Defizit von Leoni höher als befürchtet
jh München – Der Nürnberger Autozulieferer Leoni weist nach vorläufigen Zahlen für das vergangene Jahr einen Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 384 Mill. Euro aus. Im Jahr zuvor war das Ebit mit 144 Mill. Euro positiv. Ohne die Kosten für ein Restrukturierungsprogramm mit Stellenabbau und ohne Sondereffekte waren es nun -66 Mill. Euro. Nach Ansicht von Analysten fiel der berichtete Verlust höher als befürchtet aus. In der Bordnetzsparte belasteten Drohverlustrückstellungen im vierten Quartal das Ebit mit 80 Mill. Euro.Leoni begründete diese Rückstellungen damit, dass sich die Rahmenbedingungen für ein Großprojekt verändert hätten. Für das Projekt hatte Leoni Ende 2016 geboten und 2017 den Zuschlag erhalten. Später habe der Kunde den geplanten Standort in ein anderes Land verlagert, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Zudem verschiebe sich das Produktionsvolumen innerhalb der Laufzeit des Projekts, das gerade in der Hochlaufphase sei. Mit dem Kunden würden Gespräche über die Verteilung der Belastungen geführt. Umsätze des Projekts erwartet Leoni von 2021 an. Dann könnten Verluste über mehrere Jahre liquiditätswirksam werden.Der Konzernumsatz des Herstellers von Autobordnetzen, Kabeln und Drähten sank 2019 auf 4,8 (i.V. 5,1) Mrd. Euro. Positiv entwickelte sich mit 84 Mill. Euro im vierten Quartal der freie Cash-flow. Fürs gesamte Jahr ergab sich somit ein Mittelabfluss von 308 Mill. Euro. Die liquiden Mittel des Konzerns verringerten sich damit von 1 Mrd. auf 624 Mill. Euro, nahmen jedoch in den letzten drei Monaten um 41 Mill. Euro zu. Der Aktienkurs von Leoni sank am Dienstag um 6,3 % auf 10,42 Euro. Vor zwei Jahren waren es noch 60 Euro. “Positive Überraschung”Nach Ansicht der Analysten von Mainfirst und von J.P. Morgan ist der freie Cash-flow im Schlussquartal eine positive Überraschung. Ein Anziehen des Auftragseingangs sei dagegen noch nicht zu erkennen, stellt J.P. Morgan fest. Der Umsatz im vierten Quartal sei um 5 % gesunken, berichtete der Sprecher von Leoni. Nur aufgrund von Rundungen erscheint er mit 1,2 Mrd. Euro stabil.Neben der Drohverlustrückstellung wegen des Großprojekts mit einem Autokunden belastete eine Abwertung von Anlagen im anderen Segment, der Kabelsparte, das Ebit im vierten Quartal. Leoni bezifferte diese Wertminderung auf 20 Mill. Euro. Zu dem in diesem Jahr angestrebten Teil- oder Komplettverkauf des Kabelgeschäfts sagte der Sprecher, es gebe keinen neuen Stand. Im November hatte der Vorstandsvorsitzende Aldo Kamper von Interessenten unter Finanzinvestoren und in der Branche berichtet.Die Kabelsparte erzielte 2019 einen Umsatz von 1,8 (1,9) Mrd. Euro und weist ein Ebit von -14 (66) Mill. Euro aus. Wesentlich höher ist der Verlust mit 370 Mill. Euro in der Bordnetzsparte. Hier sank der Umsatz auf 3,0 (3,2) Mrd. Euro. Wegen der Prüfung von Sondereffekten und der Drohverluste verschiebt Leoni die Veröffentlichung des Jahresabschlusses vom 17. auf 30. März.In den nächsten Wochen wird das Unternehmen auch das Ergebnis eines Sanierungsgutachtens bekannt geben. Mit dem im Dezember angekündigten Schritt will das Unternehmen Banken zur Umstrukturierung von Kreditlinien bewegen. Im nächsten Monat wird die Rückzahlung eines Schuldscheindarlehens im Volumen von 170 Mill. Euro fällig. Im Herbst folgt die zweite Tranche von rund 25 Mill. Euro. – Wertberichtigt Seite 6