Start-ups

Deutschlands Einhorn-Herde wird immer größer

In Deutschland entstehen immer mehr Start-ups für Online-Handel, Unternehmenssoftware und Finanztechnologie. Gleichzeitig treibt die Geldflut die Bewertungen nach oben. So ist die Zahl der deutschen Einhörner im Milliardenwert binnen Jahresfrist um die Hälfte auf 30 Jungunternehmen angewachsen.

Deutschlands Einhorn-Herde wird immer größer

cru Frankfurt

Die Reihe von Meldungen über Milliardenbewertungen aus der Start-up-Szene im deutschsprachigen Raum reißt nicht ab. Jüngste Beispiele waren der Einstieg des Finanzinvestors Permira beim Schweizer Software-Start-up Nexthink und die Übernahme des Berliner App-Analyse-Spezialisten Adjust durch den US-Konkurrenten Applovin – beide im Milliardenwert. Kurz zuvor hatten auch das Berliner Logistik-Start-up Sennder, die Personal-Softwarefirma Personio und die SaaS-Bankingplattform Mambu verkündet, nach großen Finanzierungsrunden nun mit mehr als 1 Mrd. Euro bewertet zu sein. Das Start-up Signavio wurde für fast 1 Mrd. Euro von SAP übernommen. Alle diese Unternehmen haben eines gemeinsam: Sie bieten Dienstleistungen für Ge­schäftskunden an.

„Die Liste der Einhörner aus Deutschland und der Schweiz hat sich binnen nur eines Jahres um rund die Hälfte auf 28 Jungunternehmen im Milliardenwert verlängert“, sagte Nikolas Westphal, Partner der auf Technologiefirmen spezialisierten Investment-Banking-Boutique Clipperton in Berlin, der Börsen-Zeitung. „Allein in den vergangenen zwei Monaten sind ein halbes Dutzend Einhörner hinzugekommen.“

Dahinter steckt zum einen die enorme Liquiditätsmenge im Markt, die die Rundengrößen bei Wachstumsfinanzierungen weiter nach oben treibt. „Viele Wagniskapitalgeber haben in jüngster Zeit frisches Kapital für Venture-Capital-Fonds eingesammelt, die teilweise doppelt so groß sind wie die Vorgängervehikel“, sagte Westphal. „Außerdem erreichen viele Technologieunternehmen im deutschsprachigen Raum kritische Masse und treiben ihre Entwicklung voran.

Etliche Unternehmen hegen auch Pläne für einen Börsengang, wenngleich es in vielen Fällen noch ein bis zwei Jahre bis zum IPO dauern dürfte. „Wer an die Börse will, muss die organisatorischen Voraussetzungen dafür mitbringen; diese aufzubauen kann 12 bis 18 Monate dauern“, erklärt Westphal. „Bei etlichen Firmen ist auch gerade erst ein Wagniskapitalgeber eingestiegen, der sich erst nach zwei bis vier Jahren wieder trennen wird.“

Am nächsten an einem Börsengang ist von den deutschen Einhörnern About You. Der in Hamburg beheimatete Online-Modehändler und Zalando-Konkurrent About You hat seinen Kundenkreis stetig erweitert – die Otto-Tochter gewinnt mit ihrer App spätestens seit Beginn der Lockdowns bei jungen Erwachsenen an Beliebtheit. In der Führungsetage des Unternehmens rund um CEO Tarek Müller wird nun mit Goldman Sachs und Morgan Stanley ein Börsengang für März 2021 vorbereitet. Investmentbanker trauen dem 2014 gegründeten Start-up, das zu 54% der Otto Group gehört und mit 700 Beschäftigten etwas mehr als 740 Mill. Euro Umsatz macht, eine Milliardenbewertung zu.

Als Börsenkandidat gilt auch Mambu – allerdings erst im kommenden Jahr. Der Hauptinvestor ist TCV, zu dessen Portfolio auch Netflix, Relex, Spotify und Worldremit gehören. Weitere Investoren sind Tiger Global und Arena Holdings sowie die bestehenden Investoren Bessemer Venture Partners, Runa Capital und Acton Capital. Mit der jüngsten Finanzierungsrunde steigt die Unternehmensbewertung von Mambu auf über 1,7 Milliarden Euro.