IM GESPRÄCH: ANDREAS FIBIG

Der Konsument gibt die Geschmacksrichtung vor

IFF-Chef hält Innovationskraft für entscheidend - Konsolidierung unter Duft- und Aromenherstellern weitgehend abgeschlossen

Der Konsument gibt die Geschmacksrichtung vor

Von Annette Becker, FrankfurtDie Konsolidierung unter den Duft- und Aromenherstellern ist so gut wie abgeschlossen. Mit der Übernahme der israelischen Frutarom hat sich International Flavors & Fragrances (IFF) im vorigen Mai praktisch den letzten großen Fisch außerhalb des bestehenden Oligopols geangelt. Für weiteres Wachstum sind die Branchengrößen künftig vor allem auf ihre Innovationskraft angewiesen, wie Andreas Fibig, CEO und Chairmann von IFF, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erläutert.Die großen vier der Branche – Givaudan, IFF, Symrise und Firmenich – bringen es in dem Markt, dessen Volumen Fibig auf 25 Mrd. Dollar taxiert, zusammen auf einen Anteil von etwa 70 %. Dabei steht Givaudan auch nach der Frutarom-Akquisition mit knapp 20 % unangefochten an der Spitze, auf Platz 2 folgt nach eigenen Angaben IFF mit 17 %. Symrise und Firmenich, die Fibig aufgrund der privaten Eigentümerschaft als “das Boehringer Ingelheim in unserer Branche” bezeichnet, liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Rang 3. Etwaige Fusionsüberlegungen unter den Branchenführern dürften sich insofern allein aus kartellrechtlichen Erwägungen verbieten. Größere Übernahmeziele, also Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. Dollar, gebe es dagegen nur noch in Japan. Hohe F&E-QuoteAngesichts der schwindenden Möglichkeiten, über Akquisitionen zu wachsen, kommt dem Thema Forschung & Entwicklung (F&E) entsprechend große Bedeutung zu, wie Fibig unter Verweis auf die mit 8 % bis 9 % vergleichsweise hohe F&E-Quote in seiner Industrie sagt. Die Kundschaft – allen voran die großen Konsumgüter-Multis – stecke dagegen nur 1 % bis 2 % des Jahresumsatzes in Forschung. Von daher sieht sich Fibig, der den Großteil seiner beruflichen Laufbahn in der Pharmaindustrie verbrachte, bei IFF auch gut aufgehoben. Ihn reize die Kombination aus Wissenschaft und Kreativität. Mit der Frutarom-Übernahme, die angesichts eines Multiples vom 20-Fachen des operativen Ergebnisses nicht gerade als Schnäppchen gilt, hat IFF letztlich aber auch eine wichtige Lücke geschlossen, basieren drei Viertel des Portfolios von Frutarom doch auf natürlichen Rohstoffen. Und genau hier liegt die Zukunft, weisen die Geschäftsfelder natürliche Farben, natürliche Inhaltsstoffe – sie werden benötigt, um beispielsweise die Haltbarkeit von Nahrungsmitteln zu verlängern – oder gesundheitsfördernde Ernährungszusätze doch deutlich über dem Marktdurchschnitt von 3 % bis 4 % liegende Wachstumsraten auf. Fleischlos heißt mehr Aroma “Alle großen Duft- und Aromenhersteller suchen nach Nischen, die an ihr Kerngeschäft angrenzen”, umschreibt Fibig das Bestreben der Wettbewerber nach Differenzierung. IFF beispielsweise habe mit Frutarom auch eine brasilianische Gesellschaft erworben, die sich auf hochwertige Inhaltsstoffe für Speiseeis spezialisiert habe. Der Markt der “gelato ingredience” sei zwar klein, doch hoch attraktiv.Das Wachstum speist sich aus diversen Quellen: Zum einen ersetzen natürliche Aromastoffe zunehmend synthetische, und zum anderen werden mehr Aromastoffe benötigt, um beispielsweise einen aus der Petrischale stammenden Burger geschmacklich an einen Original-Burger heranzubringen. Hierfür benötige man die zwei- bis dreifache Menge an Aromen, schätzt der Fachmann. “Die Klassifizierung ,organisch ist gut, synthetisch ist schlecht’, lässt sich wissenschaftlich nicht untermauern. Aber die Konsumentenwahrnehmung ist unsere Realität”, umschreibt Fibig die gesellschaftliche Entwicklung, gegen die sich kein Unternehmen stemmen kann.Ähnlich sieht es mit Nachhaltigkeit aus. “Der Druck zum Thema Nachhaltigkeit kommt bei uns von unseren Kunden, beispielsweise aus der Nahrungsmittelindustrie, weniger von Investoren”, erläutert Fibig. Wer die dortigen Vorgaben nicht erfüllt, verliert schon mal ein Listing. Das ist insbesondere bei globalen Kunden von großer Relevanz, da diese sich auf drei bis vier Lieferanten beschränken. Wer als Lieferant nicht gelistet ist, macht mit diesen Kunden kein Geschäft.