Deutsch-französisches Raumfahrt-Start-up sammelt 150 Mill. Euro ein
Raumfahrt-Start-up The Exploration Company sammelt 150 Mill. Euro ein
kro Frankfurt
Das deutsch-französische Weltraum-Start-up The Exploration Company (TEC), das Raumfahrzeuge für verschiedene Anwendungen im All wie etwa Fracht-Beförderung entwickelt, hat in einer Series-B-Finanzierungsrunde 150 Mill. Euro eingesammelt. Nach Angaben des Unternehmens handelt es sich um die größte Finanzierungsrunde ihrer Art in der europäischen Raumfahrtindustrie.
Hauptinvestoren bei dem Deal waren die beiden Londoner Wagniskapitalgeber Balderton und Plural. Beteiligt haben sich daneben erstmals auch die US-Investoren Bessemer Venture Partners und NGP Capital, der in Teilen aus staatlichen Mitteln finanzierte französische Tech-Fonds French Tech Souveraineté, der DeepTech & Climate Fonds (DTCF) der Bundesregierung sowie die Wagniskapitalgesellschaft des Freistaats Bayern, Bayern Kapital. Bestandsinvestoren wie EQT Ventures aus Schweden, Red River West und Omnes aus Frankreich oder Cherry Ventures aus Berlin haben ebenfalls wieder Geld in die Firma gesteckt.
Vorbild SpaceX
The Exploration Company ist 2021 von der ehemaligen Airbus-Managerin Hélène Huby gegründet worden. Das Unternehmen hat seinen Sitz in München und Bordeaux und gilt als europäischer Pionier im Bau privat finanzierter Raumschiffe. Als Vorbild dient das von Elon Musk gegründete Raumfahrt-Start-up SpaceX, das neben Trägerraketen und einem Satellitennetzwerk auch Raumfahrt-Transporte mit seiner wiederverwendbaren Raumkapsel „Dragon“ anbietet. Laut einem Bericht der „Financial Times“ steht SpaceX derzeit kurz davor, seine Bewertung auf über 250 Mrd. Dollar zu steigern. Im Juni war noch von 210 Mrd. Dollar die Rede. Abgesehen vom chinesischen Internet-Unternehmen Bytedance gibt es derzeit kein Start-up, das auf eine so hohe Bewertung kommt.
The Exploration Company will im kommenden Jahr nun erstmals seine mittelgroße Raumkapsel namens „Mission Possible“ mit einer Nutzlast von 300 Kilogramm starten lassen. 2028 soll dann der Erstflug des wiederverwendbaren Modells „Nyx Earth“ folgen, das nach Angaben des Start-ups 4.000 kg in den Orbit und 3.000 kg zurück zur Erde transportieren kann. Transporte zum Mond und die Beförderung von Menschen in den Weltraum sind langfristig ebenfalls mit der Nyx-Modellreihe angedacht.
Space-Investitionen auf Erholungskurs
Insgesamt hat TEC nun schon 216 Mill. Euro eingesammelt – die frischen Mittel sollen in die Weiterentwicklung und Erprobung von Nyx sowie in den Ausbau der 200-köpfigen Belegschaft fließen. Plural-Partner Khaled Helioui sieht in der Firma großes Potenzial: „Das Unternehmen arbeitet in einem riesigen Markt, in dem die Nachfrage nach Transportlösungen im Weltall das Angebot drastisch übersteigt.“
Der Investor wies darauf hin, dass seit Jahrzehnten vor allem institutionelle Investitionen in die Raumfahrt fließen. Dabei sind die Budgets zuletzt deutlich gestiegen: Laut der Non-Profit-Organisation Space Fundation beliefen sich die Ausgaben für staatliche Raumfahrt-Programme 2023 weltweit auf 125 Mrd. Dollar – ein Plus von 11% gegenüber zum Vorjahr. Der Anstieg ist auch darauf zurückzuführen, dass das Weltall nicht nur ökonomisch, sondern auch militärisch an Bedeutung gewinnt.
Zum Vergleich: Die weltweiten Space-Wagniskapitalinvestitionen beliefen sich 2023 dem Datendienstleister Crunchbase zufolge auf 6,2 Mrd. Dollar. Nach zwei rückläufigen Jahren infolge von wirtschaftlicher Unsicherheit und hohen Zinsen dürfte das Volumen in diesem Jahr aber wieder zugelegt haben – Ende August belief sich die Gesamtsumme bereits auf 5,9 Mrd. Dollar.
Erste Verträge in der Tasche
Als privatwirtschaftliches Unternehmen kann The Exploration Company schon jetzt einige Erfolge vorweisen. „Im vergangenen Jahr haben wir wichtige operative und finanzielle Meilensteine erreicht und bedeutende Verträge sowohl mit Raumfahrtbehörden als auch mit führenden kommerziellen Kunden unterzeichnet", sagt TEC-CEO Ruby. So hatte TEC im Mai neben dem französischen Raumfahrtkonzern Thales Alenia eine Ausschreibung der Europäischen Weltraumagentur ESA gewonnen, bei der es um den Bau einer Versorgungskapsel für die Internationale Raumstation ISS geht. Im Rahmen der ersten Phase der Ausschreibung erhielten beide Unternehmen je 25 Mill. Euro, um ein Modell zu entwickeln, von denen sich eins am Ende durchsetzen soll.
Darüber hinaus hat TEC zuletzt auch Vorverträge mit den US-Raumfahrtunternehmen Vast Space, Axiom Space sowie mit Starlab, einem Joint Venture des US-Raumfahrtunternehmens Voyager Space, Airbus und Mitsubishi unterzeichnet. Die Verträge beinhalten verschiedene Frachtmissionen zu künftigen von den drei Unternehmen geplanten Raumstationen. The Exploration Company hat sich zum Ziel gesetzt, seine Dienste deutlich günstiger anzubieten als die Konkurrenz. Laut Medienberichten soll ein Transport mit Nyx demnach 150 Mill. Dollar und damit etwas weniger als bei SpaceX kosten.
Neben TEC arbeitet in Europa auch die Europäische Weltraumagentur ESA schon seit einigen Jahren an einer wiederverwendbaren Raumkapsel namens „Space Rider“. An der Entwicklung sind Thales Alenia Space und das italienische Raumfahrt- und Rüstungs-Unternehmen Avio beteiligt.