Deutsche Konsum geht nach Südafrika
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Bei Immobilienfirmen aus Großbritannien, Osteuropa oder Asien sind Zweitlistings in Südafrika verbreitet, doch für Deutschland ist es eine Premiere: „Wir sind das erste deutsche Unternehmen mit einem Listing in Johannesburg“, sagt Rolf Elgeti, Vorstandschef und Hauptaktionär der auf Einzelhandelsimmobilien spezialisierten Deutsche Konsum Reit-AG. „In Südafrika gibt es eine immobilienaffine Anlegerschaft, etwa Pensionskassen und Lebensversicherer. Auf Roadshows haben wir immer wieder Investoren getroffen, die sehr interessiert sind an Deutsche Konsum und Reits (Real Estate Investment Trusts) im Allgemeinen.“
Dass diverse deutsche Konzerne mit einer Zweitnotierung in den USA ernüchternde Erfahrungen gemacht haben, ist Elgeti durchaus bewusst: „Unter normalen Umständen wäre ich kein Befürworter eines Zweitlistings, weil damit die Liquidität geteilt wird“, sagt er. „Aber in Südafrika gibt es Kapitalverkehrsbeschränkungen. Viele institutionelle Anleger dürfen gar nicht oder nur in gewissen Quoten im Ausland investieren. Deshalb bauen wir ihnen die Brücke mit dem Zweitlisting.“
Starten soll der Börsenhandel in Johannesburg am 8. März. Mit der Notierungsaufnahme ist keine Platzierung verbunden. „Wir starten ohne frisches Angebot in Südafrika“, erläutert Elgeti im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Daher könne sich die zusätzliche Nachfrage nur positiv auf den Aktienkurs auswirken. „Primärer Gedanke ist, die südafrikanische Anlegerschaft zu erschießen, die Aktionärsbasis zu verbreitern und die Handelbarkeit der Aktie zu erhöhen.“ Auf längere Sicht spielt freilich auch das Thema Mittelbeschaffung eine Rolle, wird die Börse Johannesburg doch als „etablierte Investitionsplattform für mögliche zukünftige Kapitalaufnahmen“ betrachtet.
„Konservativer Baustein“
An dem Zweitlisting hat Deutsche Konsum rund ein Jahr gearbeitet. Gerade für Adressen aus Südafrika könne es angesichts ihres vergleichsweise hohen Länderrisikos und häufiger Währungsabwertungen attraktiv sein, in ein stabiles Geschäftsmodell mit Schwerpunkt im Lebensmitteleinzelhandel wie Deutsche Konsum zu investieren, sagt der frühere Analyst, der bei UBS Warburg, Commerzbank und als Aktien-Chefstratege für ABN Amro arbeitete: „Wir sind ein konservativer Baustein in einem Portfolio. Die Mieten werden gezahlt und steigen leicht, die Zinskosten sind niedrig, die Bilanz ist stark.“
Ungeachtet der Kapitalverkehrsbeschränkungen und der unterschiedlichen Angebot- und Nachfrageverhältnisse hält Elgeti signifikante Abweichungen zwischen den Börsenkursen in Frankfurt und Johannesburg für unwahrscheinlich. Denn deutsche Investoren können in Südafrika handeln und mit Arbitragegeschäften dafür sorgen, dass Kursabweichungen ausgeglichen werden. Elgeti hofft sogar, dass der Arbitragehandel die bisher recht geringe Liquidität der Aktie erhöht.
Aufgrund der Erfahrungen anderer Reits mit Südafrika-Zweitlisting geht der CEO davon aus, dass südafrikanische Anleger in einigen Jahren zwischen 10% und 20% Kapitals halten könnten. Das entspräche einem Viertel bis der Hälfte des offiziellen Free Floats von 40,6%. Elgeti macht aber geltend, dass der tatsächliche Streubesitz weit höher sei. Gut 70% des Kapitals lägen bei Aktionären, die keine strategischen Interessen hätten. Die restlichen Aktien (28,6%) hält Elgeti über seine Obotritia Capital (siehe Grafik).
Folgekosten überschaubar
Die regulatorischen Bedingungen der Börse Johannesburg entsprächen den EU-Standards, sagt der Vorstandschef. Daher sei das Zweitlisting nicht mit zusätzlichen Vorgaben oder Folgepflichten verbunden. Die Rechnungslegung nach IFRS werde anerkannt. Die Folgekosten seien überschaubar: Elgeti rechnet mit einem fünfstelligen Euro-Betrag im Jahr für Börsengebühren, lokalen Betreuer und Roadshows in der Zeit nach Corona.
Die jetzt anstehende, auf drei Tage angesetzte Roadshow anlässlich der Notierungsaufnahme kann aber nur virtuell stattfinden, da physische Kontakte mit südafrikanischen Investoren derzeit nicht möglich sind. Insofern stellt sich die Frage, ob man mit dem Zweitlisting nicht besser bis zum Abflauen der Pandemie gewartet hätte: „Andererseits unterstreicht gerade der Lockdown die Attraktivität der Deutschen Konsum“, entgegnet Elgeti. Zudem sei das Zweitlisting langfristig angelegt und daher das Timing zweitrangig.
Den Erwerb von Immobilien in Südafrika schließ Elgeti aus. „Das würde die sauber fokussierte Investmentstory zerstören. In Deutschland gibt es mehr als genug Wachstumspotenzial. Im Ausland müssten wir erst einmal Lehrgeld zahlen.“
Die Mieteinnahmen stammen nach Firmenangaben zu 65% aus nichtzyklischen Sektoren. Das sind vor allem Lebensmittelgeschäfte, zudem unter anderem Drogerien, Apotheken und Bäckereien. Vom Lockdown sind etwa 30% der Mieteinnahmen betroffen. Der Anteil der ausstehenden Mieten ist aber geringer: „Im Januar sind mehr als 80% reingekommen, im Dezember fast 100%“, sagt Elgeti. Der CEO geht davon aus, dass ein erheblicher Teil der Rückstände noch beglichen wird. Im ersten Lockdown vom Frühjahr 2020 sei am Ende lediglich ein Viertel der ursprünglich nicht gezahlten Beträge tatsächlich ausgefallen. Jetzt könne diese Quote höher ausfallen, da anders als damals auch die Baumärkte geschlossen sind. Die Ausgangslage der einzelnen Mieter sei unterschiedlich: „Der ausgefallene Haarschnitt beim Friseur wird nicht nachgeholt, wohl aber der Kauf eines Rasenmähers im Baumarkt.“ Man strebe einvernehmliche Lösungen mit den Pächtern an. Die ausbleibenden Mieten seien ärgerlich, hätten aber bezogen auf das Gesamtportfolio keinen signifikanten Einfluss. Investoren seien sogar bereit, höhere Preise und Multiples für Lebensmittelgeschäfte und Fachmarktzentren zu zahlen als vor Corona.