Deflationäres Umfeld belastet Nestlé

Preiserhöhungen kaum möglich - Wachstumsziel verfehlt - Investoren warten auf neuen CEO Schneider

Deflationäres Umfeld belastet Nestlé

Vor dem Amtsantritt des früheren Fresenius-Chefs Ulf Schneider als CEO präsentiert sich Nestlé in gewohnt stabiler, aber wachstumsschwacher Verfassung. Das deflationäre Umfeld in den Industrieländern und “Herausforderungen” in China, dem für den Lebensmittelmulti zweitwichtigsten Markt, verhindern Preiserhöhungen.wb Frankfurt – Nestlé weist für das erste Semester 2016 das schwächste Umsatzwachstum seit 2009 aus und räumt ein, dass es schwierig sei, die Preise zu erhöhen. Die Aktie des 254 Mrd. sfr schweren Konzerns legte gestern dennoch um 1,3 % zu, was Beobachter als Vorschusslorbeeren für den Anfang 2017 antretenden CEO Ulf Schneider werten, der Ende Juni seinen Job als Chef des Gesundheitskonzerns Fresenius abgegeben hatte. Von ihm wird erwartet, dass er den Fokus stärker auf Ernährung und Gesundheit legt. Und das auch mit Portfolioumschichtungen.”Preisanpassungen erreichten einen historischen Tiefststand”, berichtet Nestlé. In den vorigen zehn Jahren drehten die Schweizer im Mittel um 2,6 % p. a. an der Preisschraube. Im ersten Halbjahr waren es gerade 0,7 %. In Brasilien und Russland habe Nestlé bereits Produkte verteuert. Demnächst soll Großbritannien folgen, denn nach der Pfund-Abwertung sind die Rohstoffpreise deutlich gestiegen. Deutliche Aufschläge dürften aber auch im zweiten Halbjahr kaum gelingen. Unter den ErwartungenNicht nur in Europa, Nahost und Nordafrika zollte Nestlé der Deflation Tribut, auch in Asien und Afrika wurde reduziert. In diesen Märkten holte der Multi mit Marken wie Perrier, Kitkat, Nespresso, Buitoni, Maggi oder Mövenpick-Eis drei Viertel der Erlöse von 43,2 Mrd. Euro im Halbjahr. Anders als Nestlé hatten die Rivalen Unilever und Danone mit ihren Zwischenbilanzen die Erwartungen geschlagen. Nestlés Umsatzplus beträgt 3,5 %, der Markt hatte 3,7 % auf der Rechnung.CEO Paul Bulcke bestätigt die Prognose für 2016, zu deren Erfüllung allerdings beschleunigt werden muss. Für 2016 wird ein Plus von 4,2 % erwartet, was bedeutet, dass von Juli bis Dezember ein Plus von 5 % geschafft wird. Auch bleibt es bei dem Ziel, zu konstanten Wechselkursen eine Steigerung der Margen und im bereinigten Gewinn zu schaffen. An den mittelfristigen Ambitionen eines Wachstums von 5 bis 6 % wird ebenfalls nicht gerüttelt, doch es wird seit drei Jahren unterschritten. Positiv fällt auf, dass die Probleme mit Maggi-Nudeln in Indien nun der Vergangenheit angehören.”Unsere Bruttomarge und unser operatives Ergebnis wuchsen durch weitere Premiumisierung, fortwährende Kostendisziplin und Rückenwind von den Inputkosten”, betont Bulcke. Die Bruttomarge stieg um 1,3 Prozentpunkte. Die operative Marge legte minimal auf 15,3 % zu. Denn es wurden die Ausgaben für Marketing sowie Forschung und Entwicklung erhöht. Nestlé hatte im Mai angekündigt, dass die Marge von 2019 an nach Einsparungen um 2 Punkte steigen solle.Netto steht per Ende Juni ein Reingewinn von 4,1 (i.V. 4,5) Mrd. sfr zu Buche. Der Rückgang wird mit einer Anpassung der latenten Steuern um 500 Mill. sfr wegen des neuen Steuergesetzes begründet. Auf die tatsächliche Steuerquote hat diese Rückstellung keinen Einfluss.Unter den einzelnen Sparten war das organische Umsatzwachstum mit Tiernahrung und Getränken in flüssiger und Pulverform mit 5,6 beziehungsweise 5,2 % am stärksten. Süßwaren, wo der Wettbewerb in den USA mit Mars, Mondelez oder Hershey hart ist, und Nutrition – in China verlor Nestlé wegen Preisdrucks für Säuglingsnahrung Marktanteile – nahmen einen leichten Rückgang in der operativen Marge hin. Diese stieg am stärksten bei Fertiggerichten und Küchenprodukten.