DB Cargo kommt nicht auf Touren

Verkauf von rollendem Material soll Bilanz entlasten- Güterwagenflotte hat sich seit 2000 fast halbiert

DB Cargo kommt nicht auf Touren

Die Deutsche Bahn plant, sich im großen Stil von rollendem Material der Güterverkehrssparte DB Cargo zu trennen. In einem ersten Schritt könnten bis zu 5 000 Waggons und 150 Loks abgekuppelt werden, um die Bilanz zu entlasten. Insgesamt verfügt die Güterbahn über 65 000 Waggons und knapp 2 000 Lokomotiven.sp Berlin – Die Deutsche Bahn kommt in ihrer Güterverkehrssparte nicht auf Touren, dafür aber auf neue Ideen. Um nach 2015 ein neuerliches Abgleiten des Staatskonzerns in die roten Zahlen zu verhindern, schlägt Bahnchef Richard Lutz offenbar vor, Lokomotiven und Waggons von DB Cargo im großen Stil zu verkaufen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf interne Unterlagen (vgl. BZ vom 20. Dezember). Demnach will die Bahn in einem ersten Schritt bis zu 150 Loks und 5 000 Güterwaggons in eine neue Gesellschaft auslagern und diese verkaufen. Das soll nicht nur einen Erlös in Höhe von rund 1 Mrd. Euro bringen, sondern der Deutschen Bahn auch milliardenschwere Sonderabschreibungen ersparen. Ab 2029 soll DB Cargo demnach ihren gesamten Bedarf an rollendem Material über die neu zu gründende Gesellschaft decken.Bei der Bahn kommentiert man die Aufsichtsratspapiere zur Mittelfristplanung nicht, bestätigt aber, dass der Verkauf von rollendem Material in diesem Umfang für den Konzern etwas Neues wäre. Für die Branche insgesamt und insbesondere für die nichtstaatlichen Wettbewerber der Bahn im Güterverkehr ist es dagegen nicht ungewöhnlich, angemietete Waggons oder die Waggons von Kunden zu ziehen. “Wenn sie es nicht mit einer Staatsbahn zu tun haben, ist es nicht unüblich, dass die Lok dem Unternehmen gehört, die Waggons aber nicht”, sagt ein Sprecher des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), eines der acht großen Branchenverbände, in dem die meisten Wettbewerber der Bahn im Güterverkehr organisiert sind. Durchschnittsalter 30 JahreDas Thema sei nicht neu, heißt es auch beim Verband der Güterwagenhalter in Deutschland (VPI), in dem Vermieter von Güterwaggons wie die Hamburger VTG, der US-Konzern Gatx oder Ermewa, eine Tochter der französischen Staatsbahn SNCF, organisiert sind, die gemeinsam rund 75 000 Güterwaggons auf die Gleise bringen. Auch eine Reihe von staatlichen Bahnen, insbesondere in Osteuropa, habe sich in der Vergangenheit von Eigentum an rollendem Material getrennt, um nichts mehr mit der Instandhaltung zu tun zu haben und die Bilanz zu entlasten, heißt es beim VPI.Bei der Flotte von DB Cargo geht es um 65 000 Güterwagen mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren, wie die Bundesregierung im Frühjahr auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion antwortete. Im Jahr 2000 hatte die Güterbahn noch rund 120 000 bahneigene Waggons im Einsatz. Auch die Zahl der Lokomotiven von DB Cargo ist deutlich gesunken, wobei Zahlen erst ab 2004 vorliegen. Seither hat die Gütersparte fast 900 Lokomotiven oder rund ein Drittel des Bestands abgebaut und kam zuletzt noch auf 1 893 Lokomotiven, die im Durchschnitt seit 28 Jahren im Dienst stehen. Ähnlich hat sich in den vergangenen Jahren das Transportvolumen von DB Cargo entwickelt, das im Jahr 2000 bei knapp 287 Mill. Tonnen lag und im vergangenen Jahr noch 186 Mill. Tonnen erreichte. Allein in den vergangenen zehn Jahren ist der Marktanteil der Bahn im Güterverkehr gemessen an der gesamten Verkehrsleistung der Schiene in Tonnenkilometern von 75 % auf zuletzt nur noch 49 % gesunken (siehe Grafik).Trotz der fortgesetzten Appelle des Bundes als Eigentümer sind die Bemühungen der Bahn, im Güterverkehr die Weichen Richtung Erfolg zu stellen, erfolglos geblieben. Den Unterlagen zur Mittelfristplanung zufolge erwartet die Bahn in der Sparte europaweit erst 2023 wieder schwarze Zahlen, zwei Jahre später als bisher geplant. In Deutschland soll es sogar erst 2024 wieder Gewinn geben. Für die Bundesregierung, die aus Klimagründen mehr Verkehr auf der Schiene sehen will, sind aber besonders die Zahlen zur Verkehrsleistung bedenklich. Sie wurden gegenüber der bereits zusammengestrichenen Planung von 2018 noch einmal gekürzt: Mit 63 Mrd. Tonnenkilometern sollen im kommenden Jahr 10 Mrd. weniger gefahren werden als bisher geplant. Der Aufsichtsrat soll die Pläne in einer Sondersitzung nach dem Jahreswechsel beraten.