Deutsche Bahn

„Der krisenhafte Zustand der Infrastruktur und die betriebliche Lage haben sich weiter zugespitzt“

Die Deutsche Bahn hat ein katastrophales Halbjahr hinter sich: Zu den bekannten Problemen mit dem maroden Schienennetz kamen ungewöhnlich viele Extremwetter-Tage. Im Kerngeschäft gab es 1,2 Mrd. Euro operativen Verlust. Nun werden 30.000 Jobs gestrichen.

„Der krisenhafte Zustand der Infrastruktur und die betriebliche Lage haben sich weiter zugespitzt“

Deutsche Bahn sieht sich in „krisenhaftem Zustand“

Rund 30.000 Stellen werden gestrichen – Marode Infrastruktur, Wetter und Streiks drücken das Ergebnis – Schenker-Verkauf soll bis Jahresende stehen

Die Deutsche Bahn hat ein katastrophales Halbjahr hinter sich: Zu den bekannten Problemen mit dem maroden Schienennetz kamen ungewöhnlich viele Extremwetter-Tage. Im Kerngeschäft gab es 1,2 Mrd. Euro operativen Verlust. Der Konzern kündigt Kostensenkungen an: 30.000 Jobs werden gestrichen.

ahe Berlin

Die Deutsche Bahn-Führung schlägt nach einem operativen Milliardenverlust im Kerngeschäft und weiter sinkenden Pünklichkeitswerten Alarm: Vorstandschef Richard Lutz sagte bei der Vorlage der Halbjahresbilanz, die Infrastruktur sei in den vergangenen fünf Jahren schneller erodiert als erwartet. Dies wirke sich mittlerweile nicht nur auf Wachstum und Verkehrsverlagerung limitierend aus, sondern auch auf Qualität und Stabilität des Eisenbahnbetriebs. „Der krisenhafte Zustand der Infrastruktur und die betriebliche Lage haben sich weiter zugespitzt.“

Außer in der Energiesparte sowie bei der zum Verkauf stehenden Logistiktochter Schenker schrieben in den ersten sechs Monaten alle Geschäftsbereiche rote Zahlen. Der operative Verlust summierte sich im Konzern auf 677 Mill. Euro, im Kerngeschäft sogar auf 1,2 Mrd. Euro. Mehr als die Hälfte dieses Verlustes entstand in der Infrastruktur. Lutz bezeichnete diese als „zu alt, zu störanfällig und zu voll“. Das Schienennetz habe die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit an vielen Stellen mehr als erreicht, klagte er.

Vorstandschef Richard Lutz (r) und Finanzvorstand Levin Holle bei der Präsentation der Halbjahreszahlen (Foto: Deutsche Bahn AG / Dominic Dupont)

Hinzu kamen im ersten Quartal die Streiks der Gewerkschaft GDL, die das Ergebnis des Staatskonzerns um etwa 300 Mill. Euro drückten, und eine nach Einschätzung des Vorstands bislang nicht gekannte Häufung von Extremwettern. Das Wetter verursachte im zurückliegenden Halbjahr zum Teil Hangrutsche, Überflutungen und Dammschäden und trug ebenfalls dazu bei, dass die Pünktlichkeit im Fernverkehr auf 63% absackte, nach bereits enttäuschenden 68% im Vorjahr.

Die Zahlen zeigen nach den Worten von Bundesverkehrsminister Volker Wissing einen dringenden Handlungsbedarf. „Unser Sanierungsprogramm bei der Schieneninfrastruktur ist unumgänglich“, betonte der FDP-Politiker. Das Netz müsse schnellstmöglich in einen Zustand versetzt werden, der der hohen Nachfrage sowohl im Personen-, als auch im Güterverkehr gerecht werde.

Auch die Bahn reagierte: Neben der in diesem Monat gestarteten Generalsanierung des Schienennetzes soll kurzfristig mit einer „qualifizierten Ausgabensteuerung“ ein „deutlich dreistelliger Mill.-Euro-Betrag“ eingespart werden. Zudem will der Konzern seinen Personalbestand herunterfahren. Nach Angaben von Finanzvorstand Levin Holle sind davon in den nächsten fünf Jahren 30.000 Vollzeitstellen betroffen, allein 1.500 in diesem Jahr. „Wir müssen in Zukunft mehr Bahn mit weniger Menschen schaffen.“

Operativer Gewinn im Gesamtjahr

Zum laufenden Verkaufsprozess von Schenker hielt sich Holle bedeckt und wollte auch die verbliebene Zahl der Interessenten an der Due-Diligence-Prüfung nicht nennen. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass wohl nur noch der dänische Logistikkonzern DSV und ein Konsortium um den Finanzinvestor CVC im Rennen sind. Holle zufolge soll eine Vereinbarung bis Jahresende abgeschlossen werden. Bedingung für einen Verkauf bleibe aber, dass er für die DB wirtschaftlich vorteilhaft sei, so der Finanzchef. Auch Schenker verbuchte einen Rückgang beim operativen Gewinn von 17% auf 520 Mill. Euro zum Halbjahr. Holle verwies aber darauf, dass das Unternehmen weiteres Ergebnispotenzial habe. Das Ergebnis liege zudem noch immer deutlich über Vor-Corona-Niveau.

Mit dem Schenker-Verkauf will die Bahn die Nettofinanzschulden senken, die von Januar bis Juni auf 33,08 Mrd. von 33,95 Mrd. Euro zurückgingen. Dies lag an der ersten Tranche der Eigenkapitalspritze der Bundesregierung. Für das Gesamtjahr blieb die Bahn bei ihrer Prognose von einem positiven operativen Gewinn von etwa 1 Mrd. Euro. Der Konzern setzt dabei auf versprochene Zuschüsse des Bundes für Sanierungsarbeiten, nachdem die DB im ersten Halbjahr in Vorleistung gegangen war. Der Konzern plant Netto-Investitionen von 11 Mrd. Euro. Der Umsatz soll sich auf 45 Mrd. Euro summieren, etwas weniger als bisher erwartet.

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