ITALIEN

Der Staat soll es richten

Italiens Regierungschef Giuseppe Conte verspricht, dass die Autobahnen künftig transparent, verantwortungsvoll, sicher und effizient geführt werden. Deshalb wird Rom den Autobahnbetreiber Autostrade per l'Italia, eine Tochter des...

Der Staat soll es richten

Italiens Regierungschef Giuseppe Conte verspricht, dass die Autobahnen künftig transparent, verantwortungsvoll, sicher und effizient geführt werden. Deshalb wird Rom den Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia, eine Tochter des Infrastrukturkonzerns Atlantia, verstaatlichen. Doch es war der Staat, der über Jahrzehnte für die Autobahnen verantwortlich war und der mitverantwortlich ist für deren oft katastrophalen Zustand. Außerdem ist nicht nur die Autobahnbrücke von Genua eingestürzt, sondern eine weitere Brücke, die zur staatlichen Straßenbaugesellschaft Anas gehört. Es war auch der Staat, der seine Aufsichtspflichten verletzt hat.Solche Details interessieren die Regierung nicht. Die Drohung des Konzessionsentzugs erfolgte ohne Rechtsgrundlage, denn juristisch ist die Schuld der Autostrade am Genueser Brückeneinsturz nicht festgestellt worden, auch wenn es starke Indizien dafür gibt. Man glaubt sich in einer Bananenrepublik. Den Schaden dieser Politik tragen Aktionäre, Investoren, Beschäftigte und die Steuerzahler, denn die Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) muss für ihren Einstieg mindestens 4 Mrd. Euro zahlen.Noch wichtiger ist die Frage, wie ein hoch verschuldetes Land, das dringend auf Hilfsgelder aus Europa angewiesen ist, mit einer solchen Politik Vertrauen der Investoren, aber auch von ohnehin misstrauischen Ländern wie den Niederlanden, Österreich, Dänemark oder Schweden gewinnen will. Das Vertrauen in den Segen der Staatswirtschaft ist unverständlich. 25 Jahre nach der Auflösung der alles dominierenden Staatsholding IRI, die von Mussolini geschaffen wurde und bis zum Ende des 20. Jahrhunderts große Teile der italienischen Wirtschaft kontrollierte, ersteht sie unter anderem Namen wieder auf. Rom hat die CDP, die Beteiligungen an vielen Konzernen hält, mit 44 Mrd. Euro ausgestattet. Die Bank soll bei “strategischen” Unternehmen einsteigen, etwa eine große Festnetzgesellschaft kontrollieren und womöglich die Mailänder Börse – sowie vieles mehr wie eben Autostrade.Der Staat hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er ein schlechter Sachwalter des öffentlichen Interesses ist. Die Politik der Regierung nährt Zweifel, dass die Mittel des Recovery Plan vernünftig eingesetzt werden. Vieles spricht dafür, dass das Misstrauen der “sparsamen vier” gerechtfertigt ist und das Geld aus Europa eher für das Stopfen von Haushaltslöchern und die Finanzierung laufender Ausgaben verwendet wird als für Investitionen, die Italien zukunftsfähig machen.