Der Klügere gibt nach
Von Sebastian Schmid, New YorkHätte der ehemalige texanische Gouverneur Rick Perry seine Präsidentschaftskandidatur 2012 nicht in den Sand gesetzt, hätte Volkswagen in den USA heute eventuell keine Probleme. Perry wollte die Umweltbehörde EPA ebenso abschaffen wie zwei weitere Behörden, von denen ihm eine in einer Debatte leider spontan entfiel. Spätestens dieser Lapsus besiegelte die ohnehin zum Scheitern verurteilte Kandidatur des als “einfach” geltenden US-Politikers.Bei Volkswagen hatten offenbar einige darauf spekuliert, dass Perry das Rennen macht. Zumindest wäre das eine Erklärung für die riskante Strategie, die mit den Diesel-Fahrzeugen in den USA gefahren wurde. Doch wer nun glaubt, Volkswagen habe in den vergangenen Wochen so allmählich verstanden, dass mit US-Behörden nicht zu spaßen ist, wird aktuell eines Besseren belehrt. Jüngste Anschuldigungen der EPA, der Betrug habe sich nicht auf die Zwei-Liter-Dieselmotoren beschränkt, sondern betreffe auch Drei-Liter-Dieselmotoren bei Porsche, VW und Audi, wurden im Eiltempo zurückgewiesen. Frische Straßentests der EPA hätten gezeigt, dass die Grenzwerte bis zu neunfach übertroffen werden. Volkswagen “wusste oder hätte wissen müssen”, dass in den Fahrzeugen Software installiert sei, die helfe, Emissionskontrollen zu umgehen, hieß es in einer Mitteilung.Insgesamt geht es dabei zunächst um rund 10 000 Fahrzeuge. Doch die VW-Gruppe sieht sich offenbar zu Unrecht am Pranger und streitet eine Manipulation der Emissionswerte bei Sechs-Zylinder-Motoren kategorisch ab. Man werde mit der EPA aber voll kooperieren.Es ist zu hoffen, dass VW nicht nur versucht, den von Porsche gekommenen Vorstandschef Matthias Müller zu schützen, wie mancher US-Analyst mutmaßt. Unabhängig vom Motiv sollte VW die US-Behörden besser nicht herausfordern. In den vergangenen Jahren haben Banken oft teure Vergleiche abgeschlossen, selbst wenn sie sich teils zu Unrecht der Kritik ausgesetzt sahen. Die Optionen der US-Behörden, dem deutschen Autobauer das Leben schwer zu machen, sind weitreichend. Als Toyota vor einigen Jahren wegen angeblich plötzlicher Beschleunigung einiger Fahrzeugtypen im Fokus der Kritik stand, einigten sich die Japaner mit US-Justizminister Eric Holder letztlich auf eine Rekordstrafe von 1,2 Mrd. Dollar – obwohl Untersuchungen ergeben hatten, dass im Gros der Fälle eindeutig nicht Fahrzeugversagen, sondern ein Fahrfehler ursächlich für die Unfälle war. Der Klügere gibt nach – insbesondere im Streit mit US-Behörden. Mittlerweile ziehen die US-Verkaufszahlen von Toyota wieder an. ——–VW streitet neue Anschuldigungen der EPA ab. Entscheidend ist indes nicht nur, wer recht hat.——-