Deutsche Ingenieurskunst gefragt

Von Sebastian Schmid, Frankfurt Börsen-Zeitung, 9.11.2016 Ganze 90 Autos hat der amerikanische Autobauer Tesla Motors hierzulande im vergangenen Monat ausgeliefert. Im Land der Edelmarken Audi, BMW, Daimler und Porsche fallen die meist mehr als 100...

Deutsche Ingenieurskunst gefragt

Von Sebastian Schmid, FrankfurtGanze 90 Autos hat der amerikanische Autobauer Tesla Motors hierzulande im vergangenen Monat ausgeliefert. Im Land der Edelmarken Audi, BMW, Daimler und Porsche fallen die meist mehr als 100 000 Euro teuren Luxuskarossen “made in California” bei den Kunden offenbar durch. Während die Deutschen der Ingenieurskunst aus Amerika skeptisch gegenüberstehen, zeigt sich Tesla gegenüber deutscher Ingenieurskunst mehr als aufgeschlossen. Der US-Konzern hat sich mit der rheinland-pfälzischen Grohmann Engineering GmbH auf eine Übernahme verständigt.Das profitable Unternehmen aus Prüm entwickelt, produziert und vertreibt Fertigungsanlagen zur Industrieautomatisierung. In einer Mitteilung der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG), die ihren Anteil von 25,1 % an Tesla veräußert, wird Grohmann als “Vorreiter im Maschinenbau für Elektromobilität” bezeichnet. Zuletzt ist das Unternehmen kräftig gewachsen. Die DBAG, deren Vorgängergesellschaft den Anteil 1987 für umgerechnet 2,1 Mill. Euro erworben hatte, weist für Grohmann 123 Mill. Euro Umsatz und 790 Mitarbeiter im Jahr 2015 aus.Laut einer PwC-Studie wurde bei Übernahmen im Maschinenbau 2014 im Schnitt knapp der zweifache Umsatz gezahlt. Basierend auf diesem Bewertungsansatz würde Tesla knapp eine Viertelmilliarde Euro zahlen. Die beteiligten Parteien hüllen sich zum Kaufpreis allerdings in Schweigen.Die DBAG dürfte, da es sich für Tesla um eine strategische Investition handelt, von einem kräftigen Aufschlag auf die durchschnittliche Bewertung in der Branche profitieren. In der Mitteilung ist von einem positiven Wertbeitrag in mittlerer einstelliger Millionenhöhe die Rede. Firmengründer Klaus Grohmann verkauft sein 74,9-prozentiges Mehrheitspaket zwar an die Amerikaner, bleibt aber laut Tesla als Unternehmenschef an Bord. Grohmann Engineering hat in den vergangenen Jahren für zahlreiche Autohersteller Anlagen entwickelt, die den Automationsgrad hochpräziser Fertigungsschritte erhöhen sollten, heißt es.Hier hat auch Tesla dringenden Bedarf. Das Werk im kalifornischen Fremont erinnert noch immer stark an eine Start-up-Garage mit vielen manuellen Produktionsschritten. Wenn Tesla wie angekündigt ab 2018 mit dem Volumentyp “Model 3” auf eine Kapazität von einer halben Million Autos pro Jahr kommen will, ist eine stärkere Automatisierung alternativlos. In Prüm und weiteren deutschen Standorten sollen deshalb binnen zwei Jahren mehr als 1 000 Stellen unter dem Dach der Tesla Advanced Automation Germany geschaffen werden, kündigen die Amerikaner an. Der in der hiesigen Politik oft als Vorbild angeführte US-Autobauer braucht offenbar mehr als nur ein wenig deutsches Know-how. Vielleicht hilft Tesla die Investition hierzulande auch endlich dabei, die zaudernden deutschen Autofahrer in eines ihrer E-Autos zu locken. ——–Deutsche Kunden fliegen noch nicht auf Tesla – doch der Elektroautobauer auf deutsche Anlagen.——-