Deutsche Finanzchefs verlieren den Risikoappetit

Deloitte-Umfrage: Wirtschaftslage kippt - Inlandsnachfrage größtes Risiko - Investitionsbereitschaft nur für Digitalisierungsprojekte

Deutsche Finanzchefs verlieren den Risikoappetit

ab Düsseldorf – Deutsche Finanzchefs verlässt der Mut. Das spiegelt sich in den Konjunkturerwartungen, den eigenen Geschäftsaussichten und damit der Investitions- und Einstellungsbereitschaft, wie aus der neuen Deloitte CFO Survey hervorgeht. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft führt die Umfrage halbjährlich durch und hat jüngst 145 Finanzchefs deutscher Großunternehmen befragt.Der gewaschene Pessimismus findet seinen Niederschlag in der stark rückläufigen Investitionsbereitschaft. “Im vergangenen halben Jahr haben sich die Geschäftsaussichten deutlich verdüstert und folgen dem seit zwei Jahren erkennbaren Abwärtstrend”, bringt es Alexander Börsch, Chefökonom bei Deloitte, auf den Punkt. Das erste Mal seit 2012 befinde sich die Investitionsbereitschaft im negativen Bereich. Vergleichbares gelte für die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen.Zugleich setze sich die Zweiteilung der Wirtschaft – der Dienstleistungssektor auf der einen und die Industrie auf der andern Seite – fort. Besonders düster ist die Stimmung demnach in der Automobil- und der chemischen Industrie sowie im Maschinenbau. Die Konsumgüterindustrie und die Immobilienbranche bewegten sich demgegenüber zumindest noch im neutralen Bereich, heißt es. Noch schätzten die CFOs die Lage in den wichtigsten Weltregionen positiv ein, der Blick in die Zukunft sei jedoch ernüchternd. Für Deutschland erwarten 59 % der Befragten eine Verschlechterung der Lage in einem Jahr, nur 8 % sind optimistisch. Bei den Geschäftsaussichten für das eigene Unternehmen ist ein Einbruch um 26 % im Vergleich zur Frühjahrsumfrage zu beobachten.Auffällig ist nach Einschätzung der Studienautoren die gegenüber der Frühjahrsumfrage veränderte Sicht auf potenzielle Risiken für deutsche Unternehmen. Für fast zwei Drittel der Befragten liegt das größte Geschäftsrisiko auf Jahressicht inzwischen in einer nachlassenden Inlandsnachfrage. Von der Spitze verdrängt werden geopolitische Risiken und der Fachkräftemangel.Das alles schlägt sich in der Investitionsneigung nieder. Die stärksten Rückgänge verzeichnen die Automobilindustrie (-69 %), der Maschinenbau (-57 %) und die chemische Industrie (-57 %). Positiv bleibt die Bereitschaft zum Investieren in der Konsumgüterindustrie (+18 %) und der Immobilienwirtschaft (+38 %). Das gilt auch für die Einstellungsbereitschaft. Hier sieht es im Bankwesen (-64 %) jedoch noch schlechter aus als in der Autoindustrie (-54 %). Qualifizierung der BelegschaftEinziger Lichtblick beim Thema Investitionen ist nach der Umfrage die digitale Transformation, die 44 % der Befragten als positiven Investitionsfaktor herausstellen. Ganz vorne liegen hier das Bankwesen (64 %) und die Konsumgüterindustrie (55 %). Gerade in der Finanzfunktion erzeugt die Digitalisierung gemäß der Survey aber auch Herausforderungen – namentlich auf der Personalseite. Denn neue digitale Rollen bedürfen digitaler Qualifikationen, die nicht so einfach am Markt eingekauft werden könne. Somit werde die Qualifikation der eigenen Mitarbeiter zur Top-Priorität für die Digitalisierung der Finanzfunktion.Auch auf europäischer Ebene herrscht Pessimismus vor. 36 % der europäischen CFOs zeigten sich in der Herbstumfrage pessimistisch mit Blick auf die finanziellen Aussichten für ihr Unternehmen. Zum Vergleich: Im Frühjahr waren es nur 26 %. Die Investitionsbereitschaft ist folglich in allen Ländern der Eurozone zurückgegangen, mit einem Minus von 38 Prozentpunkten auf -15 % ist der Einbruch in Deutschland jedoch am größten. Noch niedriger ist die Investitionsbereitschaft nur im Vereinigten Königreich, wo die Brexit-Unsicherheit die Oberhand behält.