Deutscher Biotech fehlt der Treibstoff

Investoren finden nur an einzelnen Firmen Gefallen - Börsengänge nur im Ausland

Deutscher Biotech fehlt der Treibstoff

Die deutschen Biotechnologieunternehmen hinken ihren internationalen Wettbewerbern hinterher. Die Firmen leiden unter chronischem Kapitalmangel, eine Besserung ist kurzfristig nicht in Sicht.swa Frankfurt – Die meisten deutschen Biotechunternehmen tauchen auf dem Radar internationaler Finanzinvestoren nach wie vor nicht auf. Damit fällt den jungen Firmen das Einwerben von Risikokapital weiterhin schwer. Auch in der Branche aktive Family Offices können den Finanzbedarf nicht in der Breite abdecken, sie unterstützen gezielt einzelne Anbieter. Dabei ist die Biotech weltweit durchaus gefragt. “Den deutschen Unternehmen gelingt es nicht, an diesem Aufwärtstrend teilzuhaben”, erklärt Siegfried Bialojan, Leiter des deutschen Life Science Centers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Gute VoraussetzungenDabei hätten die Firmen hierzulande gute Voraussetzungen: eine großzügige finanzielle Ausstattung der Forschung in und außerhalb von Universitäten, eine führende Position bei Patententwicklungen und innovative Ideen. Aus Sicht von Bialojan mangelt es an einer breiten Risikoakzeptanz. Innovationen seien jedoch meist mit Risiken über einen langen Zeitraum behaftet. Dies erfordere hohe Investitionen, was nur über Risiko- und Beteiligungskapital abgedeckt werden könne, meint der Branchenexperte von EY.Die Gründung einer Biotechfirma sei in der Regel nicht das Problem, für die Finanzierung in früher Phase gebe es jede Menge Programme. Doch die Anschlussfinanzierung über Wagniskapital sei dann für viele Firmen nicht mehr möglich. “Klassische Venture-Capital-Gesellschaften sind in Deutschland nicht vor Ort”, so Bialojan. Damit fehle schlichtweg eine Investorenklasse. An der Spitze des FeldesSobald Firmen an der Börse sind, hellt sich die Lage auf. Das Wachstum der gesamten Branche wird von den Kapitalgesellschaften getrieben, erläutert Klaus Eichenberg, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Bioregio Stern. Die börsennotierten Firmen hierzulande bauten ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 18 % aus und erhöhten die Ausgaben für Forschung und Entwicklung um ein Drittel. Bescheidener geht es in den privaten Firmen zu, die den Erlös um 8 % ausbauten und 2 % mehr in Forschung steckten. Eichenberg hält es für dringend angeraten, das hiesige Klima für Börsengänge zu verbessern.Am Kapitalmarkt muss man die deutsche Biotech mit der Lupe suchen. Mit dem Molekulardiagnostikunternehmen Curetis ging 2015 gerade mal eine hiesige Gesellschaft an die Börse – an die Euronext in Amsterdam und Brüssel. Im laufenden Jahr wagte die Zwingenberger Brain, ein Repräsentant der industriellen Biotechnologie, den Schritt aufs Parkett in Frankfurt.In Europa wurden dagegen 2015 insgesamt 33 IPOs gezählt, in den USA waren es 45. Inzwischen seien viele Firmen mit weit fortgeschrittener Medikamentenentwicklung an den Kapitalmarkt gekommen, was nun Kandidaten mit weniger reifen Produkten den Sprung ermögliche, meint Bialojan. Die in der weißen Biotech angesiedelte Brain gehört zur Minderheit, mit mehr als 80 % dominieren die Therapeutika-Entwickler das IPO-Geschehen. In Deutschland herrscht insgesamt eine andere Branchenstruktur, hier prägen die Dienstleister stärker das Bild als in den USA oder dem restlichen Europa.Den deutschen Biotech-Report hat EY erstmals mit dem Branchenverband Bio Deutschland und dem Arbeitskreis der Bioregionen erstellt. Einbezogen sind nun auch Firmen mit Sitz im Ausland, etwa Qiagen.