Der Süden wird zum Zentrum der US-Autoindustrie
Von Sebastian Schmid, New YorkDas Zentrum der US-Autoindustrie zieht gen Süden. Die Consumer Electronics Show in Las Vegas (Nevada) droht bereits wenige Jahre nachdem Ford als erster Autobauer in der Wüstenstadt seine Zelte aufschlug, der eine Woche später stattfindenden Automesse in Detroit den Rang abzulaufen. Der Andrang an den Ständen und das Medieninteresse in der Wüstenstadt seien immens, stellen Vertreter der Hersteller unisono fest.Vor allem Zukunftstechnologien würden wohl zunehmend in Las Vegas vorgestellt werden, heißt es in der Branche. Die Gewichtsverschiebung der beiden Messen steht aber auch exemplarisch für die schwindende Bedeutung Detroits und die noch weiter wachsende Bedeutung der Südstaaten als Automobilindustriestandort. Nachdem bereits die meisten internationalen Autobauer wie BMW, Daimler, Hyundai, Toyota und VW ihre US-Produktion in den Süden verlegt haben, ziehen immer größere Teile des Managements hinterher. Nun hat Daimler beschlossen, das Hauptquartier von Mercedes-Benz USA nach mehr als vier Jahrzehnten von Montvale (New Jersey) in einen Außenbezirk von Atlanta (Georgia) zu verlegen. Süden “viel relevanter”Dem “Wall Street Journal” sagte Daimler-CEO Dieter Zetsche, der Süden sei mittlerweile “viel relevanter als in der Vergangenheit”. Die Infrastruktur in den Vereinigten Staaten habe sich verändert. Die Verlegung des Hauptquartiers sei für den Stuttgarter Autobauer auch eine Art Neustart, eine Verjüngungskur in den USA. Ab Juli beginnt Mercedes die rund 1 000 US-Mitarbeiter in einen temporären Standort bei Atlanta zu verlegen. Später folge dann der endgültige Umzug in das neue Hauptquartier in Sandy Springs (Georgia), das eine knappe halbe Stunde Autofahrt nördlich des Stadtzentrums von Atlanta liegt. Mercedes folgt damit dem Beispiel des japanischen Autobauers Toyota, der im vergangenen April verkündet hatte, seine US-Geschäfte künftig von Plano (Texas) aus steuern zu wollen. Bei der Umsiedlung hat sich Toyota vom kommerziellen Immobilienspezialisten JLL beraten lassen, der nun auch von Mercedes ausgewählt wurde.Bei Toyota sollen Tausende Mitarbeiter aus den Bundesstaaten Kalifornien, Kansas und New York binnen drei Jahren in den “Lone Star State” umziehen. Die ersten 500 Mitarbeiter werden im Sommer 2015 in Plano erwartet. Im Laufe der darauffolgenden zwei Jahre sollen laut einer Toyota-Sprecherin die restlichen Mitarbeiter folgen oder durch Neueinstellungen ersetzt werden. Den Mitarbeitern wird ein Umzug meist über finanzielle Anreize schmackhaft gemacht, um die Zahl der Abwanderungen gering zu halten.Mittelfristig ist der Umzug in den Süden dennoch eine rentable Sache. Ein US-Experte für Standortauswahl hat errechnet, dass Daimler trotz großzügiger finanzieller Anreize in New Jersey mit dem Umzug nach Atlanta wegen niedrigerer Gehaltsniveaus, Immobilienpreise, Energiekosten und Grundsteuern prozentual zweistellige Einsparungen pro Jahr erwarten dürfte. Neben dem offensichtlichen finanziellen Anreiz kann der Süden mit modernerer Infrastruktur und geringerer Gewerkschaftsorganisation punkten.