RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MATTHIAS HIRSCHMANN

"Der Sektor der erneuerbaren Energien ist ein Verkäufermarkt"

Hohe Preise dämpfen M-&-A-Transaktionen - Energiewende in USA verankert

"Der Sektor der erneuerbaren Energien ist ein Verkäufermarkt"

– Herr Hirschmann, US-Präsident Donald Trump will sich nicht an das 2015 geschlossene Pariser Klimaschutzabkommen halten. Inwieweit wirkt sich die vertragliche Kündigung auf die Ausrichtung der amerikanischen Unternehmen aus?Faktisch hat sich nicht viel geändert. Es gibt die Absicht der Regierung in Washington, aus dem Vertrag auszusteigen. Doch es gibt neben der Bundesebene eben auch die Bundesstaaten. Und die sind, was die Energiepolitik in den USA angeht, eminent wichtig. Staaten wie Kalifornien und New York haben eigene Energiesparmodelle und Förderprogramme für erneuerbare Energien aufgelegt. Die Bundesstaaten werden dafür sorgen, dass diese Modelle und Programme weiterlaufen.- Was ist mit Blick auf die Energiewende gefährlich an der Vertragskündigung?Das Gefährliche für die erneuerbaren Energien ist vor allem die Frage, ob mit der einseitigen Kündigung ein Bewusstseinsumschwung erreicht wird – in der Bevölkerung, aber auch bei Unternehmen und Investoren. Damit rechne ich nicht. Der Zug, der den Bahnhof verlassen hat, ist nicht mehr aufzuhalten. Das zeigen ja auch die großen Unternehmen. Google etwa baut Solarkraftwerke für die eigenen Rechenzentren. Andere IT-Unternehmen investieren in Windparks. Die Energiewende ist fest verankert in der Corporate Governance amerikanischer Unternehmen.- Besteht die Gefahr, dass weitere Staaten der amerikanischen Regierung folgen und den Klimaschutzvertrag kündigen?Die Gefahr sehe ich nicht. Beim G 20-Gipfel in Hamburg haben sich die anderen 19 Staaten in einer Erklärung zu dem Vertrag bekannt. Die Position der US-Regierung, die Kohle wieder groß zu machen, ist der Wählerschaft von Trump geschuldet.- Welche Rolle messen Sie Investoren bei, wenn es darum geht, die Rückkehr der fossilen Energieträger als Alternative in der Diskussion zu verhindern?Da gilt es zunächst zu unterscheiden: Es gibt beispielsweise Finanzinvestoren, die Familienvermögen anlegen und Nachhaltigkeitsgrundsätze verfolgen. Es gibt auch Pensionsfonds, die nach Anlagegrundsätzen mit Nachhaltigkeitskomponenten verfahren. Dann gibt es aber auch jene Private-Equity-Investoren, die zuallererst auf Rendite schauen. Aber selbst diese neigen im Regelfall eher dazu, ein Erneuerbare-Energien-Investment zu nehmen, wenn es Einspeisevergütungen und einen klaren regulatorischen Rahmen gibt, als ein Handelsinvestment. Der Zug läuft, vorausgesetzt dass die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Investments in erneuerbare Energien weiterhin funktioniert.- Wo fließt das Geld derzeit hin?Geld fließt momentan in Pipelines, aber auch immer noch in Windparks. Was Europa angeht, eher in Ausbauprojekte in Holland und Frankreich. Da gibt es Auktionen. Allerdings gibt es auch viel Geld, das auf eine Anlageentscheidung wartet. Es werden Assets angeschaut, die früher schwieriger zu verkaufen gewesen wären.- Zum Beispiel?Zum Beispiel Projekte mit niedriger Energieausbeute oder belastete Tanklager. Schwierig sind thermale Kraftwerke. Selbst bei dem vielen Geld im Markt investiert momentan niemand in thermale Kraftwerke. Braunkohlerzeugung muss man mit negativen Kaufpreisen abpuffern, um sie überhaupt in den Markt zu bringen. Das Investoreninteresse ist klar fokussiert.- Wie beurteilen Sie das Fusions- geschehen mit Blick auf den Sektor der erneuerbaren Energien?Wir erleben seit Jahren einen M-&-A-Boom. Durch die Marktumstrukturierung entstehen neue Marktteilnehmer. Es werden neue Joint Ventures gebildet, alte Unternehmen werden erworben. Was hat sich allein im Bereich Offshore-Wind an Geld bewegt! Ersteinstieg, Ausbau Windparks, Verkauf an weitere Investoren, die sogenannten Secondaries. Da läuft sehr viel Geld durch den Markt. Allerdings leidet der M & A-Markt ansonsten auch an hohen Preisen. Das führt dazu, dass sich strategische Investoren nach wie vor eher zurückhalten. Diese kalkulieren anders als Finanzinvestoren. Der Sektor der erneuerbaren Energien ist aber momentan ein Verkäufermarkt.—-Matthias Hirschmann ist Partner bei Hogan Lovells in Hamburg.. Die Fragen stellte Carsten Steevens.