Der Charme der Glasfaser

Von Heidi Rohde, Frankfurt Börsen-Zeitung, 20.10.2020 Seit Telefónica ihr Glasfaser-Projekt in Deutschland angekündigt hat, rennt Private Equity den Spaniern die Bude ein. Zwischenzeitlich war sogar von einer Aufstockung des Investment-Vehikels die...

Der Charme der Glasfaser

Von Heidi Rohde, FrankfurtSeit Telefónica ihr Glasfaser-Projekt in Deutschland angekündigt hat, rennt Private Equity den Spaniern die Bude ein. Zwischenzeitlich war sogar von einer Aufstockung des Investment-Vehikels die Rede. Während Antin Infrastructure und Brookfield neben Allianz Capital Partners anfangs auf der Shortlist standen, hat sich der Private-Equity-Arm des Versicherers nun offenbar durchgesetzt. Dem Vernehmen werden Allianz und Telefónica je die Hälfte der Anteile an dem mit 2,4 Mrd. Euro ausgestatteten Glasfaser-Unternehmen halten. Details sollen binnen Wochenfrist finalisiert werden. NachzüglerDie neue Gesellschaft, in die auch die Tochter Telefónica Deutschland investieren will, soll von der deutschen Nachzüglerposition beim Glasfaserausbau profitieren. Direkte Glasfaseranschlüsse bis in Gebäude (FTTB) oder Wohnungen (FFTH) sind hierzulande Mangelware. Ihr Anteil liegt im niedrigen einstelligen Bereich. Die neue Telefónica-Tochter betritt zwar Brachland, aber kein Neuland. Den Konkurrenten der neuen Gesellschaft hat zuvor schon der schwedische Finanzinvestor EQT geschmiedet. Die Schweden verleibten ihrem Infrastructure IV-Fonds in kurzer Folge Inexio und Deutsche Glasfaser ein und formten so einen Konkurrenten für die Telekom.Kurze Zeit später macht EQT nun mit Übernahmeplänen für den niederländischen Telekommunikationskonzern KPN von sich reden. Auch hier dürfte das strategische Interesse vor allem der Glasfaserinfrastruktur gelten. Denn der Konzern hat selbst frühzeitig im Joint Venture mit Reggefiber begonnen, Glasfaser in den Niederlanden auszubauen, so dass der Anteil von erschlossenen Haushalten immerhin bereits 18,5 % beträgt. Spielraum für Wachstum ist gleichwohl noch. SchnäppchenpreisZugleich ist der Wettbewerb auf dem niederländischen Telekommunikationsmarkt mörderisch. Der Umsatz von KPN ist seit Jahren im Rückwärtsgang, die Ertragskraft konnte nur mit umfassenden Sparprogrammen halbwegs stabilisiert werden. Für Kursfantasie an der Börse reichte das nicht. Der Aktienkurs ist ein Abbild der schrumpfenden Geschäfte. In den vergangenen fünf Jahren haben die KPN-Titel rund 35 % an Wert verloren, allein in diesem Jahr 15 %. Die Marktkapitalisierung war vor Bekanntwerden der EQT-Pläne auf 9,4 Mrd. Euro zusammengeschrumpft – ein attraktiver Preis für das FTTB-Netzwerk, das bis Ende 2021 rund 3 Millionen Kunden anschließen dürfte. In der Telekombranche fehlt es seit Jahren an Zündfunken für die Kurse. Die Bewertungen liegen im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich für den Faktor des operativen Ergebnisses (Ebitda) bezogen auf die Marktkapitalisierung, im Falle von KPN beim etwa 4,5-fachen Ebitda. Die Kurse reflektieren nirgendwo den Wert der Glasfaser-Infrastruktur (oder auch der Tower-Assets), insbesondere nicht bei den Unternehmen, die hier schon einen nennenswerten Ausbau vorzuweisen haben.Wie es EQT allerdings gelingen könnte, den Wert der Infrastruktur-Assets von KPN zu heben, erscheint fraglich. Jegliche “Amputationspläne” im Netzbereich dürften den Widerstand gegen eine “billige” Komplettübernahme des Konzerns erhöhen. Das Unternehmen kann dabei auf Schützenhilfe der Stiftung zählen, die schon bei der Attacke des Mexikaners Carlos Slim eine Übernahme verhindert hat. Auch Letzterer würde seine Anteile wohl kaum billig abgeben Der Kursanstieg der KPN-Aktie zeigt gleichwohl, dass es dennoch Deal-Fantasie gibt.——Allianz kommt beim Infrastruktur-Vehikel von Telefónica zum Zuge, EQT schielt nun auf KPN.——