Gesellschaftsrecht

Deutsche Wohnen und Alstria vor stärkerer Integration

Die Immobilienkonzerne Deutsche Wohnen und Alstria stehen vor weitreichenden gesellschaftsrechtlichen Veränderungen. Die Aktien reagieren mit Kurssprüngen.

Deutsche Wohnen und Alstria vor stärkerer Integration

Immobilienfirmen kommen an kurze Leine

Vonovia plant Beherrschungsvertrag mit Deutsche Wohnen – Alstria vor Squeeze-out

hek Frankfurt

Die Immobilienkonzerne Deutsche Wohnen und Alstria Office Reit stehen vor einer stärkeren Einbindung in ihre Muttergesellschaften. Beide Aktien reagierten am Donnerstag mit kräftigen Kurssprüngen. Deutschlands größter privater Wohnungsvermieter Vonovia plant einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit seiner Tochter Deutsche Wohnen. Der Bochumer Konzern bewegt sich damit in Richtung einer Komplettübernahme. Die außenstehenden Aktionäre von Deutsche Wohnen sollen eine Abfindung in Form von Vonovia-Aktien erhalten. Dafür steht bei Vonovia eine Kapitalerhöhung ins Haus. Außerdem soll der Deutsche-Wohnen-Streubesitz für die Dauer des Vertrags eine jährliche Ausgleichszahlung bekommen.

Zustimmung gesichert

Vonovia und Deutsche Wohnen hätten vereinbart, Gespräche über den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags aufzunehmen, teilt Vonovia mit. Die Deutsche-Wohnen-Aktie legte daraufhin am Donnerstag im Handelsverlauf um 20% zu. Damit kletterte die Notierung auf den höchsten Stand seit gut zwei Jahren. Vonovia hatte den vor allem in Berlin tätigen Konkurrenten im Jahr 2021 übernommen. Deutsche Wohnen besitzt 140.200 Wohnungen.

Das Aktienumtauschverhältnis und die Höhe der Ausgleichszahlung sind noch offen. Die Aktionäre beider Gesellschaften sollten den Vertrag im Dezember auf außerordentlichen Hauptversammlungen beschließen. Da Vonovia knapp 87% der Deutsche-Wohnen-Aktien hat, ist die erforderliche Zustimmung von 75% des Deutsche-Wohnen-Grundkapitals gesichert. Sonstige Aktionäre halten 12,3% der Deutsche-Wohnen-Aktien, den Rest besitzt das Unternehmen selbst. Die Marktkapitalisierung bewegt sich bei 10,7 Mrd. Euro.

Die Frage der Grunderwerbsteuer

Mit dem angebotenen Aktientausch zielt Vonovia darauf, größere Cashabflüsse zu vermeiden. Denn der Konzern lässt die Branchenkrise, die mit substanziellen Bestandsabwertungen einherging, gerade erst hinter sich. In der Regel gehen Beherrschungsverträge mit dem Angebot einer Barabfindung für den Streubesitz und nicht mit einem Aktientausch einher.

Aus einem Researchbeitrag der DZ Bank geht hervor, dass eine Transaktionsstruktur geschaffen werden soll, die es ermöglicht, die Grunderwerbsteuer (für die gesamte Deutsche-Wohnen-Übernahme) trotz Anteilserhöhung zu vermeiden. Die Bank beruft sich dabei auf eine Rücksprache mit Vonovia. Unter der Prämisse, dass die Grunderwerbsteuer vermieden werden kann, sei die Transaktion strategisch sinnvoll, um langfristig die hohen Minderheiten zu vermeiden.

Alstria vor Squeeze-out

Derweil kündigt der kanadische Vermögensverwalter und Alstria-Hauptaktionär Brookfield, der 95,4% des Grundkapitals hält, eine weitgehende Integration des in Hamburg ansässigen Büroimmobilienkonzerns an. Daraufhin schoss die Alstria-Aktie am Donnerstag rund 60% nach oben. Die Brookfield-Tochter BPG Holdings habe ein Übertragungsverlangen hinsichtlich der Aktien der Minderheitsaktionäre gestellt, teilt Alstria mit. Damit steht ein sogenannter Squeeze-out bevor, mit dem die Streubesitzaktionäre gegen Zahlung einer Barabfindung aus dem Unternehmen gedrängt werden.

Reit-Status futsch

Den Status als Real Estate Investment Trust (Reit) werde Alstria voraussichtlich Ende 2024 verlieren, teilt das Unternehmen weiter mit. Denn durch den Squeeze-out gibt es keine Möglichkeit mehr, den erforderlichen Mindest-Streubesitz von 15% wiederherzustellen.

Bilanziell führt der Verlust des Reit-Status zu einem hohen Fehlbetrag, der auf latente Steuerverbindlichkeiten zurückgeht. Den Betrag veranschlagt Alstria auf mindestens 150 Mill. Euro und maximal 400 Mill. Euro – je nachdem, ob eine Entlastung von der Gewerbesteuer erfolge oder nicht. Die latente Steuerverbindlichkeit sei nicht zahlungswirksam, heißt es weiter.

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