Der Name Linde bleibt
Die wesentlichen Punkte für eine Fusion haben Linde und Praxair rechtzeitig vor Weihnachten festgezurrt. Für den Zusammenschluss unter Gleichen würde voraussichtlich eine Holding in London oder Irland gegründet werden. Das Projekt gelingt aber nur, wenn mindestens 75 % der Linde-Aktien getauscht werden.jh München – Die Industriegasekonzerne Linde und Praxair wollen für einen Zusammenschluss unter Gleichen eine Holding gründen. Juristischer Sitz wird voraussichtlich London oder Irland sein, wie sich aus den Worten eines an den Verhandlungen Beteiligten schließen lässt. Außerdem haben das deutsche und das US-amerikanische Unternehmen in einem Eckpunktepapier einen Aktientausch festgelegt. Am Dienstag gab Linde bekannt, dass ihre Aktionäre für jeden Anteil 1,54 Aktien einer neuen Holdinggesellschaft erhalten. Für Praxair gilt ein Umtauschverhältnis von eins zu eins.Basis für beide Quoten ist eine jeweils gleiche Bewertung des deutschen und des US-amerikanischen Konzerns. Linde wird an der Börse mit gut 29 Mrd. Euro bewertet, Praxair mit rund 32 Mrd. Euro. Am Dienstag gaben beide Aktienkurse um rund 4 % nach.Für das neue Unternehmen, das Linde heißen soll, ist eine Börsennotierung in New York und Frankfurt geplant. Ob Linde im Dax bleibt, hängt außer von der Marktkapitalisierung von den Handelsumsätzen ab. Der erste Punkt dürfte mit aktuell mehr als 60 Mrd. Euro keine Hürde sein. Fraglich ist aber, ob neben dem erwarteten Haupthandelsplatz New York genügend Umsätze in Frankfurt bleiben.Nächster Schritt auf dem Weg zum Zusammenschluss ist eine endgültige Fusionsvereinbarung, ein sogenanntes Business Combination Agreement. Damit ist in drei bis vier Monaten zu rechnen. Anschließend bleiben 15 Monate Zeit, um die notwendigen Kartellgenehmigungen einzusammeln. Besonders in Südamerika sind beide Konzerne zusammen sehr stark, so dass zumindest dort mit Auflagen zu rechnen ist. “Linde und Praxair sind zuversichtlich, dass alle erforderlichen Genehmigungen, einschließlich möglicherweise erforderlicher Veräußerungen,” rechtzeitig erhalten werden könnten, teilten die Unternehmen mit. Zweite Voraussetzung für die Fusion ist, dass mindestens 75 % der Linde-Aktien getauscht werden. Für Praxair genügt eine einfache Quote.Trotz des angekündigten Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2021 bleibt die Arbeitnehmerseite von Linde skeptisch. Stichworte sind die Mitbestimmung und die Firmenkultur. Hans-Dieter Katte, der Konzernbetriebsratschef und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass der Beschluss über die Eckpunkte “noch keine Zustimmung zu einer finalen Transaktion seitens der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat darstellt, sondern lediglich zu einer weiteren ergebnisoffenen Prüfung führt”. Synergien von 900 Mill. EuroMit einer Fusion würden Linde und Praxair einen neuen Weltmarktführer schaffen mit einem Jahresumsatz von mehr als 28 Mrd. Euro. Der französische Konkurrent Air Liquide, der in diesem Jahr Airgas in den USA übernommen hat, wäre entthront. Linde und Praxair erwarten Synergien von rund 900 Mill. Euro im Jahr, “die von Größenvorteilen, Kosteneinsparungen und Effizienzverbesserungen getragen werden”.Im Spitzenmanagement, dem Board of Directors, werden nach dem Plan Praxair und Linde mit der gleichen Personenzahl vertreten sein. Wie erwartet, soll Stephen Angel, der Vorstandsvorsitzende von Praxair, CEO der Holding werden. Als Chairman of the Board ist Wolfgang Reitzle, der Aufsichtsratsvorsitzende von Linde, vorgesehen.Aldo Belloni, der bis Ende 2018 den Vorstandsvorsitz von Linde übernommen hat, kündigte in einem Brief an die Mitarbeiter an, dass der Anlagenbau von Linde in eine Tochtergesellschaft ausgegliedert wird. Das Geschäft steht wegen der Investitionsflaute in der Öl- und Gasindustrie unter Druck und erzielt generell deutlich niedrigere Umsatzrenditen als das Geschäft mit Industriegasen.Finanzberater in den Fusionsverhandlungen sind für Linde Perella Weinberg und Morgan Stanley, für Praxair ist es Credit Suisse. Als Rechtsberater sind für Linde dabei Hengeler Mueller, Cravath, Swaine & Moore und Linklaters, für Praxair Sullivan & Cromwell.