Im GesprächPhilipp Gattner

„Der Secondhand-Markt wird immer attraktiver“

Der Online-Secondhand-Handel boomt und lockt immer wieder neue Anbieter an. Beim Berliner Gebraucht-Elektronik-Händler Rebuy sieht man sich dank "spürbarer Eintrittsbarrieren" in dem umkämpften Markt gut aufgestellt, wie CEO Philipp Gattner sagt.

„Der Secondhand-Markt wird immer attraktiver“

Im Gespräch: Philipp Gattner

„Der Secondhand-Markt wird immer attraktiver“

Gebraucht-Elektronik-Händler Rebuy sieht sich in wachsendem Markt dank „spürbarer Eintrittsbarrieren“ gut positioniert

Der Berliner Online-Händler Rebuy kauft gebrauchte Elektronikartikel wie Smartphones und Tablets, bereitet sie auf und verkauft sie anschließend weiter. Der Secondhand-Boom hat dem Unternehmen in den vergangenen Jahren zweistellige Wachstumsraten beschert – zuletzt hat das Tempo allerdings nachgelassen. CEO Philipp Gattner sieht sich mit Blick auf die Konkurrenz trotz allem gut aufgestellt.

Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Unter den Weihnachtsbäumen dieser Welt dürften auch in diesem Jahr wieder Millionen von Geschenken aus zweiter Hand auf ihre neuen Besitzer gewartet haben. Denn Secondhand bleibt im Trend – und das auch zur Festtagssaison, wie eine Umfrage des Handelsverbands Deutschland zeigt. Demnach ist der Anteil jener, die hierzulande schon einmal etwas Gebrauchtes verschenkt haben, in diesem Jahr von 51% auf 54% gestiegen. Vor allem Haushalts- und Dekorationsartikel, aber auch Accessoires, Elektronik und Kleidung werden gern aus zweiter Hand verschenkt.  

Die Motivation dahinter liegt auf der Hand: Gebrauchtes schont die Umwelt und den Geldbeutel. In Zeiten steigender Lebenshaltungskosten und erhöhtem Umweltbewusstsein sorgt das für immer mehr Secondhand-Akzeptanz unter Verbrauchern. Der Trend dürfte so schnell nicht vorbei sein, rechnen Marktforscher doch beispielsweise bei gebrauchter und generalüberholter Elektronik sowie bei gebrauchter Bekleidung in den kommenden Jahren jeweils mit weltweit zweistelligen Wachstumsraten.

Back Market und Vintec

Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren auf den Boom eingestellt. Immer mehr Online-Portale sind aus dem Boden geschossen, auf denen Privatpersonen entweder direkt untereinander oder mit zwischengeschalteter Kontrollinstanz gebrauchte Ware handeln können. Die Betreiber haben teils Milliardenbewertungen erzielt – so wie die französische Back Market, ein Marktplatz für generalüberholte Elektronik oder zuletzt die litauische Vinted, ein Marktplatz für gebrauchte Mode und Accessoires, die künftig auch in den Elektronik-Bereich vordringen will. Beide Plattformen kamen bei ihren letzten Anteilsverkäufen jeweils auf eine Firmenbewertung von um die 5 Mrd. Euro. Auch traditionelle E-Commerce-Riesen und Einzelhändler wie Saturn, Amazon, Ebay, H&M, Zalando oder Zara sind längst auf den Gebrauchtwaren-Zug aufgesprungen.

Philipp Gattner, CEO bei Rebuy, einem Berliner Anbieter von gebrauchter und generalüberholter Elektronik und von Secondhand-Medien wie Büchern, Filmen oder Videospielen, bereitet das zunehmende Getümmel am Markt derzeit keine allzu großen Sorgen. „Ja, es gibt regelmäßig Neueinsteiger in dem Markt, zu denen jetzt auch traditionellere Unternehmen wie Mediamarkt gehören“, sagt er. „Das ist erst mal nicht überraschend und führt auch nicht automatisch zu einem Verdrängungswettbewerb. Es liegt einfach daran, dass der Markt immer attraktiver wird.“

Schon länger profitabel

Unter den zahlreichen Anbietern von Secondhand-Elektronik ist Rebuy schon fast so etwas wie ein Urgestein. Das Unternehmen wurde bereits vor 20 Jahren gegründet – damals noch unter dem Namen trade-a-game und mit anfänglichem Fokus auf gebrauchte Videospiele. 2009 firmierte das Unternehmen in Rebuy Recommerce GmbH um und vergrößerte das Warenangebot. Zur letzten Finanzierungsrunde kam es im März 2018, als der Schweizer Finanzinvestor Evoco 21 Mill. Euro investierte und damit Mehrheitseigentümer von Rebuy wurde. 2019 waren die Berliner nach eigenen Angaben erstmals profitabel.

Man wolle auch in diesem Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben, und zwar sowohl beim operativen Ergebnis als auch unter dem Strich, sagt Gattner. Im Vergleich zum Vorjahr werde man dabei „eine gute Entwicklung“ sehen, der Umsatz werde zudem bei mehr als 220 Mill. Euro liegen, nach 216 Mill. Euro im vergangenen Jahr. „Wir sind dabei aber auch ein bisschen verwöhnt von den vergangenen Jahren, in denen wir im Durchschnitt immer zweistellig gewachsen sind.“

Drei Jahre Garantie

Im vergangenen Jahr war Rebuy allerdings nur einstellig gewachsen. Der 2014 gestartete Konkurrent Back Market kam hingegen nach eigenen Angaben im gleichen Zeitraum auf ein Umsatzplus von 45% und erzielte dabei 320 Mill. Euro. Refurbed, ein Wiener Anbieter für wideraufbereitete Elektronik-Geräte, kam nach eigenen Angaben im Juni 2023 auf einen Außenumsatz von mehr als 1 Mrd. Euro. Fünf Monate später sammelte das 2017 gegründete Start-up in einer Finanzierungsrunde 54 Mill. Euro ein.  

Gattner sieht Rebuy im aktuellen Wettbewerb dennoch gut positioniert – schließlich biete man den Kunden einiges, um die Qualität der Produkte sicherzustellen. So umfasse der Service nicht nur die Prüfung, Reinigung, Datenlöschung und Wiederaufbereitung der gebrauchten Geräte, sondern auch die Gewährung einer drei Jahre dauernden Garantie. „Bei uns laufen die Produkte tatsächlich durch unsere Hände, im Jahr 2023 waren es knapp 10 Millionen Produkte, was für potenzielle Konkurrenten eine spürbare Eintrittsbarriere darstellt“, sagt der CEO. Es brauche Jahre, um die hinter dem Geschäftsmodell stehende Logistik und das Know-how erst einmal aufzubauen.

Blick nach Skandinavien

Strategisch wolle man sich in den nächsten zwölf bis 24 Monaten zunächst auf das Kerngeschäft in Deutschland konzentrieren, wo Rebuy den Großteil seines Umsatzes erwirtschaftet. Die Berliner sind daneben noch in Österreich, den Niederlanden, Spanien, Italien und Frankreich aktiv. „Mit Blick auf den milliardenschweren Re-Commerce-Markt und unserem bisherigen Umsatzniveau sehen wir noch viel Potenzial in unserem bestehenden Geschäft und es macht aus unserer Sicht wenig Sinn, zu früh auf neue Kategorien oder neue Länder zu setzen“, sagt Gattner.

Perspektivisch, also mit Blick auf die Zeit in 18 bis 24 Monaten, schauen man aber natürlich auch auf das Thema Internationalisierung. Eine Region, die für den Re-Commerce, also den Online-Handel mit Secondhand-Artikeln, besonders interessant sei, sei Skandinavien, wo die Gesellschaft es als positiv erachte, wenn Menschen gebrauchte Produkte kaufen, sagt Gattner. „Das ist übrigens etwas, das hierzulande vor allem bei der jüngeren Generation auch zu beobachten ist.“

Neue Produktkategorien

Mittelfristig wolle das Unternehmen dann auch in neue Produktkategorien vordringen. „Wir denken da zum Beispiel an Haushaltsgeräte, wobei der Thermomix ein klassisches Beispiel wäre, das charakteristisch in unser Sortiment passt“, sagt Gattner. „Es hat einen hohen Preispunkt, es gibt relativ wenig unterschiedliche Produkttypen und die Qualität spielt eine große Rolle.“ Damit würde es Rebuy seinen Konkurrenten Back Market und Refurbed gleichtun, die ihrerseits jeweils schon Haushaltsgeräte wie u.a. den Thermomix im Angebot haben.  

Angesprochen auf mögliche Konsolidierungsbewegungen am Markt, sagt Gattner, dass es für Rebuy vor allem wichtig sei, „Optionen zu haben.“ Man könne sich „natürlich“ vorstellen, aktiv selbst zu übernehmen und schaue sich in der aktuellen Phase auch potenzielle, meist kleinere Ziele an. „Wenn es aber große Strategen gibt, bei denen es Synergien mit Rebuy geben könnte, dann wäre auch das für uns eine Option.“

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