Der Luxusgütermarkt bricht ein

Bain: Umsatz fällt um 23 Prozent - Erholung frühestens ab Ende 2022 - Ein Viertel der Erlöse übers Netz

Der Luxusgütermarkt bricht ein

Der Umsatz der Luxusgüterindustrie wird dieses Jahr nach Schätzung der Unternehmensberatung Bain um 23 % auf 217 Mrd. Euro sinken. Erholen werde sich die Branche nur langsam, frühestens ab Ende 2022. Wegen der Corona-Pandemie seien aber die Online-Umsätze der Edelmarken in die Höhe geschnellt.md Frankfurt – Die Luxusgüterindustrie ist in den vergangenen Jahren stärker gewachsen als die Weltwirtschaft, und auch in Krisenphasen hat sie sich deutlich besser gehalten. Damit ist erst einmal Schluss, denn auch die vom Erfolg verwöhnte Branche hat stark mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen.Die Hersteller persönlicher Luxusprodukte – zu denen u. a. hochwertige Kleidung, Schuhe, Lederwaren, Parfüm und Schmuck zählen – büßen 2020 voraussichtlich 23 % ihres Umsatzes ein. Das Marktvolumen werde 217 (i. V. 281) Mrd. Euro erreichen, teilt die Unternehmensberatung Bain mit – das ist das Niveau von 2014. Einen solchen Einbruch habe es in den 19 Jahren, in denen Bain gemeinsam mit dem italienischen Luxusgüterverband Fondazione Altagamma die “Luxury Goods Worldwide Market Study” erstellt, noch nie gegeben. Auch das u. a. um Kunst, Jachten, Privatflieger und Edelautos erweiterte Luxusgeschäft verliert den Angaben zufolge deutlich: Es gehe um mehr als ein Fünftel auf rund 1 Bill. Euro zurück.Bei den persönlichen Luxusgütern mache die Coronakrise besonders den Herstellern hochwertiger Kleidung und edler Uhren zu schaffen. Sie müssen nach Schätzung von Bain 2020 mit einem Umsatzminus von 30 % rechnen. Dagegen werde der Rückgang bei Schuhproduzenten mit 12 % relativ moderat ausfallen – u. a. weil das Sneaker-Segment geringere Einbußen verzeichne. In Asien verkauften sich zudem Juwelen noch verhältnismäßig gut, teilt Bain mit.Letztlich liegen aber alle Produktkategorien 2020 weit unter dem Vorjahresniveau. Erholen werde sich die Luxusgüterindustrie nur langsam. Frühestens Ende 2022, wahrscheinlich aber erst im Lauf von 2023 werde sich der Umsatz der Branche wieder auf dem Niveau von 2019 bewegen.Die Erlösverluste wirken sich überproportional auf die Margen aus. Im Jahresvergleich fallen die Gewinne 2020 um 60 %, wird in der Studie prognostiziert. Zwar werde die Branche 2021 etwa die Hälfte davon wieder gutmachen, “die Profitabilität bleibt jedoch zunächst unter dem gewohnten Niveau, da die Unternehmen ihre Kosten für Design, Produktion und Vertrieb auch bei verringerten Umsätzen nur wenig senken können”, erklärt Marie-Therese Marek, Associate Partner bei Bain und Retail-Expertin. Und: “Viele Luxusanbieter müssen trotz der momentan schwierigen Wirtschaftslage zusätzlich Geld in die Hand nehmen.” Die Unternehmen investierten u. a. in Marketing und den Internetauftritt, damit sie wettbewerbsfähig bleiben.Die Zahl der stationären Markenshops könnte 2021 abnehmen, so Bain. Die Anbieter müssten die Rolle ihrer Läden neu definieren und der Kundschaft ein herausragendes Einkaufserlebnis bieten, denn der Internetkauf werde gerade für die jüngeren Generationen auch im hochpreisigen Segment immer wichtiger. Wegen der Pandemie seien die Online-Erlöse in die Höhe geschnellt. Sie dürften sich dieses Jahr auf 49 (i. V. 33) Mrd. Euro belaufen; dies entspreche einem Anteil am Marktvolumen von fast 25 (12) %.Nur in China könne die Luxusgüterindustrie 2020 Wachstum verzeichnen. Im Reich der Mitte werde der Markt um 45 % auf 44 Mrd. Euro zulegen. Das Plus beruhe nicht zuletzt auf der schnellen Erholung nach Eindämmung der Pandemie. “Da die chinesischen Konsumenten nicht mehr ins Ausland reisen konnten, kauften sie Luxuswaren überwiegend lokal ein”, heißt es. Dies habe Europa hart getroffen: Durch die ausbleibenden Touristen werde das Geschäft mit den Edelmarken auf dem alten Kontinent 2020 im Vorjahresvergleich voraussichtlich um 36 % auf 57 Mrd. Euro abrutschen. Doch auch im restlichen Asien habe die Kaufkraft der Chinesen gefehlt. In der Region sei mit einem Rückgang des Marktvolumens um 35 % auf 27 Mrd. Euro zu rechnen. Nord- und Südamerika dürften ein Minus von 27 % auf 62 Mrd. Euro verzeichnen.Bain-Partner und Luxusgüterexperte Oliver Merkel weist darauf hin, dass den etablierten Anbietern ständig neue Konkurrenz erwachse. “Insbesondere im Modesegment entstehen rasch neue Marken, die in den sozialen Medien zu Hause sind und dort direkt ihre Kundschaft finden.” Und für viele, insbesondere jüngere Kunden würden ESG-Kriterien immer wichtiger. Die Preisgestaltung verändere sich ebenfalls: 2020 entfällt auf Produkte des Einstiegspreislevels laut Bain bereits die Hälfte des gesamten Luxusmarktvolumens. – Wertberichtigt Seite 8