M&A

Deutsche Käufer blicken kaum über die Grenze

Abgesehen von den größten Konzernen sehen sich deutsche Firmen bei Übernahmen und Fusionen vornehmlich in heimatlichen Gefilden um. Eine Auswertung der M&A-Deals der vergangenen zehn Jahre von Freshfields zeigt, dass bereits im MDax deutlich seltener über die Landesgrenze geblickt wird als im Dax.

Deutsche Käufer blicken kaum über die Grenze

scd Frankfurt

Trotz Coronakrise ist das M&A-Transaktionsvolumen in Dax und MDax nicht eingebrochen. Einer Analyse von Freshfields Bruckhaus Deringer zufolge übertraf 2020 in Hinblick auf Anzahl der Transaktionen und deren Volumen den Durchschnitt der zurückliegenden Dekade – wenn auch nur leicht. Allerdings könnte die Pandemie mit Blick nach vorne durchaus nachhaltige Umwälzungen der M&A-Aktivitäten mit sich bringen, wie eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zeigt. Demnach planen überhaupt nur noch 43% der deutschen Unternehmen Investitionen jenseits der Landesgrenzen. So wenig waren es zuletzt vor zehn Jahren – wohl als Folge der Finanzkrise. Der Anteil der Betriebe, die sich im Ausland engagieren, sinke bereits seit 2017.

Die Freshfields-Analyse zeigt zumindest einen deutlichen Unterschied zwischen Unternehmen in Dax und MDax. Im Dax floss mehr als die Hälfte des Investitionsvolumens nach Nordamerika. Auf Rang 2 der Regionen landete Europa (ohne Deutschland) und erst auf Rang 3 der Heimatmarkt. Dabei floss verglichen mit den deutschen Deals mehr als dreimal so viel Geld in Transaktionen in Nordamerika. Das lag zwar auch an großen Deals wie zuletzt der Übernahme von Varian durch Siemens Healthineers. Bei der Zahl der Transaktionen übertraf Nordamerika Deutschland im Dax aber ebenfalls klar. Im MDax zeigt sich derweil ein gänzlich anderes Bild. Hier floss etwa die dreifache Summe in Investitionen in Deutschland verglichen mit den USA.

„Der starke Fokus auf den Heimatmarkt bei Übernahmen im MDax ist schon überraschend“, resümiert Freshfields-Partner Lars Meyer. Immerhin handele es sich hier auch überwiegend um stark international aufgestellte Konzerne. Gemein hätten die großen deutschen Unternehmen, dass sie sich bei ihren M&A-Aktivitäten klar in Richtung Westen orientieren. Investitionen in fernöstliche Schwellenländer seien zuletzt gesunken.

Verstärken dürfte sich mit der Krise der Investitionsbedarf in der Digitalwirtschaft. Bereits vor der Pandemie haben die entsprechenden Investitionen laut Meyer zugenommen. „Zuletzt erfolgten 75% der Tech-Investitionen durch Unternehmen außerhalb des digitalen Sektors. In den ersten fünf Jahren des letzten Jahrzehnts lag der Anteil bei nur 60%.“ Besonders deutlich war der Fokus-Schwenk in einzelne Branchen. So hat etwa die Automobilindustrie zuletzt klar mehr in Software investiert als in den Jahren zuvor (siehe Grafik). Ein Grund könnte sein, dass sich die Autobauer schwertun, in der Heimat geeignete Zielobjekte zu finden. Laut DIHK ist die Automobilindustrie eine von wenigen Branchen, deren Unternehmen mit höheren Auslandsbudgets planen. Im Maschinenbau erwäge derweil jedes vierte Unternehmen eine Kürzung des Auslandsbudgets. Die Zurückhaltung dürfte laut Freshfields auch an den Rahmenbedingungen liegen. Grenzüberschreitende Übernahmen würden komplexer, so Freshfields-Partnerin Uta Itzen.