder werden nicht überall goutiert.Im MDax betrifft ein Drittel der Abweichungen das Thema Diversity und konzentriert sich auf den Satz: “Bei der Zusammensetzung des Vorstands soll der Aufsichtsrat auch auf Vielfalt (Diversity) achten und dabei insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen anstreben.” Dazu erklären die Firmen in der Regel, dass sie die Empfehlungen zwar grundsätzlich anerkennen, sich jedoch nicht durch starre Regeln einengen lassen möchten. Der Wortlaut wird hier nach Einschätzung der Studienautoren im Zweifel eher restriktiv ausgelegt.Nicht unterwerfen wollen sich zahlreiche MDax-Firmen den Vorgaben zur Organisation der Ausschüsse im Aufsichtsrat. Manche Unternehmen sehen aufgrund der geringen Größe des Kontrollgremiums keinen Sinn darin, überhaupt Ausschüsse zu bilden.Doch die Abwehr betrifft nicht nur die Struktur, sondern auch grundsätzliche Themen, wie die Besetzung der Gremien. Hier geht es um die Vorgabe, wonach der Vorsitzende des Prüfungsausschusses unabhängig und kein ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft sein soll, dessen Bestellung vor weniger als zwei Jahren endete. Die Ablehnung dieser Regel trifft einen elementaren Punkt der Corporate Governance. Somit halten einige MDax-Firmen an einem nach Definition des Kodex nicht unabhängigen Ausschussvorsitzenden fest. Laut Studie betrifft das Hannover Rück, Hochtief, MAN und Südzucker. “Höchstvorsorglich”Volkswagen, wo Ferdinand Oliver Porsche das Audit Committee leitet, schreibt in der Entsprechenserklärung, nach den Formulierungen des Kodex sei unklar, ob der Prüfungsausschussvorsitzende unabhängig sei. Der Autokonzern räumt ein, dass die gegebenenfalls fehlende Unabhängigkeit sich aus verschiedenen Funktionen heraus ergeben könnte: seiner Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Porsche Automobil Holding SE, der Verwandtschaft zu anderen Mitgliedern des Aufsichtsrats und der Porsche Automobil Holding, seiner indirekten Minoritätsbeteiligung an der Porsche Automobil Holding sowie vertraglichen Beziehungen zu anderen Mitgliedern der Familien Porsche und Piëch, die ebenfalls direkt oder mittelbar an der Porsche Automobil Holding beteiligt sind. Diese Beziehungen begründen aber nach Auffassung von Aufsichtsrat und Vorstand weder einen Interessenkonflikt noch beeinträchtigten sie die Amtsführung des Prüfungsausschussvorsitzenden. “Höchstvorsorglich” werde jedoch die Ausnahme vom Kodex erklärt, so Volkswagen. Frage der AktionärsstrukturAm wenigsten akzeptiert ist die Kodex-Empfehlung zur Aufsichtsratsvergütung, wobei das für viele Konzerne ein vorübergehendes Phänomen sein wird. Nachdem viele große Unternehmen auf reine Festvergütung übergehen, hatte die Kodex-Kommission die Regelungen angepasst und damit diejenigen Gesellschaften kalt erwischt, die ihre Aufsichtsräte noch mit kurzfristigen variablen Anteilen erfolgsabhängig bezahlen. Denn im Kodex heißt es nun: Wird den Aufsichtsratsmitgliedern eine erfolgsorientierte Vergütung zugesagt, soll sie auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet sein.Bestätigt hat die Studie auch den seit Etablierung des Kodex zu beobachtenden Zusammenhang, wonach die Akzeptanz der Empfehlungen mit der Unternehmensgröße zunimmt. Wird nach der Eigentümerstruktur differenziert, dann zeigen sich Gesellschaften mit hohem Streubesitz dem Kodex stärker verpflichtet als Firmen, die im Besitz von Großaktionären sind.