SIEMENS UND ALSTOM VOR EINIGUNG

Der Markt für Bahntechnik wächst weltweit beachtlich

Roland Berger prognostiziert jährliches Plus von 2,6 Prozent - Industrie beklagt Handelsbarrieren und rauen Wettbewerb mit Fernost

Der Markt für Bahntechnik wächst weltweit beachtlich

Von Ulli Gericke, BerlinDer Markt für Bahntechnik, der Züge, Schienen, Instandhaltung sowie Leit- und Sicherungstechnik umfasst, wächst weltweit beachtlich. Die steigende Mobilität der Menschen und der Zuzug in immer größer werdende Städte lässt den Bedarf nach Fern- und Regionalzügen, aber auch nach U-Bahnen beständig wachsen. Der Megatrend für die Bahnindustrie ist also intakt, und das auf Jahre hinaus.Insgesamt beziffert das Beratungshaus Roland Berger den globalen Markt in seiner jüngsten World Rail Market Study auf knapp 160 Mrd. Euro jährlich. Für die nächsten Jahre erwarten die Berater ein Wachstum von 2,6 % per annum, wobei Westeuropa mit 3,1 % am schnellsten expandieren sollte. Überdurchschnittlich dürften auch Osteuropa und die Region Afrika/Naher Osten wachsen. Der global größte Markt Asien/Pazifik, der für jährliche Umsätze von etwas über 50 Mrd. Euro steht, dürfte in den Jahren bis 2021 im Schnitt um 2,6 % zulegen. Auf der Überholspur ist dabei der wiederum größte Teilmarkt China, der mit einem prognostizierten Plus von 3,7 % jährlich die restliche Welt in den Schatten stellt. Champion ChinaVon den zuletzt weltweit in Betrieb genommenen knapp 10 000 Kilometern Hochgeschwindigkeitsstrecken entfielen allein 6 300 auf das Reich der Mitte, wo der rasche Ausbau des Schienennetzes nicht nur der Verbesserung der Infrastruktur dient, sondern auch für das Ankurbeln der Konjunktur wichtig ist. In den vergangenen Jahren wurden entsprechend jährlich gut 6 % mehr chinesische ICE-Züge in den Verkehr gebracht – gebaut vom heimischen und inzwischen weltweiten Champion CRRC mit Hauptsitz Peking.Anders als in den vergangenen Jahren, in denen neue Züge und Waggons für gut die Hälfte der Investitionen standen, dürfte die Sparte Fahrzeugbau in den kommenden Jahren an Geschwindigkeit verlieren. Während die Aufwendungen für Infrastruktur, Instandhaltung sowie Leit- und Sicherungstechnik weltweit um fast 3 % jährlich expandieren sollten, prognostizieren die Bahnexperten von Roland Berger für die Aktivitäten in “Rolling Stock” nur noch ein Plus von 1,9 % – ein unbefriedigendes Wachstum für den weltgrößten Schienenfahrzeugbauer CRRC, der allein mit seinen Hochgeschwindigkeitszügen und anderem rollenden Material einen jährlichen Umsatz von rund 22 Mrd. Euro macht. Bei gebremstem Wachstum steigt das Interesse, mit seinen Produkten den weltweiten Markt aufzurollen. Eine der Zielregionen ist dabei Afrika, beobachtet die Konkurrenz von Siemens, Bombardier und Alstom. Überschaubare BrancheUnternehmen aus dem Reich der Mitte würden speziell auf dem schwarzen Kontinent “offensiv” auftreten, wobei sie nicht selten Aufträge mit staatsgestützten zinsgünstigen Finanzierungen an Land zögen, die kein anderer Konkurrent bieten könne, klagte Volker Schenk, der Präsident des Verbands der Bahnindustrie in Deutschland (VDB), vor fast einem Jahr auf einer Pressekonferenz der Branchenlobby.Gleichzeitig sorgt die hiesige Bahnindustrie die zunehmende Abschottung wichtiger Märkte. Obwohl der Weltmarkt für Bahntechnik eigentlich wächst, verliere der zugängliche Absatzmarkt für Züge und Schienentechnik an Dynamik und werde infolge von Abschottungstendenzen und Handelsbarrieren – etwa in den USA – sogar kleiner. Vor allem aber der Wettbewerb mit Fernost werde rauer, klagte Schenk mit Blick auf den mit einem Volumen von 25 Mrd. Euro global wichtigsten Markt China.Verglichen damit ist die hiesige Branche sehr überschaubar. In toto erlösten die großen drei, aber auch Dutzende andere kleinere Bahntechnikunternehmen wie etwa Vossloh 2016 nicht ganz 12 Mrd. Euro. Der Auftragseingang ging zugleich um fast ein Viertel auf 11,5 Mrd. Euro zurück, wobei vor allem die Nachfrage aus dem Ausland wegbrach.