WAS BLEIBT VON "MADE IN GERMANY"?

Der Diesel hat den Zenit überschritten - Abgasreinigung kommt immer teurer

Autobauer brauchen aber den Selbstzünder noch für EU-CO2-Vorgaben

Der Diesel hat den Zenit überschritten - Abgasreinigung kommt immer teurer

Von Peter Olsen, FrankfurtFahrzeuge mit Dieselantrieb gelten als besonders sparsam. Dass sie erst in der jüngeren Vergangenheit am westeuropäischen Pkw-Markt mit den Benzinern gleichziehen und in einigen Ländern sogar zur dominanten Antriebsart werden konnten, geht auf steuerliche Besonderheiten und technische Fortschritte zurück. Denn einst waren die Selbstzünder ziemlich lahme Gefährte, dem Einsatz bei Traktoren, im Lkw und bei Mercedes den Taxis vorbehalten. Startschuss von VWDas änderte sich Mitte der siebziger Jahre mit dem Aufkommen erster schnelllaufender Dieselmotoren, die beispielsweise im ersten VW Golf zum Einsatz kamen. Richtig in Fahrt kam der Dieselboom dann erst mit den TDI-Motoren der Tochter Audi. Dennoch: Ein Dieselfahrzeug war stets teurer als ein vergleichbarer Benziner. In Deutschland war die Kfz-Steuer höher, und bis dieser finanzielle Nachteil über den niedrigeren Verbrauch eingefahren werden konnte, waren jährlich Strecken von 15 000 und mehr Kilometer zu meistern. An diesem Rechenexempel hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Dem Vorteil, dank höherer Verdichtung und Verbrennungstemperatur den Sprit sparsamer zu nutzen und weniger des Klimakillers CO2 als ein Ottomotor auszustoßen, steht beim Diesel aber der zugleich steigende Ausstoß an Stickoxiden gegenüber – der Auslöser von VW-Dieselgate in den USA.Technisch gesehen sind Emissionen von Benzinmotoren leichter zu reinigen als die vom Diesel. Und mit jeder Verschärfung der Abgasnormen nimmt der Aufwand mit dem Einsatz unterschiedlicher Katalysatoren sowie Zugabe von Harnstoff (AdBlue) zu. Die Ingenieure haben dabei mit Zielkonflikten zu kämpfen, kann doch die Abgasnachbehandlung den Verbrauchsvorteil des Diesels reduzieren.Die Dieseltechnik ist eine europäische Nische mit spezieller deutscher Ausprägung. Dabei liegen die Dieselanteile in Nachbarländern wie Frankreich, Italien oder Großbritannien teils deutlich über dem deutschen Niveau (siehe Tabelle). Und es gilt die Faustregel, je kleiner das Fahrzeug, desto geringer der Einsatz des vergleichsweise teuren Dieselaggregats. Kein Wunder also, dass die vornehmlich im Premiumbereich antretenden deutschen Hersteller wie Audi, BMW und Mercedes in Deutschland besonders hohe Dieselanteile haben. Um den Gewichtsnachteil von SUV auszugleichen, hat hier der Diesel meist Vorfahrt. Und auf Betriebskosten achtende Flottenmanager von Unternehmen setzen bei Dienstwagen der gehobenen Mittelklasse ebenfalls auf den Diesel. Pfeifen im WaldSchon deshalb wird – sollten die steuerlichen Vorgaben unverändert bleiben und keine Fahrverbote für Innenstädte kommen – der Diesel noch für Jahre eine große Bedeutung haben. Den Zenit in der Marktdurchdringung aber dürfte er gleichwohl überschritten haben. Für kleinere Fahrzeuge wird sich das mit den schärferen Abgasnormen noch teurere Aggregat nicht mehr rechnen – weder für Hersteller noch für Nutzer. Dabei können die Hersteller auf den Diesel mit Blick auf die ab 2020 geltenden EU-Abgasnormen von durchschnittlich 95 Gramm CO2 je Kilometer nicht verzichten. Dennoch klingt es wie das Pfeifen im Walde, wenn der Verband der Automobilindustrie (VDA) deklamiert, “der Diesel ist kein Auslaufmodell”.