Der Lieferdienst Delivery Hero ist im Startquartal 2022 zwar kräftig gewachsen und sieht sich auf gutem Weg zur angestrebten Profitabilität. Doch Investoren reagierten am Donnerstag zunächst ernüchtert auf das Trading Update. Die Aktie fiel auf den tiefsten Stand seit 2017, dem Jahr des Börsengangs. Erst mit dem Analystencall ab 14 Uhr drehte der Kurs klar in die Pluszone.

Die Kursturbulenzen reflektieren Skepsis und Ungeduld unter Anlegern zum Ertragsausblick. Denn im vergangenen Jahr fielen die Zahlen abermals tiefrot aus. Unter dem Strich stehen 1,1 Mrd. Euro Verlust. Das entspricht 19 % des ausgewiesenen Umsatzes, geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Ge­schäftsbericht hervor. Im Vorjahr lag der Fehlbetrag bei 1,4 Mrd. Euro.

Der Marketingaufwand absorbierte 2021 mit 1,3 Mrd. Euro 22 % des Konzernumsatzes. Dieser legte von 2,47 Mrd. Euro im Jahr 2020 auf 5,86 Mrd. Euro zu. Das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag mit 780,6 Mill. Euro ebenfalls im roten Bereich. Damit bewegte sich der operative Verlust bei 2,2 % des über die Plattform verkauften Bruttowarenwerts (GMV).

Laut CFO Emmanuel Thomassin ist das Management zuversichtlicher denn je, wie angekündigt im Geschäftsjahr 2022 im Plattformgeschäft, also dem Geschäft mit Restaurantessen, die Gewinnschwelle zu erreichen, bezogen auf das adjustierte Ebitda. Für das Segment Integrated Verticals, das im Wesentlichen die Auslieferung von Supermarktartikeln umfasst, kalkuliert das Management mit bis zu 525 Mill. Euro operativem Verlust. In Summe soll sich das adjustierte Ebitda zwischen minus 1,0 % und minus 1,2 % des GMVs bewegen. Hinzu kommen die Verluste der neuen Tochter Glovo, deren Übernahme Delivery Hero nun zu Beginn des dritten Quartals unter Dach und Fach bringen will.

Für 2023 peilt das Management auf Konzernebene einschließlich der derzeit hochdefizitären Glovo operativ den Break-even an. Die Profitabilität werde der Konzern erreichen, indem er weiter wachse, Kosten senke und Liefergebühren anpasse, sagt CEO und Mitgründer Niklas Östberg. Einschließlich Glovo sei der Konzern in 74 Ländern vertreten.

Für Irritationen sorgt auch, dass Delivery Hero neuerdings keine Angaben zu den Bestellungen mehr macht. Östberg begründet die ­Entscheidung damit, dass nun das Erreichen der Profitabilität im ­Vordergrund stehe. Verlustbringende Bestellungen würden entweder profitabel gemacht oder abgeschnitten.

In den ersten drei Monaten brachte Delivery Hero die Segmentumsätze, also die Konzernerlöse vor Abzug von Gutscheinen, um die Hälfte auf 2,05 Mrd. Euro voran, während der Bruttowarenwert um 31 % auf gut 10,1 Mrd. Euro expandierte. Zum Quartalsergebnis macht Delivery Hero keine Angaben. Im Gesamtjahr sollen die Segmenterlöse auf 9,5 Mrd. bis 10,5 Mrd. Euro und der GMV auf 44 Mrd. bis 45 Mrd. Euro klettern.

Delivery Hero sei gut ins Jahr gestartet, bestätigt die Schweizer Großbank UBS. Der Ausblick sei in jeder Hinsicht bestätigt worden. Laut der britischen Investmentbank Barclays haben die Quartalszahlen mehr oder weniger den Erwartungen entsprochen.

Im neuen Geschäft mit der schnellen Auslieferung von Supermarktartikeln hat Delivery Hero in den ersten drei Monaten noch 48 neue Lagerhäuser eröffnet nach 213 im Vorquartal. Der Höhepunkt der Investitionen sei überschritten. Nun liege der Fokus auf Auftragsvolumina und operativer Effizienz, um die Bruttomarge zu verbessern.

Kein Interesse zeigt Östberg am US-Essensdienst Grubhub, den die britisch-niederländische Just Eat Takeaway nur ein Jahr nach der Übernahme wieder ins Schaufenster gestellt hat. „Delivery Hero schaut von der Seitenlinie zu“, sagt der CEO der Nachrichtenagentur Reuters. Er habe keine Idee, wer Interesse an Grubhub haben könne.

Wertberichtigt Seite 8