CHINA - CHANCE UND RISIKO

Deutsche Zulieferer drücken in China mächtig aufs Gaspedal

Lokale Präsenz unerlässlich - Durchschnittlich nur 10 bis 15 Prozent Umsatzanteil

Deutsche Zulieferer drücken in China mächtig aufs Gaspedal

Von Gerhard Bläske, StuttgartAuf der Shanghai Motor Show im April präsentierten sich 30 deutsche Autozulieferer auf einem Gemeinschaftsstand. Viele von ihnen produzieren längst in China. Sie wissen, wie wichtig eine Präsenz in dem größten Automobilmarkt der Welt ist.Hersteller wie VW mit der Tochter Audi, BMW und Daimler sind teilweise schon Jahrzehnte mit Fertigungen vor Ort. Viele Zulieferer folgten ihnen und sind ebenfalls lange dabei. Bei der Messe in Schanghai etwa waren große Konzerne wie Bosch, ZF, Continental oder Schaeffler selbstverständlich mit eigenen Ständen vertreten. Doch auch kleinere Unternehmen wie Bosal-Oris, Alfmeier, Hofer, Fehrer Automotive, Iwis, Ixetic und viele andere sind längst in China. Anders als die Hersteller brauchen sie keinen lokalen Partner. Neben den Fertigungsstätten der Hersteller gibt es mehr als 200 Standorte deutscher Zulieferer in China. Allein Bosch hat im Kfz-Bereich mehr als 20 Fabriken und kommt in diesem Sektor auf einen China-Umsatz von 3 Mrd. Euro. Es wird auch lokal vor allem für die Region entwickelt.Angesichts der nur leicht auf 5,4 Millionen Einheiten wachsenden Produktion in Deutschland und seit Jahren rückläufiger Verkaufszahlen in Europa, aber einer zunehmenden Fertigung deutscher Hersteller in China – ihre lokale Produktion stieg 2012 um 36 % auf 2,9 Millionen Einheiten – ist eine lokale Präsenz auch mittelständischer Lieferanten unabdingbar. Die Verkaufszahlen dort haben sich in kurzer Zeit verzigfacht. Ein Ende des Booms ist trotz gigantischer Umwelt- und Verkehrsprobleme nicht absehbar. Die prognostizierte Steigerung der Wertschöpfung in China um jährlich durchschnittlich 5,3 % auf 300 Mrd. Euro bis 2025 sowie der wachsende Wertschöpfungsanteil der Zulieferer versprechen weiter großes Potenzial, heißt es in der Studie “FAST 2025 – Future Automotive Industry Structure” von Oliver Wyman und dem Verband der Automobilindustrie (VDA).Der Umsatzanteil Chinas bei deutschen Lieferanten ist nach Schätzung des Autoexperten Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler, mit Ausnahme des Lackieranlagenbauers Dürr, der eher ein Maschinenbauer ist, mit durchschnittlich 10 bis 15 % deutlich geringer als der von Herstellern wie Audi, bei der China ein Drittel zum Umsatz beiträgt. Der Wohlstand wächst, die Begeisterung für das Auto ist ungebrochen, die Pkw-Dichte ist mit 47 Fahrzeugen pro 1 000 Einwohner im Vergleich zu entwickelten Ländern wie Deutschland (525) gering. Die Infrastruktur wird rasant ausgebaut. Einfachere ProdukteDer VDA hilft kleineren Unternehmen mit Informationen, bei der Suche nach Standorten, qualifiziertem Personal, aber auch bei einfachen Dingen wie der Bereitstellung von Einladungsschreiben. Denn ein solches Engagement ist für viele kleinere Unternehmen auch mit hohen Risiken verbunden, etwa auch im Hinblick auf mögliche Industriespionage. “Man muss die Risiken abwägen. Aber auch für kleinere Zulieferer muss die Entscheidung im Zweifel für China lauten”, sagt Pieper.Die Perspektiven sind interessant. Mehr als ein Drittel der Auslandsproduktion deutscher Hersteller von 8,2 Millionen Einheiten erfolgt mittlerweile in China. Alle Produzenten wollen ihre lokale Fertigung ausbauen, auch weil die Chinesen dies wünschen. Doch deutsche Zulieferer arbeiten nicht nur für deutsche Hersteller. Sie versuchen verstärkt, mit anderen ausländischen oder lokalen chinesischen Produzenten ins Geschäft zu kommen. Da sie wegen ihrer Premiumangebote häufig teurer sind als amerikanische Konkurrenten, ist es für sie teilweise schwerer, bei chinesischen Herstellern zu punkten. “Sie müssen gegebenenfalls zusätzlich einfachere Produkte anbieten”, meint Pieper.Die deutschen Zulieferer beschäftigen in ihren mehr als 200 chinesischen Betrieben 70 000 Mitarbeiter. Ihr Engagement im Reich der Mitte sichert auch Arbeitsplätze hierzulande: in Forschung und Entwicklung, aber auch in der Produktion. Der Export von Teilen und Zubehör stieg 2012 um 30 % auf 7,7 Mrd. Euro. Deutsche Lieferanten sind vergleichbar gut aufgestellt wie amerikanische, so Pieper, aber besser als japanische, die historisch belastet sind.