Deutsche Unternehmen zeigen sich verunsichert

Airlines schicken wegen US-Einreiseverbot Teile des fliegenden Personals nicht mehr in die Staaten - Konzerne reagieren zurückhaltend

Deutsche Unternehmen zeigen sich verunsichert

BZ – Die deutsche Wirtschaft fürchtet negative Folgen des von US-Präsident Donald Trump verhängten Einreiseverbots für Bürger einiger islamischer Länder. “Mit der Umsetzung seiner Wahlkampfversprechen verunsichert der US-Präsident auch viele deutsche Unternehmen”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben. Unmittelbar betroffen ist die Luftfahrtbranche. Airlines wie Lufthansa, Emirates und Etihad schicken wegen des Einreiseverbots für Bürger einiger muslimischer Staaten Teile des fliegenden Personals nicht mehr in die Vereinigten Staaten.Von der Börsen-Zeitung befragte Unternehmen äußerten sich am Montag zurückhaltend. Bayer, die gerade mitten in der kartellrechtlichen Prüfung der Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto steckt, wollte sich explizit nicht zu dem Einreiseverbot äußern und lehnte eine Teilnahme an der Umfrage ab. Erst kürzlich war Bayer-Chef Werner Baumann zusammen mit Hugh Grant von Monsanto bei Trump vorstellig geworden, um für den Zusammenschluss zu werben.Volkswagen sieht sich bislang von dem Einreiseverbot nicht betroffen. Es sei im Unternehmen kein einziger Fall bekannt, sagte ein Sprecher des Wolfsburger Mehrmarkenkonzerns. Der Automobilzulieferer und Reifenhersteller Continental, die im Nafta-Raum – der die USA, Kanada und Mexiko umfasst – einen Anteil von rund 25 % ihres Konzernumsatzes erwirtschaftet, zeigt sich zurückhaltend: “Als global agierendes Unternehmen sind wir für internationale Reisen unserer Mitarbeiter auf flexible Einreisebestimmungen angewiesen”, erklärte ein Sprecher des Dax-Konzerns aus Hannover. Zum aktuellen Zeitpunkt seien keine Fälle bekannt, in denen Continental-Mitarbeiter an der Einreise in die USA gehindert worden seien.Der Autokonzern Daimler hat sich seit der Wahl Trumps nicht zu dessen Aussagen und Erlassen geäußert – und bleibt dabei. Zum Einreiseverbot sagte ein Sprecher lediglich, dass, soweit es der Konzern überblicken könne, keine Mitarbeiter betroffen seien. Daimler machte 2015 fast ein Viertel ihres Gesamtumsatzes von knapp 150 Mrd. Euro in den USA. Gemessen am Absatz ist das Land nach China der zweitgrößte Markt für den Konzern, für das Nutzfahrzeuggeschäft allein sogar der wichtigste. Von weltweit 284 000 Mitarbeitern, die Daimler Ende September 2016 beschäftigte, waren 22 000 in den USA tätig.Der Konsumgüterkonzern Beiersdorf wartet ebenfalls noch ab. “Wir beobachten die Entwicklungen genau, aber momentan sind die möglichen Konsequenzen und die Umsetzung eines solchen Verbotes noch nicht absehbar”, sagte eine Sprecherin des Nivea-Herstellers aus Hamburg. “Unsere Priorität ist die Unterstützung unserer Mitarbeiter und der Geschäftsablauf.” Die USA zählen zu den weltweit zehn wichtigsten Märkten für das Dax-Unternehmen aus Hamburg.Bei Thyssenkrupp hieß es: “Wir haben derzeit keinerlei Erkenntnis, dass Mitarbeiter von Thyssenkrupp betroffen sind. Wir kommentieren den Erlass der US-Administration nicht.” Die vorsichtige Zurückhaltung verwundert nicht: Der Essener Industriekonzern macht in den USA rund 18 % von insgesamt 39 Mrd. Euro Umsatz. Allein die Sparte für Automobilkomponenten produziert in einem Dutzend Werken in den USA Fahrwerksteile wie elektrische Lenkungen, Stoßdämpfer und Federn.Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger fürchtet Belastungen für deutsche Unternehmen durch die Politik des US-Präsidenten Trump. Dessen Äußerungen seien ungewöhnlich und stellten eine völlig neue Art im Umgang mit Unternehmen dar, sagte der Konzernchef kürzlich. Sie beinhalteten tendenziell ein Risiko für die deutsche Industrie.Der Anlagenbauer Voith ist mit seinen Sparten Hydro, Paper und Turbo in den USA vertreten und beschäftigt bei Voith Turbo auch in Teheran im Iran eine kleine Truppe. “Soweit uns bekannt ist, sind wir im Moment nicht betroffen”, so ein Sprecher. Durch den lokalen Ansatz des Konzerns hätten die iranischen Mitarbeiter “praktisch keine Berührungspunkte”, etwa durch Reisen, mit den USA. Das gelte umgekehrt auch für die US-Mitarbeiter.Der Pharmazulieferer und Laborausrüster Sartorius, dessen in den USA erwirtschafteter Umsatzanteil 2016 bei 34 % lag, spricht von einer schwierigen Situation. Es gebe aktuell noch keine Indikation, wie sich das Einreiseverbot auf das Geschäft auswirken werde, erklärte eine Sprecherin. Das TecDax-Unternehmen aus Göttingen, das derzeit im weltweit wichtigsten Biopharma-Markt auch nach Übernahmen von US-Firmen im vergangenen Jahr überproportional wächst, sei von dem Einreiseverbot bislang kaum betroffen.Bei Covestro beobachtet man die Situation und die Entwicklung. Bisher habe es allerdings keinen direkten Einfluss gegeben, hieß es. Die USA seien jedoch nicht nur ein wichtiger Absatzmarkt für Covestro. Vielmehr unterhalte der Kunststoffhersteller im texanischen Baytown auch eine World-Scale-Produktionsstätte mit rund 1 100 Mitarbeitern, von der aus der US-Markt direkt beliefert werde.