AUTOMESSE IN SCHANGHAI

Deutsche Autobauer trotzen Trend

Wachstumsfantasie im Premiumsegment - Marktanteil deutlich erhöht - Neue Impulse in Sicht

Deutsche Autobauer trotzen Trend

Auf der Shanghai Auto Show 2019 ist die eingetrübte Verfassung des seit drei Quartalen deutlich schrumpfenden chinesischen Pkw-Marktes das beherrschende Thema. Bei den deutschen Autobauern allerdings zeigt man sich mit der starken Stellung im Premiumsegment zuversichtlich. Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie diesjährige Auflage der China International Auto Industry Exhibition in Schanghai steht zweifelsohne unter einem besonderen Vorzeichen. Unter dem Eindruck einer abkühlenden Konjunktur und dem am Konsumvertrauen heftig nagenden Handelsstreit zwischen China und den USA hat Chinas expandierende Mittelschicht den Gürtel enger geschnallt und bei großen Anschaffungen auf die Bremse getreten. Größte Delle seit JahrzehntenDaraus ist die größte Delle im chinesischen Automarkt seit Jahrzehnten entstanden. Im vergangenen Jahr ist der Pkw-Absatz im Reich der Mitte um rund 4 % auf 23,3 Millionen zurückgekommen und hat damit die Erwartungen der Experten konterkariert. Im ersten Quartal 2019 lag man sogar um 11 % im Minus. Für die deutschen Autobauer ist die wackelige Markttendenz in einem für sie immer wichtigeren Absatzterritorium allerdings noch kein Grund zum Bangemachen. Sie setzen weiterhin auf Wachstum im weltgrößten Pkw-Markt und sehen gute Chancen, ihre Marktanteile weiter zu vergrößern. Dabei können sie auf die anhaltend robuste Nachfrage im Segment für Premiumfahrzeuge vertrauen, die sich von den konjunkturellen und auch handelspolitischen Faktoren relativ unbeeindruckt gezeigt hat. BMW flott unterwegsInsbesondere bei BMW laufen die China-Geschäfte mit einem Anstieg der Auslieferungen um gut 10 % im ersten Quartal überdurchschnittlich gut. Dabei haben allerdings positive Basiseffekte im Zusammenhang mit neu lancierten Modellen eine Rolle gespielt. Wie BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter am Dienstag in Schanghai der Börsen-Zeitung sagte, rechnet BMW für das Jahr 2019 mit einer Steigerung der Verkäufe in China von 5 bis 10 % und dürfte damit einen Dynamikvorsprung gegenüber den deutschen Konkurrenten behalten. Während sich einige ausländische Autobauer auf Preissenkungsoffensiven und Rabattschlachten eingelassen haben, um ihre Marktposition abzusichern, betont man bei BMW, dass die Margen gut gehalten werden konnten.Bei Mercedes und Audi laufen die Erwartungen auf ein niedriges bis mittleres einstelliges Wachstum hinaus. VW rechnet nach Einbußen im ersten Quartal mit einem positiven Wachstum im Gesamtjahr. Damit dürften die deutschen Autobauer erneut besser als der Gesamtmarkt abschneiden. Daimler, die sich bei den Verkaufszahlen in China ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit BMW liefert, konnte im ersten Quartal die Auslieferungen in China um rund 3 % auf 170 000 Fahrzeuge steigern.Daimlers China-Chef Hubertus Troska zufolge erfreuen sich die Stuttgarter weiterhin einer sehr robusten Nachfrage nach besonders margenträchtigen Luxuslimousinen wie der Mercedes S-Klasse und dem Maybach. Troska äußerst dabei vorsichtigen Optimismus, dass sich auch im weiteren Jahresverlauf hier ein positives Wachstumsmoment einstellen wird. Während der VW-Konzern als chinesischer Marktführer angesichts der starken Verankerung der Kernmarke im Massengeschäft zuletzt im ersten Quartal einen Rückgang der Auslieferungen um 6,3 % wegstecken musste, läuft es bei der Premiummarke Audi mit einem Zuwachs um 3 % im Startquartal 2019 weiterhin rund. Elektrische SUV im KommenAudi-Vorstandsmitglied Alexander Seitz verspricht sich neue Impulse mit SUV-Fahrzeugen bei der Audi Q-Serie. Auf der Messe in Schanghai sticht dabei eine erste vollelektrische Version des Audi Q2 hervor, der für China in einer L-Version mit verlängertem Radstand lanciert wird. Auch bei Daimler positioniert man sich mit einem batteriebetriebenen SUV, dem Mercedes EQC, der als erstes vollelektrisches Mittelgröße-SUV eines ausländischen Fahrzeugbauers demnächst in China lanciert wird.Beim Verband der Automobilindustrie (VDA) zeigt man sich optimistisch, dass die deutschen Hersteller beim Pkw-Absatz in China gegen den Trend weiter wachsen können. Wie VDA-Präsident Bernhard Mattes am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Schanghai betonte, ist das Potenzial auf dem chinesischen Markt noch lange nicht ausgeschöpft. Mattes führt die gute Position der deutschen Autohersteller in China auch darauf zurück, dass Autos für den chinesischen Markt zum größten Teil vor Ort gebaut werden. Seit 2010 hat sich die Pkw-Fertigung von 1,8 auf gut 5,1 Millionen Neuwagen fast verdreifacht.Trotz der Delle im Gesamtmarkt kletterte der Pkw-Absatz deutscher Marken im vergangenen Jahr noch um 7 % auf 5,2 Millionen Fahrzeuge. Dabei erreichte der Marktanteil der deutschen Autobauer in China eine neue Rekordmarke von 22,4 %. Die Anzeichen stehen gut, dass die Positionsgewinne fortgesetzt werden können. Angesichts der prononcierten Schwäche des Gesamtmarktes im ersten Quartal hat sich der Marktanteil der deutschen Hersteller nochmals kräftig weiter auf nunmehr 23,6 % verbessert. Bodenbildung erwartetFür den chinesischen Gesamtmarkt erwarten die VDA-Experten eine rasche Bodenbildung und eine Rückkehr zum Wachstum in der zweiten Jahreshälfte, für die allein schon Basiseffekte sprechen. Bereits im April dürften sich erste Impulse aus einem nun wirksam gewordenen großen chinesischen Steuererleichterungspaket bemerkbar machen, mit dem sich die Aussicht auf eine Konsumanregung verbindet.