Des Teilens müde

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 2.11.2016 Aufmüpfige Fahrer haben dem US-Fahrdienstvermittler Uber Technologies eine böse Niederlage beigebracht. James Farrar und Yaseen Aslam forderten im Namen von 19 Mitarbeitern vor einem Londoner...

Des Teilens müde

Von Andreas Hippin, LondonAufmüpfige Fahrer haben dem US-Fahrdienstvermittler Uber Technologies eine böse Niederlage beigebracht. James Farrar und Yaseen Aslam forderten im Namen von 19 Mitarbeitern vor einem Londoner Arbeitsgericht mit Erfolg grundlegende Arbeitnehmerrechte wie Mindestlohn und bezahlten Urlaub ein. Auch der Online-Übernachtungsvermittler Airbnb bekam seine Grenzen aufgezeigt. Nach einer Entscheidung des für Grundstücksfragen zuständigen Upper Tribunal (Lands Chamber) verstoßen Gastgeber, deren Häuser oder Wohnungen sich auf Erbpachtgrundstücken befinden, eventuell gegen die Bedingungen des Pachtvertrags. Auch wer seine Hypothek durch die Vermietung eines Zimmers über das Online-Portal schneller abzahlen will, könnte in Großbritannien eine böse Überraschung erleben.Die den benutzerfreundlichen Apps zugrunde liegenden Geschäftsmodelle der “Shareconomy” sind alles andere als revolutionär. Fahrer stellen Unternehmen wie Uber nicht nur ihre Arbeitsleistung zur Verfügung. Sie halten auch die Produktionsmittel vor. Die App-Entwickler lassen sich ihre Vermittlerdienste lukrativ vergüten. Farrar und Aslam waren dieser Form des Teilens mit Uber müde und verlangten, als reguläre Mitarbeiter anerkannt und nicht als Selbständige behandelt zu werden, weil es sich aus ihrer Sicht um keine selbständige Tätigkeit handelt. Bei Airbnb machten Dritte – die eigentlichen Besitzer der Immobilien oder der verpachteten Grundstücke – ihre Interessen geltend.Allein in England und Wales gibt es mehr als 30 000 Uber-Fahrer. Der eine oder andere mag die Selbständigkeit genießen, die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wann und wie viel er arbeiten will. Viele finden einfach keinen besseren Job. Wie die aus der 1889 gegründeten Gas Workers & General Union hervorgegangene Gewerkschaft GMB vorrechnet, die Farrar und Aslam unterstützt hatte, blieben einem ihrer Mitglieder, das ausschließlich für Uber fährt, nach Abzug aller Kosten im August aber nur noch 5,03 Pfund pro geleisteter Arbeitsstunde. Das ist weniger als der gesetzliche Mindestlohn von 7,20 Pfund. Zudem nehme das Unternehmen häufig Abzüge vor, etwa nach Kundenbeschwerden. Auf Grundlage dieser Zahlen stellt sich die Frage, wer sich die viel gepriesene Selbständigkeit eigentlich leisten kann. Auch in den Vereinigten Staaten haben Uber-Fahrer, die nicht mehr als selbständige Dienstleister, sondern als Mitarbeiter behandelt werden wollen, Klage eingereicht.In London macht dem Unternehmen auch die Stadtverwaltung zu schaffen, der am Schutz der traditionellen Black Cabs gelegen ist. Zu den Hürden, die unter dem neuen Bürgermeister Sadiq Khan aufgerichtet werden, gehört ein Sprachtest. Er war ursprünglich nur für Fahrer aus nicht englischsprachigen Herkunftsländern vorgesehen, was als diskriminierend gebrandmarkt wurde. Nun sollen ihn eben alle Fahrer ablegen. Hinzu kommt ein Fahrtest.Uber will der Gewerkschaft zufolge Rechtsmittel gegen das Londoner Urteil einlegen. Angeblich ließ die Firma ihre Fahrer wissen, es betreffe nur die beiden genannten Kläger. Auch Airbnb betrachtet die Entscheidung des Upper Tribunal (Lands Chamber) als Einzelfall. Wären die Unternehmen börsennotiert, würde längst die Luft aus den Bewertungen entweichen. Die Zukunft sieht nur wie Uber und Airbnb aus, wenn es sich dabei um eine Dienstleistungsgesellschaft handelt, in der sich alle gegenseitig die Haare schneiden. ——–In London stoßen die Geschäftsmodelle der “Shareconomy” an ihre Grenzen.——-