Deutsche Wohnen verlagert Neubau
Der auf Berlin fokussierte Immobilienkonzern Deutsche Wohnen will künftige Investitionen auf Regionen außerhalb der Hauptstadt konzentrieren. Begonnene Projekte sollen aber fortgeführt werden. Sollte der Mietendeckel Gesetz werden, müsste das Unternehmen die Mieten in der Hauptstadt um 9 % senken. hek Frankfurt – Der Großvermieter Deutsche Wohnen stellt noch nicht angekündigte Sanierungen in Berlin und Neubauprojekte im Volumen von knapp 1 Mrd. Euro auf den Prüfstand. Das kündigte das Unternehmen am Mittwoch bei der Vorlage des Neunmonatsberichts an. Bekannt gegebene und begonnene Projekte würden aber abgeschlossen. Die Neubauinvestitionen will der Konzern in Regionen außerhalb Berlins lenken, etwa Potsdam, Dresden und Leipzig.Mit dieser Verlagerung reagiert der hinter Vonovia zweitgrößte börsennotierte Vermieter in Deutschland auf den vom Berliner Senat beschlossenen Mietendeckel. Das geplante Gesetz sieht vor, die Mieten in der Hauptstadt für fünf Jahre einzufrieren, und legt Mietobergrenzen fest, die zwischen 3,92 Euro und 9,80 Euro je Quadratmeter liegen. Überschreitet die Miete die Grenze um mehr als 20 %, kann der Mieter eine Absenkung verlangen. Zudem wird die Umlage von Modernisierungsausgaben auf 1 Euro je Quadratmeter begrenzt.”Bis es eine finale Gerichtsentscheidung gibt, wird es bei Mietern und Vermietern große Unsicherheiten geben, und das wirkt sich auch auf unser Investitionsverhalten aus”, sagt Vorstandschef Michael Zahn. Zuvor hatte die Genossenschaft BWV zu Köpenick angekündigt, sich aus einem Bauprojekt zurückzuziehen, da die Finanzierung des Vorhabens wegen des Mietendeckels nicht mehr realisierbar sei.Wie Deutsche-Wohnen-CFO Philip Grosse erläutert, würde infolge der Deckelung die durchschnittliche Monatsmiete des Unternehmens in Berlin von derzeit 6,83 Euro auf 6,20 Euro je Quadratmeter sinken. Das entspricht einem Rückgang um 9 %. Über fünf Jahre könnte die neue Regulierung laut Grosse den Cash-flow um insgesamt bis zu 330 Mill. Euro schmälern. Rückforderungen geplantDavon entfielen 190 Mill. Euro auf unterbleibende Mieterhöhungen und 140 Mill. Euro auf Mietreduktionen. Aufgrund des verzögerten Inkrafttretens schlägt die Absenkung von Bestands- und Neuvertragsmieten im kommenden Jahr nur marginal durch. 2021 erreiche diese Belastung bis zu 30 Mill. Euro und 2024 bis zu 40 Mill. Euro. Grosse stuft die Kalkulationen als “Worst-Case-Szenario” ein. Die Beträge zeigten, dass das Risiko überschaubar sei.Das geplante Gesetz hält Deutsche Wohnen für verfassungswidrig und beruft sich dabei auf Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages sowie des Berliner Abgeordnetenhauses. Die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheiten werde bei der Gestaltung der Mietverträge berücksichtigt. Das Unternehmen kündigt an, entgangene Einnahmen aus Mietsenkungen und nicht realisierten Mieterhöhungen zurückzufordern, sollte sich das Gesetz letztlich als verfassungswidrig erweisen. CEO Zahn kritisierte die Regelungen als Subvention für Haushalte mit hohem Einkommen. Denn die individuelle Einkommenssituation spielt – anders als zunächst geplant – bei dem Gesetzesvorhaben keine Rolle. Neubau und Modernisierung von Wohnungen würden erschwert und das Erreichen der Klimaziele verhindert, warnt Zahn.Deutsche Wohnen ist der größte private Vermieter in der Hauptstadt. 110 400 Wohneinheiten, knapp 70 % des Gesamtbestands, entfallen auf den Großraum Berlin. Laut den Angaben in der Telefonkonferenz will der Konzern aber rund 5 000 Wohnungen in der Hauptstadt verkaufen.Ungeachtet der künftigen Belastungen durch den Mietendeckel legte der im MDax vertretene Titel am Mittwoch 4,5 % zu. Vor allem die am Vorabend angekündigten Aktienrückkäufe über maximal 750 Mill. Euro trieben die Notierung an. Deutsche Wohnen will bis zu 25 Mill. Anteile oder 7 % des Grundkapitals erwerben. Das Programm soll am 15. November starten und spätestens gegen Ende Oktober 2020 abgeschlossen sein. Grosse begründet die Rückkäufe mit dem Abschlag zum Nettovermögenswert. Der Discount beträgt derzeit rund ein Fünftel.Die Neunmonatszahlen bewegen sich nach Einschätzung von Analysten im Rahmen der Erwartungen. Der operative Gewinn (Funds from Operations) legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13 % auf 416 Mill. Euro zu. Für das laufende Jahr peilt das Management weiter einen operativen Ertrag von 535 Mill. Euro an. Über das gesamte Portfolio seien die Mieten in den letzten zwölf Monaten um 3,4 % gestiegen. Die Anhebung der Bestandsmieten wird mit 1,5 % angegeben. Unter dem Strich blieben 635 Mill. Euro Nettogewinn hängen, 16 % weniger als in den ersten neun Monaten 2018. Der Rückgang geht vor allem auf geringere Bewertungserträge zurück. Ado ohne MietprognoseAuch der ebenfalls auf Berlin fokussierte Wohnungsvermieter Ado Properties befürchtet negative Folgen für Betriebsergebnis, Cash-flows, Finanzlage und Bewertung des Portfolios, sollte der Mietendeckel verabschiedet werden. Die Auswirkungen könnten wesentlich sein, heißt es vage im Neunmonatsbericht. Aufgrund der starken Verunsicherung am Berliner Immobilienmarkt verzichtet das Unternehmen weiter auf eine Prognose für das vergleichbare Mietwachstum. Die Funds from Operations gingen in den ersten neun Monaten leicht auf 50,4 Mill. Euro zurück. Für das Gesamtjahr werden 65 Mill. Euro angestrebt.